Der Verurteilte missbrauchte dutzende Male Kinder in seinem Umfeld: Bedingte Haftstrafe und Übernahme der Verfahrenskosten – das Urteil ist Vielen zu milde.
Von den elf Opfern wurden nur die Missbräuche von fünf zu Anklage gebracht – die Übergriffe auf die anderen war verjährt. (Symbolbild)
Von den elf Opfern wurden nur die Missbräuche von fünf zu Anklage gebracht – die Übergriffe auf die anderen war verjährt. (Symbolbild) - pixabay
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Das Wichtigste in Kürze

  • Jahrzehntelang missbrauchte ein 70-Jähriger elf Opfer zwischen vier und 15 Jahren.
  • Für einen Teil der Taten wurde er nun zu zwei Jahren bedingt verurteilt.

Am Mittwoch urteilte das Amts-Gericht Olten-Gösgen SO über den 70-jährigen Mann. Er missbrauchte jahrzehntelang Kinder in seinem Umfeld: Neffen, Nichten, Enkel, Göttikinder und sogar die Eigenen. Besonders schlimm traf es einen Göttibub des Täters: der Verurteilte nutzte jede ihm sich bietende Gelegenheit für seine Übergriffe, auch bei Familienfesten und Weihnachtsfeiern griff er ihm zwischen die Beine. Bei den Missbräuchen durch den Verurteilten waren die Betroffenen zwischen vier und 15 Jahre alt.

Zwei Jahre bedingt, Probezeit fünf Jahre

Das Urteil ist ernüchtern: Wie «Blick» berichtet erhält der pädophile Mann zwei Jahre bedingte Haftstrafe, bei einer Probezeit von fünf Jahren und die Übernahme der 18'000 Franken Verfahrenskosten wegen mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern, mehrfachen versuchten sexuellen Handlungen mit Kindern und Pornographie. Die Opfer und ihre Angehörigen waren auf ein mildes Urteil gefasst. Dennoch sind sie enttäuscht. Laut ihrer Anwältin hätten die Betroffenen vor allen Dingen auf eine Entschuldigung und Einsicht gehofft.

Diesen Gefallen hat der Verurteilte seiner Familie nicht getan. Nur einmal gab er zu, seinem Göttibub die Badehose heruntergezogen zu haben. Es habe ihn «wundergenommen», was da sei. «Weil ich wohl pädophil bin», gibt er zu. All die restlichen Vorwürfe bestreitet der 70-Jährige. Auf die Frage der Richterin, warum all diese Opfer lügen sollten, weiss auch seine Verteidigung keine Antwort.

Längst verdrängte Erinnerungen

Ins Rollen gebracht hat das Ganze ein Enkel des Verurteilten. Als er nach seinem Übernachtungsbesuch bei Oma und Opa verstört heimkam, hakte seine Mutter nach. Diese Erzählung löste bei ihr selbst eine Blockade, die sie vor Jahren aufgebaut hatte: auch sie selbst war vom eigenen Vater missbraucht worden.

Sie befürchtete noch weitere Opfer und sprach ihre Verwandtschaft darauf an und elf weitere erzählen von ähnlichen Geschichten. Zur Anklage kamen aber nur die Übergriffe auf fünf der Opfer. Die restlichen Missbräuche waren verjährt.

Abschaffung der Verjährungsfrist

Nebst der Familie ist vor allem die Stiftung Kinderschutz Schweiz mit dem Ausgang des Prozesses nicht zufrieden. Laut Geschäftsführerin Xenia Schlegel genüge eine Geldstrafe bei sexuellen Handlungen mit Kindern nicht. Insbesondere, weil Kinder den Wert des Geldes an sich nicht verstünden und für sie so der Täter ungehindert weitermachen könne. Das Urteil sei ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen. Die Praxis der Gerichte leichte Fälle von Missbrauch mit bedingten Strafen zu ahnden kommentiert sie mit: «Der Bundesrat verkennt die Wirkung solcher Straftaten auf Kinder». Die Stiftung fordert zudem seit Jahren die Abschaffung der Verjährungsfrist bei Kindsmissbrauch.

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