Sanität musste im Bundeshaus über 120 Leute versorgen
Zwei Sanitäter stehen im Bundeshaus während der Sessionen für Notfälle bereit. Nach rund zwei Jahren zeigt sich: Der Dienst ist gefragt.

Das Wichtigste in Kürze
- Nach Notfällen im Nationalrat hat der Bund einen Sanitätsdienst vor Ort eingeführt.
- Über 60 Personen behandeln die beiden Sanitäter an den Sessionen pro Jahr.
- FDP-Nationalrätin Bettina Balmer ist zudem bei Ratsmitgliedern als Ärztin gefragt.
Mitten in der Debatte kurz nach zehn Uhr bricht SVP-Nationalrat Lukas Reimann zusammen. Ratskollegen stützen den 40-Jährigen und bringen ihn aus dem Nationalratsaal.
Schnell zur Stelle sind auch der ehemalige SP-Nationalrat Angelo Barrile und die ehemalige SP-Ständerätin Marina Carobbio, beide Ärzte. Sofort wird zudem die Sanitätspolizei aufgeboten.
Wenige Wochen nach dem Zwischenfall an der Herbstsession 2022 kommt es im Nationalrat in der Wintersession zu einem weiteren Notfall. SP-Nationalrätin Sarah Wyss bricht in einer Café-Pause zusammen. Sofort kümmert sich Marina Carobbio um die 34-Jährige.
Dienst wegen vieler Anwesenden eingeführt
Um für solche Notfälle besser gerüstet zu sein, führte der Bund einen Sanitätsdienst vor Ort ein. Pro Session patrouillieren jeweils zwei Sanitäter durch die Gänge des Bundeshauses. 2023 startete der Dienst in einem einjährigen Pilotversuch.
Die Verwaltungsdelegation sei nach dem Pilotversuch zum Schluss gekommen, dass ein Sanitätsdienst vor Ort sinnvoll sei. Dies bestätigt Lucienne Vaudan, Mediensprecherin der Parlamentsdienste, auf Anfrage.
Grund dafür sei die grosse Anzahl Personen, die sich während der Sessionen täglich im Parlamentsgebäude aufhalte.
Dienst hilft Ratsmitgliedern und Besuchenden
Der Dienst ist gefragt. Denn, wie nun bekannt wird: Über 120 Personen wurden bis jetzt vom Sanitätsdienst medizinisch erstversorgt. Im aktuellen Jahr waren es laut den Parlamentsdiensten 62 Personen, 67 Personen waren es 2024.
Während der Sessionen zieht das Bundeshaus auch viele Besuchende an. Deshalb können sich unter den Patientinnen und Patienten nicht nur Ratsmitglieder, sondern auch Auswärtige befinden.
Die Parlamentsdienste werten jedoch nicht aus, um welche Personengruppe es sich handelt. Auch erfassen sie die Ursache für den medizinischen Notfall nicht.
FDP-Ärztin immer wieder nach Rat gefragt
FDP-Nationalrätin Bettina Balmer ist Fachärztin für Kinderchirurgie auf der Notfallstation im Kinderspital Zürich. Sie erstaunt die Anzahl Fälle nicht, sagt sie zu Nau.ch. «Es gibt keine Session, in der ich nicht um medizinischen Rat gefragt werde.»
Etwa habe sie SVP-Nationalrat Mike Egger am nächsten Tag nochmals ins Spital geschickt. Am Abend zuvor hatte er sich im Fitnessstudio den Ringfinger gebrochen. Der Notfall machte in den Medien Schlagzeilen.
Über Fälle, die nicht an die Öffentlichkeit gelangten, will Bettina Balmer keine Details preisgeben. «In der Regel sind es kleinere Sachen», sagt sie.
Manchmal baten Ratsmitglieder sie auch um eine Einschätzung, wenn sie sich wegen bestimmter Krankheitssymptome Sorgen machten. «Zum Beispiel, wenn es darum geht, ob man schnell reagieren oder mit einer Abklärung beim Arzt zuwarten soll.»
«Grosse Besucheranzahl an den Sessionen»
Rund fünf Personen beanspruchen den Dienst der beiden Sanitäter pro Sessionswoche.
«Ich bin immer wieder positiv überrascht über die grosse Besucheranzahl an den Sessionen.» Dies sagt GLP-Nationalrat und Pflegefachmann Patrick Hässig zu Nau.ch. Von Schulklassen über Jodel- bis zu Turnvereinen sei alles dabei.
Darunter seien natürlich auch viele ältere Besucherinnen und Besucher, sagt Hässig. «Es ist richtig, dass das Bundeshaus seine eigene Sanität hat.»
Hässig vermutet, dass sich die medizinischen Fälle mit jenen von Grossveranstaltungen vergleichen lassen. «Typisch sind zum Beispiel Kreislaufprobleme.»
Auch kann er sich vorstellen, dass sich einige behandeln lassen, «weil sie sich beim Treppenlaufen den Fuss verstaucht haben. Oder sich an einer scharfen Kante geschnitten haben.»
«Kann immer etwas passieren»
SVP-Nationalrat Mauro Tuena ist selbst Diabetiker. «Ich war auch schon froh, dass es zum Beispiel an Partys Sanitätsdienste gibt», sagt er zu Nau.ch.
Die beiden Sanitäter im Bundeshaus habe er gleich über seine Krankheit informiert, sagt Tuena. «Dann wissen sie, wie sie reagieren sollen, sollte einmal etwas passieren.»

Die Kosten für den Sanitätsdienst belaufen sich auf rund 18'000 Franken pro Session.
Sparen würde Mauro Tuena dort nicht. «Es ist eine gute Sache, die man aber auch nicht aufblähen muss.» Den Ratsmitgliedern und Besuchern gebe dieser Dienst ein sicheres Gefühl. «Wenn so viele Leute auf einem Haufen zusammen sind wie im Bundeshaus, kann immer etwas passieren.»
















