Mobiliar geklaut: Rätsel um mysteriöse Diebstahl-Serie in Zürich
Einem Restaurant im Zürcher Kreis 4 wird kurz vor der Eröffnung Mobiliar im Wert von knapp 40’000 Franken gestohlen. Es ist kein Einzelfall.

Das Wichtigste in Kürze
- Im Zürcher Kreis 4 wird einem Restaurant Mobiliar im Wert von 38'000 Franken entwendet.
- Dabei handelt es sich um keinen Einzelfall.
- Bereits Ende Juni wurden tonnenschwere Kabelrollen für das Caliente-Festival gestohlen.
Gastronom Federico Freiermuth war guter Dinge, als er vergangenen Freitagabend sein Restaurant verliess. Es sollte am ersten Juliwochenende eröffnet werden, alles lief nach Plan: Das Lokal war hergerichtet, das Konzept stand, die neuen 50 Stühle sowie 25 Tische waren auf der Terrasse sorgfältig gestapelt und angekettet.
«Am nächsten Morgen rief mich mein Küchenchef an und fragte, wo denn die Stühle und Tische seien», erzählt Freiermuth. «Draussen natürlich», habe er geantwortet. «Wo genau?» – «Was meinst du mit wo genau?» – «Das Mobiliar ist nicht mehr hier.»
Über Nacht entwendeten Unbekannte dem Restaurant Casi Casa, das sich an der Ecke Europaallee/Langstrasse befindet, Tische und Stühle im Wert von 38'000 Franken.
Niemand hat etwas gesehen
Freiermuth alarmierte sogleich die Polizei, die das Personal der benachbarten Restodisco Charlatan, des Kinos Frame und vom 25hours Hotel befragte.
Doch niemand hatte etwas bemerkt, nicht einmal der Nachtportier des Hotels. Auch keine Kamera hatte etwas aufgezeichnet.
Freiermuth blieb nichts anderes übrig, als Anzeige gegen Unbekannt zu erstatten.

Laut dem Gastronomen waren die Möbel fabrikneu und standen erst seit zwei Nächten auf der Terrasse. In der Tatnacht von Freitag auf Samstag hatte das Team sie bewusst zusammengestellt, um zu verhindern, dass sich das Partyvolk der Langstrasse darauf niederlässt.
«Damit haben wir es den Kriminellen leider einfacher gemacht», sagt Freiermuth. Die Täterschaft musste das Mobiliar nur noch in ein Fahrzeug laden.
Die Stadtpolizei Zürich hat inzwischen Ermittlungen aufgenommen, wie sie auf Anfrage von Tsüri.ch schreibt. Sie habe dem Restaurantbetreiber zudem geraten, selbst aktiv zu werden – etwa mit einem Zeugenaufruf, den Freiermuth auf der Vernetzungsplattform LinkedIn veröffentlichte.

Freiermuth spricht von einer Häufung solcher Vorfälle und verweist auf Roger Furrer, Gründer und Betreiber des Latinfestivals Caliente, das am Wochenende auf dem Kasernenareal stattfindet.
Dieser erzählt am Telefon eine ähnliche Geschichte: In der letzten Juniwoche wurden ihm zwar keine Stühle und Tische geklaut, dafür aber 19 Kabelrollen, die laut Furrer einen Gesamtwert von 40'000 Franken haben.
Er hatte sie im Kreis 4 zwischengelagert. Dabei gehört das entwendete Material gar nicht Roger Furrer selbst, er hatte es nur vom Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (EWZ) geliehen.
Thöme Jeiziner, Mediensprecher des EWZ, bestätigt den Vorfall. Er weist darauf hin, dass insbesondere das Kupfer in den Kabeln auf dem Schwarzmarkt teuer verkauft werden könne. Das EWZ will nun sein Material besser sichern. Dem Caliente-Festival wird Ersatzmaterial bereitgestellt.

Diebstahl-Daten fehlen
Einen konkreten Grund für die Häufung solcher Diebstähle sehen weder Stadt- noch Kantonspolizei. Beide Behörden geben an, keine spezifischen Statistiken zum Diebstahl grösserer Gegenstände im öffentlichen Raum zu führen.
Zur Frage, ob es sich um organisierte Kriminalität handele, will die Kantonspolizei keine Auskunft geben. Man äussere sich grundsätzlich nicht zu laufenden Ermittlungen.
Auch die Versicherung Axa kann zur allfälligen Häufung von Diebstählen etwa von Restaurant-Mobiliar keine verlässlichen Angaben machen – die Fallzahlen seien zu gering, wie die Medienstelle gegenüber Tsüri.ch mitteilt.
Dafür sei aber die Entwicklung bei Velodiebstählen klar. Laut Zahlen der Versicherung hat sich die Schadenssumme von Fahrraddiebstählen in der Schweiz in den letzten fünf Jahren nahezu verdoppelt.
Trotz des Rückschlags hält Federico Freiermuth an seinen Plänen fest: Das auf lateinamerikanische Küche spezialisierte Casi Casa wird am 10. Juli wie geplant eröffnet.
Das Material war versichert. Nun ist er daran, eine alternative Bestuhlung für die Terrasse zu organisieren.
***
Hinweis: Dieser Artikel ist zuerst bei «Tsüri.ch» erschienen. Autor Kai Vogt ist Redaktor beim Zürcher Stadtmagazin.