Ein Heliskiing-Flug im Wallis endete für drei Menschen tödlich. Bergsteigerin Evelyne Binsack äussert harsche Kritik an den Flügen. Die Branche hält dagegen.
Petit Combin Wallis
Am Petit Combin im Wallis ist am Dienstag ein Helikopter abgestürzt. Drei Personen kamen ums Leben. - Kantonspolizei Wallis

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Unterwallis verunfallte letzte Woche ein Helikopter, wobei drei Menschen starben.
  • Heliskiing steht bereits seit Langem in der Kritik und kommt nun erneut unter Beschuss.
  • Branchenkennerin Evelyne Binsack kritisiert das Angebot: «Das braucht es nicht.»
  • Branchenvertreter Rolf Heuberger sagt: «Heliskiing ist für die Schweiz relevant.»
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Nach dem Helikopterunglück im Wallis werden Forderungen laut. Vergangene Woche rutschte eine Maschine beim Heliskiing auf dem Gebirgslandeplatz am Petit Combin in den Nordhang ab.

Drei Personen kamen dabei ums Leben: der 34-jährige Pilot mit Schweizer Staatsbürgerschaft, der 45-jährige Schweizer Bergführer sowie ein 34-jähriger irischer Passagier.

air-glaciers
Die vom Unfall betroffenen Air-Glaciers selbst waren mit mehreren Rettungshelikoptern im Einsatz. Gestartet sind sie vom Flugplatz Sion VS.
kantonspolizei zürich
Auch die Kantonspolizei Zürich ist mit einem Helikopter angerückt.
sust
Im Einsatz stand auch die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust).
flughafen sion
Am Flughafen Sion wurde ein Rettungszelt aufgestellt.

Beim Heliskiing lassen sich Skifahrerinnen und Skifahrer auf einen Berg fliegen. Von dort aus fahren sie dann durch Tiefschnee mit den Ski abwärts, wobei sie vom Helikopter begleitet werden.

Der Unfall in der vergangenen Woche heizt die Debatte über die Sinnhaftigkeit von Heliskiing nun erneut an.

Evelyne Binsack kritisiert Heliskiing

Extrem-Bergsteigerin Evelyne Binsack (56) kennt sich mit Heliskiing bestens aus. Acht Jahre lang flog die diplomierte Bergführerin selbst Helikopter und bot Heliskiing an.

Heute kritisiert Binsack das Angebot: «Heliskiing braucht die Schweiz nicht», sagt sie Nau.ch. Zwar werde sie sich nicht aktiv für ein Verbot einsetzen, aber: «Ich werde keine Träne vergiessen, wenn es abgeschafft würde.»

Evelyne Binsack
Evelnye Binsack ist kein Fan von Heliskiing. - keystone

Beim Heliskiing liege die Verantwortung beim Piloten und beim Bergführer – und diese sei nicht von ohne. «Man muss sich das Heliskiing wie einen Kulturschock vorstellen: Man startet auf einer Helibasis auf nicht alpinem Gelände. Zehn Minuten später steigt man auf einem Gletscher mit völlig anderer Umwelt aus.»

Doch auch der Flug selbst stelle grosse Herausforderungen dar: «In mehreren Tausend Metern Höhe hat der Helikopter weniger Leistung, die Sichtverhältnisse können schlecht sein.»

Rolf Heuberger ist CEO von Swiss Helicopter, dem grössten Helikopterunternehmen in der Schweiz. Er stellt gegenüber Nau.ch klar: «Heliskiing ist wie alle anderen Operationsarten sehr sicher.»

Sollte Heliskiing verboten werden?

Auch das Bundesamt für zivile Luftfahrt (Bazl) hielt kürzlich gegenüber Nau.ch fest, dass bei 70'000 bis 80'000 Flugbewegungen pro Jahr Helikopterfliegen «als sicher» bezeichnet werden dürfe.

Heuberger verweist darauf, dass bereits zahlreiche Einschränkungen für touristische Helikopterflüge bestehen. «Weitere Einschränkungen verfehlen das Ziel. Touristische Flüge sind hauptsächlich für den Erfahrungsaufbau der Piloten wichtig und dort unersetzbar», sagt er.

Heliskiing dient Piloten für Erfahrung

Um Transportflüge ausführen zu können, benötige man zwischen 800 und 1000 Flugstunden. Nach der Lizenzausbildung habe ein Pilot aber erst 200 Stunden. «Was soll er in der Zwischenzeit tun? Touristische Flüge sind ein effizientes und adäquates Mittel, die Piloten an spätere Aufgaben heranzuführen», so der Swiss-Helicopter-CEO.

Später seien es genau die gleichen Piloten, die komplexe Transportaufgaben erledigen, sagt er.

Für Binsack ist das Argument unlogisch, dass Heliskiing für Jungpiloten eine gute Trainingsmöglichkeit für Gebirgslandungen sei. Auf der anderen Seite dürften nämlich Piloten ab 60 Jahren, obwohl sie zigtausend Flugstunden Erfahrung mitbringen, keine Passagierflüge mehr durchführen.

Rolf Heuberger
Rolf Heuberger ist CEO von Swiss Helicopter. - Keystone

Rolf Heuberger von Swiss Helicopter erwidert: «Dass Piloten ab 60 in der EU und der Schweiz keine Personen mehr transportieren dürfen, ist in der Tat unlogisch. Und es entbehrt jeder Faktengrundlage.» Heuberger hofft, dass das Problem bald durch eine Revision gelöst wird.

«Allerdings ist zu betonen, dass auch die ‹jüngeren Piloten› für diese Flüge keineswegs Anfänger sind», betont Heuberger. «Es sind topausgebildete Spezialisten mit sehr guten Gebietskenntnissen.»

Ist Heliskiing unverzichtbar?

Das Argument, die touristischen Flüge seien unabdingbar, damit die Piloten genügend Flugstunden hätten, um Rettungsflüge durchzuführen, lässt Binsack nicht gelten. «Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.»

Die Flugstunden durch Heliskiing seien zudem vernachlässigbar, weil diese nur einen kleinen Teil ausmachen, so Binsack.

Petit Combin
Rettungshelikopter stehen auf dem Berglandeplatz des Gipfels des Petit Combin im Wallis, Schweiz, Dienstag, 2. April 2024. - Kantonspolizei Wallis

Rolf Heuberger von Swiss Helicopter sagt dazu: «Die Heliskiflüge machen bei Swiss Helicopter 0,4 Prozent des Jahresumsatzes aus und sind damit wirtschaftlich nicht relevant für uns. Für das System ‹Helikopterfliegerei› aber sehr wohl (Stichwort Erfahrungsaufbau).»

In Frankreich und Deutschland ist Heliskiing verboten, in Österreich stark reduziert. Auch in der Schweiz wurden immer wieder Forderungen nach einem Verbot laut – grösstenteils wegen Naturschutzbedenken.

Doch: Heliskiing ist in der Schweiz beliebt wie nie. Zwischen 2010 und 2022 landeten jährlich 4700 Helikopter auf den 40 Gebirgslandeplätzen. 73 Prozent aller Heliskiing-Flüge endeten im Kanton Wallis, so das Bazl.

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