Hitze feuert Debatte um längere Sommerferien an
Schwitzend starten Schülerinnen und Schüler ins neue Schuljahr. Zur Diskussion stehen Anpassungen im Schulkalender.

Das Wichtigste in Kürze
- «In unseren Schulzimmern wird es bis zu 35 Grad heiss», klagt eine Zürcher Primarlehrerin.
- Im Tessin startet die Schule hingegen erst im September.
- Kantone sollten die Sommerferien verlängern können, sagt Mitte-Nationalrat Andreas Meier.
Unvergesslich heiss dürfte der erste Schultag dieses Jahr für viele Kinder sein. Bereits diese Woche hat in einigen Kantonen das neue Schuljahr begonnen. Viele weitere starten nächsten Montag.
Auch dann sind Temperaturen um die 30 Grad prognostiziert. Ähnlich heiss geht es bis Mitte Woche weiter.
«Zum Heulen» findet dies eine Zürcher Primarlehrerin. Diese Woche steht sie bereits täglich im Klassenzimmer, um den Schulstart vorzubereiten.
«In unseren Schulzimmern wird es bis zu 35 Grad heiss – es ist unerträglich», klagt sie. Ventilatoren und geschlossene Läden kühlten kaum. «So können sich die Kinder doch gar nicht konzentrieren.»
«Jetzt muss etwas passieren»
Auch kann sich die Lehrerin nicht vorstellen, den Unterricht nach draussen zu verlegen.
«Draussen ist es auch im Schatten heiss», sagt sie. Zudem könne sie dort weder Beamer noch Wandtafel nutzen. Ein Problem sei auch der Lärmpegel. «Wenn viele Klassen draussen sind, wird es irgendwann laut.»
Der Umgang mit Hitze in den Schulen ist für die Primarlehrerin unverständlich. «Jetzt muss etwas passieren», fordert sie.
Es brauche in Schulhäusern dringend Klimaanlagen. «Im Winter käme es auch niemandem in den Sinn, nicht zu heizen und die Schülerinnen und Schüler frieren zu lassen.»
Klappt es mit Klimaanlagen nicht, fordert die Lehrerin Anpassungen im Schulkalender. «Entweder gibt man an heissen Tagen hitzefrei oder verlängert die Sommerferien.»
Ferien von Juni bis Ende August
Die Tessiner Schülerinnen und Schüler können sich noch länger in der Badi abkühlen. Im Südkanton dauern die Sommerferien zehn Wochen. Sie starteten bereits Mitte Juni und dauern bis Ende August.
Dafür müssen sie sich mit nur einer Woche Herbstferien begnügen. Die Osterferien dauern sieben Tage statt zwei Wochen wie die Frühlingsferien in den anderen Kantonen.
Die erneute Hitzewelle heizt die Debatte um verlängerte Sommerferien an.
Kürzere Herbst- und Frühlingsferien?
Im Kanton Aargau drücken die Schülerinnen und Schüler bereits seit Anfang Woche wieder die Schulbank.
«Die Schulkinder taten mir leid», sagt die Aargauer SVP-Nationalrätin Stefanie Heimgartner.
Das alte Schuljahr habe mit einer Hitzewelle geendet und das neue mit einer weiteren Hitzewelle begonnen. «Und in den Ferien hatten sie wüstes Wetter.»

Der Aargauer Mitte-Nationalrat Andreas Meier plädiert für Anpassungen im Schulkalender. «Kantone, die der Meinung sind, dass es sehr heiss sei, sollen die Sommerferien verlängern», sagt er.
Wichtig sei aber, dass die Ausbildung gewährleistet sei, so der Bildungspolitiker. «Zum Beispiel könnte man die Herbst- und Frühlingsferien verkürzen oder ganz streichen.»
Erkältungen drohten
Verlängerten Sommerferien steht Stefanie Heimgartner skeptisch gegenüber. «Über längere Sommerferien auf Kosten anderer Ferien würden sich wohl nur wenige in den Kantonen freuen.»
Auch Klimaanlagen in Schulzimmern sieht die Bildungspolitikerin nicht überall als Option. Bei Neu- oder Umbauten solle sicher über diese Option nachgedacht werden. «Aber man muss auch bedenken, dass sich viele Leute erkälten, wenn die Klimaanlage dauernd läuft.»
Heimgartner selbst arbeitet in einem Büro, das im Sommer sehr heiss werden kann. Sie suche deshalb lieber nach alternativen Wegen, damit umzugehen.
Gegen die Hitze im Klassenzimmer böten sich andere Lösungen an. «Kühltücher, Ventilatoren, gute Lüftungsanlagen und Trinkpausen», schlägt sie vor.
Kinderbetreuung als Herausforderung
Greta Gysin ist Tessiner Nationalrätin der Grünen. Als Mutter dreier schulpflichtiger Kinder hat sie Erfahrungen mit zehnwöchigen Sommerferien.
«Ich verstehe gut, dass Unterricht bei grosser Hitze anstrengend ist – für Lehrpersonen wie für Schülerinnen und Schüler», sagt sie. Aber ob längere Ferien die richtige Antwort darauf sind, hält sie für fraglich.
«Gerade im Tessin stellen die langen Ferien bereits heute viele Familien vor grosse Herausforderungen – insbesondere bei der Kinderbetreuung.»
Was es jetzt wirklich brauche, seien keine verlängerten Ferien. «Sondern konsequente Massnahmen zur Bekämpfung und Anpassung an den Klimawandel.»
Das sagt die oberste Lehrerin
Offen für mehr unterrichtsfreie Zeit in der ärgsten Hitze zeigt sich auch die oberste Lehrerin.
Die Sommerferien fielen nicht immer genau in die Hitzeperiode, sagt Dagmar Rösler zu Nau.ch. Sie hält es daher für schwierig bis unmöglich, diese genau in die Hitzeperiode legen zu können.

«Aber darüber nachdenken schadet nicht», sagt die Präsidentin des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH). Die konkrete Umsetzung dieser Idee sei «sowieso eine Knacknuss».
Verschobenen oder verlängerten Sommerferien fielen die Herbstferien zum Opfer, sagt Rösler. «Die Herbstferien sind in der Schweiz bekanntlich bei den Familien sehr beliebt.» Schlussendlich müssten die Kantone darüber entscheiden.
Im Zentrum stehen laut Rösler aber die Kinder und Jugendlichen. «Wir wollen ja, dass sie in einem angenehmen Raumklima und unter erträglichen Temperaturen lernen können.»