«Riskant»: Beiz-Gäste besetzen Tisch mit dem Handy

Rowena Goebel
Rowena Goebel

Bern,

Mal kurz zum Buffet, aber keine Jacke dabei, um den Tisch zu reservieren? Ein Gast nimmt stattdessen kurzerhand das Handy. In der Schweiz kein Einzelfall.

Tibits
Während ein Gast seelenruhig am Buffet Essen holt und bezahlt, reserviert er einen Tisch mit seinem Handy. - Nau.ch-Leserreporterin

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Gast im Selfservice-Restaurant Tibits besetzt einen Tisch mit seinem Handy.
  • So entspannt – oder naiv – geht es in der Schweiz öfter zu und her.
  • Doch selbst hierzulande warnt die Polizei. So viel Vertrauen ist gefährlich.

Nau.ch-Leserin Corina K.* staunt nicht schlecht, als sie beim Kaffeetrinken im Selfservice-Restaurant Tibits kurz hochschaut.

Vor ihr sieht sie einen leeren Tisch – den jemand «voller Gottvertrauen» mit seinem Smartphone reserviert hat. Der Besitzer ist weit und breit nirgends in Sicht.

«Selbst in der Schweiz finde ich das mutig», meint sie. Schliesslich hat die Kriminalität zuletzt deutlich zugenommen.

Und: Die Beiz warnt sogar selbst mit Schildern vor Langfingern. «Bitte achtet auf eure Wertsachen», steht an der Tür.

Das Restaurant liegt mitten im Zentrum der Stadt Bern, nur wenige Meter vom Hauptbahnhof entfernt. Trotzdem ist die Beobachtung kein Einzelfall.

Gäste reservieren auch mit Tasche oder Rucksack

«Es kann immer wieder vorkommen, dass Gäste mehr als eine Sonnenbrille liegenlassen, um zu ‹reservieren›. Zum Beispiel Handtaschen oder Rucksäcke», sagt Mauro Werlen von der Restaurantkette Tibits zu Nau.ch.

«Unser Personal ist dahingehend geschult, die Gäste darauf zuweisen, dass es riskant ist und wir davon abraten.»

Würdest du dein Handy ein paar Minuten unbeaufsichtigt in der Beiz liegen lassen?

Denn: Naturgemäss komme es vor, dass «dann und wann» Dinge entwendet würden.

Auch die Kantonspolizei Bern warnt: «Täterinnen oder Täter nutzen solche Gelegenheiten gezielt aus und oft genügen nur wenige Sekunden.»

Daher rät sie, Wertgegenstände allgemein im öffentlichen Raum nicht unbeaufsichtigt zu lassen. Nicht nur in der Beiz.

Laut der Schweizerischen Kriminalprävention ist das Thema nämlich gerade im Sommer besonders aktuell. In dieser Zeit «dürfte es vermehrt zu Diebstählen von Wertsachen kommen», sagt Geschäftsleiter Fabian Ilg zu Nau.ch.

«Einerseits, weil sich Menschen vermehrt draussen aufhalten und Orte wie Badis oder eine Terrasse leichter zugänglich oder weniger überschaubar sind. Andererseits, weil der Tourismus im Sommer für gewöhnlich höher ist als in anderen Jahreszeiten.»

Touris haben falsches Bild von der Schweiz – und werden beklaut

Denn gerade Feriengäste bedeuten für Kriminelle oftmals leichte Beute. Ilg erklärt: «Der Glaube an eine sichere Schweiz stellt oft für Touristen gerade aus dem asiatischen Raum eine Herausforderung dar.»

Die Schweiz werde oft als friedliches Land dargestellt. Und er gibt zu bedenken: «In Japan ist es ‹normal›, Smartphone oder Portemonnaie im Restaurant auf dem Tisch liegenzulassen, wenn jemand zur Toilette geht.»

Kriminalität
Die Kriminalität hat in der Schweiz zuletzt zugenommen. (Stand Februar 2025) - BFS

Wertsachen, die gutgläubig liegen gelassen werden, sind ein schweizweites Problem. Die Kapo St. Gallen meldete Nau.ch auf Anfrage Mitte August schon zehn Fälle, in denen unbeaufsichtigte Wertsachen gestohlen wurden.

Darunter auch Diebstähle, die in Gartenwirtschaften passierten. Beispielsweise eine «Tasche, die auf dem Stuhl deponiert wurde oder eine Handtasche, die an der Stuhllehne hing».

Aber auch in Badis, im Zug oder im nicht geschlossenen Auto kamen Wertsachen weg. In Winterthur wurden laut Stapo zuletzt vermehrt Gegenstände aus Autos geklaut.

«Gelegenheit macht Diebe»

Und auch die Kapo Aargau warnt: «Dass Leute ihre Wertsachen achtlos liegenlassen und sich dadurch einem unnötigen Diebstahlrisiko aussetzen, ist ein altbekanntes Phänomen. Allzu oft erfahren wir erst davon, wenn's zu spät ist, wenn also die Geschädigten Anzeige erstatten.»

«Gelegenheit macht Diebe», warnt auch die Kapo Luzern.

Bild
Auch im Zug lassen einige ihre Wertsachen unbesorgt unbeaufsichtigt liegen, wenn sie kurz aufs WC müssen. (Archivbild) - Nau.ch

Und die Zürcher Kantonspolizei äussert sich zwar nicht konkret zu solchen Fällen, doch ein Blick auf die Kriminalstatistik zeigt: Vermögensdelikte haben auch in Zürich in den letzten Jahren stetig zugenommen.

Zurück zum unbeaufsichtigten Handy in der Beiz: Was, wenn es tatsächlich wegkommt? Tragen die Restaurants in solchen Fällen eine Verantwortung?

Ist dir in der Schweiz schon einmal etwas gestohlen worden?

Tibits-Sprecher Mauro Werlen erklärt, die Restaurantkette halte sich an die Aussage des Branchenverbands Gastrosuisse: «Grundsätzlich haften Restaurantbetreiber nicht, wenn einem Gast auf dem Restaurantgelände etwas entwendet wird.»

Es könne sich empfehlen, mit einem Hinweis darauf aufmerksam zu machen.

Kurz: Handys, Handtaschen und Aktenkoffer besser nicht unbeaufsichtigt herumliegen lassen. Und Tische nur mit Gegenständen reservieren, die einem nicht viel bedeuten.

*Name der Redaktion bekannt

Kommentare

User #3075 (nicht angemeldet)

Wenn man das Bild anschaut ist es ja auch zwingend nötig zu reservieren..... nicht.

User #2983 (nicht angemeldet)

Einige "Lockenköpfe" warten nur auf die richtige Gelegenheit. Hehehe. LOL.

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