Die gebürtige Dominikanerin Carmen S.* (†49) arbeitete als Prostituierte in Freiburg. 2017 wurde sie brutal ermordet. Der Täter (30) steht ab heute vor Gericht.
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Prostituierten-Mörder Fabian F.* (30) spielte in einem lokalen Fussballklub. - footvaud.ch
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Prostituierte Carmen S.* (†49) wurde 2017 in Freiburg bestialisch ermordet.
  • Ihr Mörder, Fabian F.* (30) steht seit heute vor Gericht.
  • Er sagt: «Ich schäme mich.»

Am 15. Januar 2017 findet die Polizei in einer Wohnung in der Altstadt von Freiburg die Leiche von Carmen S. (†49). Die Schweizerin, die ursprünglich aus der Dominikanischen Republik stammt, arbeitete gleich um die Ecke in einem Puff. Wohnungsmieter Fabian F. (damals 27) wird verhaftet.

Der Schweizer hatte die Leiche der Prostituierten in einem Koffer zu sich nach Hause geschleppt. Im Sex-Studio hatte Fabian F. zuvor 20 Mal mit einem Tranchiermesser in die Brust von Carmen S. gestochen.

Das Opfer wurde regelrecht abgeschlachtet. Carmen S. hatte keine Chance. Sie starb noch am Tatort.

Im 4. Stock dieses Haus in der Altstadt von Freiburg geschah die Bluttat. - Nau.ch

Seit heute steht Fabian F. vor Gericht in Freiburg. Er trägt ein graues Hemd, dunkelrote Hose und blaue Sneaker. Er ist von kleiner, stämmiger Statur. Die Gesichtsmaske hat er bei der Befragung unter das Kinn geschoben.

«Heute ist einer der schlimmsten Tage meines Lebens», sagt er. «Ich dachte immer, ich sei ein sympathischer Kerl. Ich habe aber eine dunkle Seite.»

Erinnerungslücken

Fabian F. gibt sich in der Befragung des Richters reumütig: «Ich bin heute hier, um die Verantwortung für meine Tat zu übernehmen. Ich schäme mich.»

Fabian F. hatte im Januar 2017 kein Geld, als er mitten in der Nacht ins Sex-Studio von Carmen S. ging. Man einigte sich, dass er seinen Laptop als Pfand zurückzulässt. Die 100 Fr. für den Sex sollte er am übernächsten Tag bezahlen.

Fabian F. sagt, er habe Probleme gehabt, eine Erektion zu bekommen. «Es gab Streit. Sie beschimpfte mich und sagte, ich sei ein Versager», sagt er dem Richter. Dann wollte er den Laptop mitnehmen. «Ich weiss nicht, wieso ich das Messer aus dem Rucksack nahm.»

Über zwei Stunden Tatort gereinigt

Er macht Erinnerungslücken gelten. «Es ist kompliziert. Ich erinnere mich nur an den ersten Messerstich, an mehr kann ich mich nicht erinnern.» Er habe Angst gehabt. «Mir war in diesem Moment nicht bewusst, was ich getan hatte.»

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In diesem Haus wohnte der Mörder. Ein Bekannter half ihm, den Koffer mit der Leiche in den 4. Stock zu schleppen. - Nau.ch

Fabian F. verbrachte nach der Tat zwei Stunden und acht Minuten im Sex-Studio. Er versuchte, den in Blut getränkten Tatort zu reinigen. «Ich erinnere mich nicht mehr wirklich daran. Es hatte überall Blut.»

«Wieso haben sie die Leiche in den Koffer getan?», fragt der Richter. «Ich weiss nicht. Ich sah einfach den Koffer im Zimmer.»

Drogen intus

Fabian F. macht eine Therapie im Gefängnis. «In der Therapie haben wir bisher nur wenig über den Mord gesprochen. Ich glaube aber, die Therapie funktioniert.»

Der Richter fragt: «Ich verstehe nicht, wieso sie in 3,5 Jahren noch nicht über den Mord gesprochen haben.» Fabian F. antwortet: «Ich fühlte mich im Gefängnis nicht bereit dazu.»

Er habe Anfang 2017 Depressionen gehabt. «Ich war in der Welt der Drogen, es ging mir sehr schlecht.»

Der Täter hatte beim Mord verschiedene Drogen wie Cannabis und Kokain intus. «Ich war drogensüchtig. Jetzt bin ich nicht mehr von Drogen abhängig, ich rauche nur noch. Ich mache auch wieder Sport.», sagt er.

Fabian F. wohnte an der berüchtigten Rue de la Grand-Fontaine in Freiburg. - Nau.ch

«Ich mache keine Probleme im Gefängnis.» Trotzdem jammert er: «Es war am Anfang schlimm im Gefängnis. Ich hatte den Eindruck, dass ich ständig verurteilt werde.»

Der Richter fragt: «Bedauern sie, was im Januar 2017 passierte?». Der Prostituierten-Mörder sagt: «Ja. Ich frage mich, weshalb ich das getan habe.»

Opfer schickte Geld nach Hause

Carmen S. schickte regelmässig Geld an ihren Sohn und ihren Bruder in der Dominikanischen Republik. Erst als der Anwalt der Familie des Opfers nachfragt, kommt es Fabian F. schliesslich über die Lippen: , «Ich denke an den Schmerz, den ich der Familie des Opfers bereitet habe.»

Die leibliche Mutter gab Fabian F. in Brasilien nach der Geburt zur Adoption frei. Als seine Verteidigerin nachhakt, verdrückt Fabian F. eine Träne. «Ich habe sie wiedergefunden. Vielleicht sehen wir uns einmal.»

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Durch diese Unterführung schleppte der Mörder den Koffer mit der Leiche seines Opfers. - Nau.ch

Carmen S. war im Quartier bekannt. «Sie war sehr nett, schickte ihrer Familie regelmässig Geld nach Hause», sagte damals ein Nachbar. Sie träumte davon, ihren Ruhestand in ihrer Heimat zu verbringen. «Sie baute sich dort eine grosse Villa, die bald fertig gewesen wäre. Sie war so stolz darauf», so der Nachbar.

Opfer-Familie konnte nicht kommen

Der Sohn und der Bruder des Opfers sind Nebenkläger. Sie leben in der Dominikanischen Republik. «Die haben kein Geld, um für den Prozess in die Schweiz zu reisen. Wegen Covid-19 hätten sie hier auch noch 14 Tage in Quarantäne müssen», sagt ihr Anwalt Nau.ch.

Fabian F. überweist aus Anraten seines Anwaltes einen Teil seines Gefängnis-Lohnes an die Familie des Opfers. Er machte eine Koch-Lehre. Im Gefängnis will er das Buchhalter-Diplom machen.

Zurechnungsfähig

Ein Gutachter kommt zum Schluss, dass Fabian F. trotz des Drogenkonsums bei der Tat zurechnungsfähig war.

Der Schweizer ist wegen Mordes und Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz angeklagt. Er hatte seit 2010 im grossen Stil mit allen möglichen Drogen gehandelt und diese auch selber konsumiert.

Sein Bekannter, der mithalf, den Koffer zu schleppen, muss sich unter anderem wegen Störung der Totenruhe verantworten.

Der Prozess in Freiburg ist auf fünf Tage angesetzt. Welches Strafmass die Staatsanwaltschaft fordert, wird erst am Prozess bekannt.

*Namen geändert

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