Parteien und Verbände drängen auf Antworten im Zollkonflikt
Die US-Zusatzzölle lösen in der Schweiz starke Reaktionen aus – gefordert werden rasche Verhandlungen und wirtschaftsstärkende Massnahmen.

Die 39 Prozent Zusatzzölle der USA auf Schweizer Produkte haben in Politik und Wirtschaft heftige Reaktionen ausgelöst. Gefordert werden rasche Verhandlungen, der Ausbau von Freihandelsabkommen und gezielte Massnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts. Eine Übersicht:
SVP: Sie kritisiert den Bundesrat für seine «vernachlässigte Wirtschaftspolitik» gegenüber den USA. Um Schaden abzuwenden, brauche es den Abschluss weiterer Freihandelsabkommen, sofortige Entlastungen für die Wirtschaft – etwa durch Aufhebung der Obergrenze von zehn Prozent bei Rüstungsimporten aus den USA – und die Fortsetzung der Verhandlungen.
MITTE: Sie will, dass der Bundesrat «verhältnismässige Gegenmassnahmen» prüft – etwa Zölle auf bestimmte US-Güter oder eine Beschwerde bei der Welthandelsorganisation (WTO). Auch eine vorübergehende Aussetzung der OECD-Mindeststeuer soll laut Partei erwogen werden, um die Exportwirtschaft zu entlasten. Von Forderungen nach einer Stornierung der F-35-Kampfjet-Bestellung hält Die Mitte nichts. In Krisenzeiten solle in die Zukunft investiert werden.
FDP: Sie spricht sich für weitere Verhandlungen mit den USA aus, warnt aber vor Illusionen. Mit der aktuellen US-Regierung fehle es an Planbarkeit. Die Partei fordert ebenso den Abschluss neuer Freihandelsabkommen, die vorübergehende Aussetzung der OECD-Mindeststeuer und einen soliden Staatshaushalt. Gegenzölle lehnt sie ab – diese schadeten der Schweiz mehr, als sie nützten.
GRÜNE: Sie verlangen eine Neuausrichtung der Aussenwirtschaftspolitik: Weg von den USA, hin zur EU. Letztere sei die «verlässlichste Partnerin». Die Zusatzzölle wertet die Partei als Folge «bürgerlichen Scheiterns». Sie fordert als Reaktion unter anderem eine Digitalsteuer für US-Tech-Konzerne und den Verzicht auf den F-35-Kampfjet. Zudem soll der Bundesrat die EU-Verhandlungen rasch abschliessen und auf das Sparprogramm verzichten.
GLP: Sie fordert eine rasche Abstimmung über das EU-Vertragspaket und stabile Beziehungen zur EU als wichtigste Handelspartnerin. Zudem sollen bestehende Freihandelsabkommen abgeschlossen, Unternehmen bei der Online-Vermarktung entlastet und Investitionen in neue Märkte steuerlich gefördert werden. Ziel sei es, die Schweiz als Cleantech-Standort zu stärken und die Swiss Business Hubs im Ausland zu fördern.
ECONOMIESUISSE: Der Dachverband der Schweizer Wirtschaft spricht von einem «erheblichen Risiko» für die Schweiz und verlangt weiterführende Gespräche mit den USA unter höchster Priorität. Die neuen Zölle gefährdeten die internationale Wettbewerbsfähigkeit und zehntausende Arbeitsplätze. Es brauche nun umfassende Massnahmen und neue Freihandelsabkommen.
SWISSMEM: Der Verband der Schweizer Tech-Industrie warnt vor einem «faktisch toten» US-Export und gravierenden Folgen für den Wohlstand. Swissmem präsentiert einen Zehnpunkteplan, darunter die Verlängerung der Kurzarbeit, tiefere Strompreise, ein Festhalten am Stromabkommen mit der EU sowie den zügigen Abschluss neuer Freihandelsverträge.
UHRENVERBAND: Die Schweizer Uhrenbranche kann die neuen US-Zölle nicht nachvollziehen. Man wolle nun aber mit kühlem Kopf reagieren, kündigt der Verbandschef an. Er nennt etwa den Kauf von Energie, zusätzliche Investitionen von Schweizer Firmen in den USA oder die Hilfe bei der Ausbildung von Personal als Trumpf. Dank vorausschauender Exporte von Schweizer Uhren in die USA sei der Markt derzeit ausreichend gesättigt.
GEWERBEVERBAND: Er fordert ein «Revitalisierungspaket für KMU» – mit Verwaltungsabbau, um die Wettbewerbsfähigkeit in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld zu sichern. Die vom Bundesrat angekündigte Nutzung des Handlungsspielraums zur Entlastung der Unternehmen sei ungenügend.
GEWERKSCHAFTSBUND: Der SGB zeigt sich zuversichtlich, dass die Schweiz bei Verhandlungen mit den USA tiefere Zölle erreichen kann. Er warnt aber vor Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen in der Industrie. Die Kurzarbeitsentschädigung solle beibehalten werden. Schweizer Industrieprodukte hätten eine starke Marktstellung; viele Unternehmen könnten Zölle durch Optimierungen abfedern.
PHARMAVERBAND: Interpharma zeigt sich besorgt und spricht von potenziell «erheblichem wirtschaftlichem Schaden» für die Schweiz. Zwar seien pharmazeutische Produkte aktuell ausgenommen, doch 39 Prozent Zusatzzölle auf die Branche könne das BIP um mindestens 0,7 Prozent senken. Die Aufforderung der USA an Pharmafirmen, Preise an internationale Standards anzupassen, sei von den weiteren Verhandlungen zu trennen.