Schnee bis 400m: So wollen ÖV-Betriebe ein Chaos wie 2024 verhindern
Bestimmt weisst du noch, wo du warst, als vor einem Jahr der heftige Wintereinbruch das Flachland lahmlegte. Ob bald wieder Chaos ausbricht? Wir fragen nach.
Das Wichtigste in Kürze
- Schnee-Schock muss nicht sein: Unsere ÖV-Betriebe sind vorbereitet.
- Die Vorkehrungen reichen von Schütteltricks bis zu Nachtwächtertrams.
- Und trotzdem bleibt fix: Die Natur ist stärker als jede Planung.
Wintereinbruch = ÖV-Totalzusammenbruch? Zumindest wirkte das so, als Frau Holle am 21. November 2024 alles ausschüttelte, was sie fand.
Die Folge war ein Chaos im Flachland. In Bern blieb der ÖV-Betreiber Bernmobil zeitweise komplett stehen. In Zürich meldete die VBZ heftige Verspätungen und Ausfälle im gesamten Netz.
Was tun unsere Verkehrsbetriebe dafür, um ein erneutes Chaos zu verhindern? Viel Zeit haben sie nicht mehr für die Vorbereitung.
Denn wenn du das liest, schneit es vielleicht schon. Bis Freitagabend werden im Flachland bis zu 20 Zentimeter Schnee erwartet.
Nau.ch hat bei ÖV-Unternehmen nachgefragt. Spoiler: Es wurde und wird viel getan – und trotzdem, die Natur bleibt stärker, ein Chaos ist wieder möglich.
Enteiser-Anhänger unterwegs
Bei den Basler Verkehrs-Betrieben (BVB) hat man die Lehren aus dem November 2024 gezogen, wie Mediensprecherin Selina Meyer gegenüber Nau.ch betont.
Es stehe bei Schneefall eine Pikett-Organisation für Räumungsarbeiten bereit. «Zudem finden bereits Fahrten mit einem Enteiser-Anhänger statt, um sicherzustellen, dass die Fahrleitungen nicht gefrieren.»

Aufgeschmissen seien die BVB derweil, wenn wie 2024 Busse und Trams wegen nicht wintertauglichen Autos feststecken. Da hilft die beste Planung nichts.
BLS: Schneedeponien vorbereitet
Das Kürzel BLS steht historisch für «Bern-Lötschberg-Simplon-Bahn». Heute ist die BLS die zweitgrösste Eisenbahngesellschaft der Schweiz und deckt sowohl Flach- als auch Berggebiete ab.
Gerade in höheren Regionen kann so viel Schnee fallen, dass Schneedeponien und Schneeabfuhrwagen organisiert werden müssen.

Wie Mediensprecher Colin Cuvit gegenüber Nau.ch sagt, seien bei der BLS verschiedene Teams für die Wintervorbereitung zuständig.
«Im Ereignisfall stehen umgehend bis zu 100 Mitarbeitende für den Winterdienst im Einsatz», so Cuvit.
«Auch in unserer Betriebszentrale wird rund um die Uhr gearbeitet, um Störungen zu beheben oder einen Ersatzverkehr zu organisieren.»
Schütteltrick hilft dem Stromabnehmer
Bei lang anhaltenden Niederschlägen setzt sich Schnee auf den Stromabnehmern von Zügen ab. Ab einer gewissen Schneelast fehlt dem Stromabnehmer die Kraft, den Kontakt zur Fahrleitung zu halten.
Cuvit: «Um das zu verhindern, haben unsere Ingenieure zum Beispiel die Loks beim Autoverlad Re465 umgebaut: So, dass sie die Schneelast selbständig erkennen.»
«Der Stromabnehmer senkt und hebt sich automatisch mehrmals. Er schüttelt also den Schnee ab. Bevor es zu einem Fahrzeugausfall oder sogar zu einem Defekt der Fahrleitung kommt», so Cuvit.
SBB: 15 Millionen für Prävention
Mit sehr viel Schnee in höheren Gebieten muss auch die SBB klarkommen. Rund 5400 Schutzbauten und 6700 Hektaren Schutzwald minimieren die Gefahr von Lawinen. Jährlich investieren die Bundesbahnen bis zu 15 Millionen Franken in die Prävention.
Bereits im Frühling hätten bei der SBB die Winter-Planungen gestartet, heisst es. Material werde bestellt, Funktionskontrollen durchgeführt und Prognosen erstellt.
«Weichenheizungen an neuralgischen Punkten sorgen dafür, dass Weichen auch bei Temperaturen von minus 20 Grad funktionieren», schreibt die SBB-Medienstelle.
Rund 7500 Weichen sind ausgestattet, davon 65 Prozent elektrisch und 35 Prozent mit Gas betrieben. Nicht beheizte Anlagen werden manuell enteist.
In Zürich fahren nachts Wächter rum
Bei den Verkehrsbetrieben Zürich (VBZ) sind derweil «Nachtwächtertrams» unterwegs.
Judith Setz von der VBZ-Medienstelle erklärt gegenüber Nau.ch: «Wenn es die Situation erfordert und erlaubt, fahren wir nachts mit rund vier Tramzügen das ganze Netz ab.»
Ziel dabei sei es, die Übersicht über den Streckenzustand während nächtlicher Schneefälle oder Eisbildungen zu behalten.
Aber trotz dieser nächtlichen Übersicht: «Wenn mitten in der Hauptverkehrszeit sehr schnell 10 cm Schnee fällt, wird es für das ganze Verkehrssystem herausfordernd», sagt Setz.

Schneeketten in Bern
In der Bundesstadt ist man bei Bernmobil auf den krassesten Schneefall vorbereitet. Für bis zu 18 Standardbusse liegen Schneeketten bereit.
«Damit können wir ein Minimalangebot aufrechterhalten, wenn der Schnee länger auf den Strassen liegen bleibt. Und die anderen Busse nur mehr eingeschränkt oder gar nicht mehr fahren können», sagt Sprecher Rolf Meyer von Bernmobil zu Nau.ch.

«Eine Vorbereitung ist bis zu einem gewissen Grad möglich. Ob die Massnahmen dann greifen, hängt stark von der konkreten Wettersituation ab. Und von der Stärke des Schneefalls», fasst Meyer zusammen.
Und betont: «Bei einem Ereignis wie vor einem Jahr ist die Natur stärker. Da hilft die beste Vorbereitung nichts.»





















