Mehr Französisch: Sprachbarriere in Biel wird immer höher
In Biel bröckelt das einst selbstverständliche Nebeneinander von Deutsch und Französisch. Stadtpräsidentin Glenda Gonzalez Bassi sieht Chancen.

Das Wichtigste in Kürze
- Der Anteil französischsprachiger Bieler ist auf 44,4 Prozent gestiegen.
- Eine Historikerin warnt: Die Toleranz gegenüber der anderen Sprache nimmt ab.
Biel gilt seit jeher als Paradebeispiel für gelebte Zweisprachigkeit. Doch was einst als Selbstverständlichkeit galt – der mühelose Wechsel zwischen Deutsch und Französisch – ist heute aber längst keine Selbstverständlichkeit mehr.
Immer öfter begegnet man in der Stadt einer Sprachbarriere, die im Alltag spürbar wird.
Der Grund: Der Anteil französischsprachiger Menschen in Biel steigt seit Jahren kontinuierlich.
Mittlerweile machen sie 44,4 Prozent der Bevölkerung aus – vor zehn Jahren lag der Wert noch unter 40 Prozent.
Neue Romands bleiben unter sich
Viele der neuen Romands stammen aus Lausanne, Genf oder Neuenburg. Also Gegenden, in denen der Kontakt mit Deutsch selten ist. Die Integration in Biel erfolgt daher häufig in der eigenen Sprachgruppe.

Stadtpräsidentin Glenda Gonzalez Bassi, selbst frankophon, sieht die Entwicklung laut «SRF» jedoch positiv: «Die Eltern aus den welschen Kantonen wollen, dass ihre Kinder zweisprachig aufwachsen, und das ist in Biel möglich. Die Menschen integrieren sich, sind in Vereinen aktiv und engagieren sich im Kulturbereich.»
Gleichzeitig räumt sie ein: «Die Welschen, die neu in Biel sind, leben eher neben den Deutschschweizern, die Alteingesessenen leben eher miteinander.»
Zweisprachigkeit wird nicht mehr als Chance gesehen
Historikerin Margrit Wick beobachtet seit 40 Jahren das sprachliche Klima in der Stadt.
Gegenüber «SRF» fasst sie zusammen: «Die Toleranz der anderen Sprache gegenüber hat abgenommen. Viele Welsche können nicht mehr Deutsch sprechen, und sie wollen auch gar nicht. Sie sehen die Zweisprachigkeit nicht mehr als Chance an.»
Die Zweisprachigkeit droht damit zur reinen Fassade zu werden. Damit Biel nicht in sprachliche Parallelwelten abgleitet, brauche es laut Gonzalez Bassi «von beiden Seiten einen Effort».
Der Bilinguismus muss im Alltag wieder erlebbar gemacht werden – durch Begegnung, Verständnis und echte Offenheit füreinander.