Millennials schützen sich mit Ferienkäufen vor Burnout
Ferienkäufe liegen bei Firmen im Trend. Gefragt ist das Angebot vor allem bei Mitarbeitenden zwischen 30 und 39 Jahren.

Das Wichtigste in Kürze
- Firmen bieten bis zu zwei Wochen zusätzliche Ferien an.
- Besonders Millennials nutzen Ferienkäufe.
- «Sie stehen unter ständiger Anspannung», sagt Psychologin Daniela Landau.
Nochmals ein paar Tage am Strand liegen? Dafür machen Mitarbeitende gerne Abstriche beim Lohn. Ferienkäufe, die moderne Firmen zunehmend anbieten, sind gefragt.
Vollzeitmitarbeitende bei der Versicherung AXA können zehn zusätzliche Ferientage pro Kalenderjahr beziehen. Im Austausch dafür kommt es zu einem Salärabzug.
Im Schnitt haben Mitarbeitende beim Versicherungsmulti in den letzten fünf Jahren Ferien für fünf Tage pro Jahr Ferien gekauft.
Diese durchschnittliche Bezugsdauer hat sich laut AXA Mediensprecherin Rivana Bissegger nicht stark verändert. «Allerdings machen mittlerweile leicht mehr Mitarbeitende vom Angebot Gebrauch.»
Mehr Ferien und weniger verdienen
2024 lag der Anteil der AXA-Mitarbeitenden mit Ferienkäufen unter fünf Prozent. Rund ein Drittel schöpfte jedoch die maximale Bezugsdauer aus.
Mehr Ferien für weniger Lohn ist vor allem bei den Millennials beliebt. Am häufigsten nutzten die 30- bis 39-jährigen Kolleginnen und Kollegen das Ferienkauf-Angebot. Dies zeigt die Bilanz der letzten fünf Jahre.
Anders sieht es beim Blick auf zwei der letzten fünf Jahre aus. «Dort führten allerdings Mitarbeitende im Alter von 40 bis 49 Jahren die «Ferienkauf-Statistik» an», sagt Rivana Bissegger.
«Ferienkäufe sind gestiegen»
Zusätzliche Ferientage gönnen sich auch die Mitarbeitenden des Medienhauses TX Group. «In der Summe sind die Ferienkäufe seit 2019 gestiegen», heisst es beim Zürcher Konzern. Im Schnitt kaufen die Mitarbeitenden rund eine der maximal zwei Wochen Ferien.
Auch hier stehen die Millennials an der Spitze. Zwischen den Jahren 2019 und 2025 war die Nachfrage nach den Extra-Ferien bei den 30- bis 39-Jährigen am höchsten.
Relativ zur Anzahl von Mitarbeitenden pro Altersgruppe sind bei der Tx Group aber die Älteren die Ferien-Champions. So hat die Gruppe der über 60-Jährigen seit 2019 die meisten Ferien gekauft.
«Beziehen das Maximum»
Die UBS meldet auf Anfrage, dass sich Ferienkäufe «wachsender Beliebtheit» erfreuten. «Wir beobachten eine kontinuierliche Zunahme der Nutzung über die letzten Jahre hinweg», sagt Mediensprecherin Maren Rimmer.
Wer bei der Grossbank ein Pensum von 100 Prozent hat, kann maximal zehn Tage kaufen. «Viele Mitarbeitende nutzen die Möglichkeit, das Maximum zu beziehen», sagt Rimmer. Dies sei ein Zeichen dafür, dass das Angebot geschätzt werde.
Keine Ferien-Limite gibt es bei der Laufschuhfirma On. Die Mitarbeitenden können in Absprache mit der Chefin oder dem Chef flexibel zusätzliche Urlaubstage nehmen.
«2024 haben On-Mitarbeitende durchschnittlich sieben zusätzliche flexible Ferientage genommen», sagt Mediensprecherin Karin Montani.
Der multinationale Konzern stellt fest, dass die Mitarbeitenden in der Schweiz und Deutschland am meisten flexible Urlaubstage in Anspruch nehmen. «Wir beobachten zudem in der Schweiz eine steigende Tendenz bei der Nutzung dieses Angebots», sagt Montani.
Job mit Ferienkauf als Bedingung
Die Unternehmen wollen mit den angebotenen Ferienkäufen Mitarbeitenden mehr Freiraum, Flexibilität oder Work-Life-Balance ermöglichen.
Daniela Landau ist Psychologin und spezialisiert auf Führungspsychologie, Stress- und Selbstmanagement.
Zunehmend hätten Angestellte Ferien zu ihrem Lebensmodell gemacht, sagt sie. «Sie nehmen nur noch Stellen unter der Bedingung an, dass sie Ferien kaufen können.»
Bei den einen Angestellten gehöre dies zum persönlichen Lifestyle. Andere sähen eine Notwendigkeit, mehr als die üblichen fünf Wochen Ferien zu haben.
«Hohe Ansprüche und Angst vor Jobverlust»
Die Psychologin führt dies auf den zunehmenden Stress und Druck bei der Arbeit zurück. «Sehr oft berate ich Mitarbeitende Anfang 30, die in eine Erschöpfungsdepression gekommen sind», sagt Landau.
Besonders Millennials stünden unter Druck. Zwischen 30 und 40 Jahren entscheide sich die Karriere- und Familienplanung.

«Wegen hohen Ansprüchen an sich selbst und Angst vor Jobverlust stehen sie zudem unter ständiger Anspannung.» Gleichzeitig beginne die körperliche Belastbarkeit abzunehmen. Dies erhöhe den Bedarf nach zusätzlichen Ferien.
Kritik an Arbeitstakt
«Es ist aber ein Irrglaube, dass mehr Ferien mehr Entspannung bringen», sagt Landau. Nach einer Woche sei der Erholungswert bereits wieder weg.
«Nachhaltig wäre, wenn der Arbeitsalltag mehr Erholungsphasen erlauben würde», sagt Landau. Der Mensch sei nicht dafür geschaffen, jeden Tag bis zu zehn Stunden am Stück Vollgas zu geben.