Schätzungsweise 1500 Menschen, nach Angaben der Organisatoren rund 2000, haben am Samstag in Bern gegen das neue bernische Polizeigesetz demonstriert.
ETH Zürich
Bevölkerung (Symbolbild) - Unsplash

Es geht um ein Gesetz, über welches das Stimmvolk des Kantons Bern am 10. Februar abstimmt. Zur Kundgebung aufgerufen hatte das Komitee, welches im vergangenen Jahr das Referendum gegen das Gesetz zustande brachte. Es handelt sich um mehrere links-grüne Parteien, insbesondere aus der Stadt Bern, Grundrechtsorganisationen, die Radgenossenschaft der Landstrasse sowie «schäft qwant», eine Organisation von Fahrenden.

Die Kundgebung begann auf der Berner Schützenmatte und führte via Waisenhaus- und Kornhausplatz zum Bundesplatz. Sie verlief friedlich, doch waren einzelne Sprayereien festzustellen. Die Kundgebung war bewilligt. Ein Polizei-Kastenwagen führte den Demonstrationszug an.

Fahrende wegweisen können

Den Gegnern des neuen Polizeigesetzes missfallen mehrere Bestimmungen. So erhält die Polizei neu die Möglichkeit, bei unerlaubtem Campieren auf privatem und öffentlichem Boden die Campierer wegzuweisen.

Die Regelung ist die Antwort der Politik auf die ausländischen Fahrenden, welche im Sommer 2017 in Wileroltigen ein Feld besetzten, zum Ärger der meisten Einheimischen. Möglich ist allerdings eine Wegweisung der Fahrenden nur dann, wenn für sie ein Transitplatz vorhanden ist.

Damit heble das neue Polizeigesetz den Minderheitenschutz aus, ohne Lösungen zu präsentieren, sagte Angela Mattli von der Gesellschaft für bedrohte Völker während der Kundgebung in einer Kurzrede.

Neu sollen Gemeinden auch die Möglichkeit erhalten, den verantwortlichen Kosten für Veranstaltungen aufzuerlegen, wenn es zu Gewalttätigkeiten gekommen ist. Gemeint sind etwa Kundgebungen. Das ist ein zweiter Haupt-Kritikpunkt der Gegner des Gesetzes. Wenn eine solche Bestimmung eingeführt werde, wage es kaum noch jemand, eine Kundgebung zu organisieren.

Es sei zu befürchten, dass deshalb künftig in Bern «notwendige Demonstrationen ausbleiben», sagte Zora Schneider von der Partei der Arbeit Bern an der Kundgebung.

Christa Ammann von Berns Alternativen Linken sagte am Rand der Kundgebung zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA, im Kanton Luzern sei ein Rückgang der Kundgebungen feststellbar. Dieser Kanton hat solche Kostenüberwälzungen eingeführt. Ammann gehörte zu den Organisatorinnen und Rednerinnen an der Demo.

Ein weiteres Szenario sei, so Ammann weiter, dass es in Bern zu mehr unbewilligten Kundgebungen kommen werde. Der Titel der Samstags-Kundgebung lautete denn auch «Die letzte bewilligte Demo». Die Gegner des Gesetzes vermissen im neuen Gesetz auch eine unabhängige Beschwerdestelle und eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten.

Gesetz verringert Aufwand

Der bernische Grosse Rat hat das neue Polizeigesetz im März 2018 verabschiedet. Die bürgerlichen und die Mitte-Parteien fanden, das Verursacherprinzip müsse auch bei gewalttätigen Demonstrationen gelten.

Autos anzünden und Wände verschmieren seien schliesslich kein Grundrecht. Wenn die Veranstalter die Teilnehmer nicht im Griff hätten, müssten sie auch die finanzielle Verantwortung übernehmen.

Das Bundesgericht untersuchte 2017 die Luzerner Regelung. Es schloss eine Kostenüberwälzung nicht grundsätzlich aus, forderte aber eine verhältnismässige Ausgestaltung der Kostenauflage. Das Gericht hiess damit eine Beschwerde aus linken Kreisen teilweise gut.

Im Kern schafft das totalrevidierte bernische Polizeigesetz eine neue Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Kanton. Die Beiträge der Gemeinden werden pauschalisiert. Das verringert den administrativen Aufwand für die Polizei und erhöht die Planungssicherheit.

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