«Manon Lescaut»: Puccini-Oper als «Horrorshow»? Das sagt Bühnen Bern
Kürzlich feiert «Manon Lescaut» im Stadttheater Premiere. Das Medienecho ist niederschmetternd. Bühnen Bern steht jedoch zu der Inszenierung.

Das Wichtigste in Kürze
- Vor kurzem fand die Premiere von «Manon Lescaut» im Berner Stadttheater statt.
- In den Medien rief die Inszenierung der Puccini-Oper scharfe Kritik hervor.
- Auch soll es einige Buhrufe gegeben haben.
- Bühnen Bern sieht das Ganze nicht so negativ.
Es sind bizarre Szenen, die sich am letzten Wochenende im Stadttheater Bern abgespielt haben müssen. Diesen Eindruck bekommt man als Aussenstehender – zumindest bei einem Blick auf die Kritiken aus den Medien.
Das Gezeigte sei eine «geschmacklose Horrorshow», titelte etwa die «Plattform J». Wenig schmeichelhafter resümiert «Der Bund»: «Es ist einfach zu viel von allem – und zu viel des Schlechten.»
Doch der Reihe nach: Am 20. September präsentierte Bühnen Bern die Premiere der eigenen Inszenierung von «Manon Lescaut». Regie führt die Deutsche Anna Bergmann.

Bei dem Werk handelt es sich um die dritte Oper aus der Feder von Giacomo Puccini. Erstmals wurde sie in Turin 1893 aufgeführt.
Wie Bühnen Bern selbst auf seiner Webseite schreibt, erzählt «Manon Lescaut» eine tragische Liebesgeschichte. Die beiden Protagonisten Manon und Des Grieux «lieben sich leidenschaftlich».
Ein gemeinsames Glücklichwerden ist den beiden dabei jedoch nicht vergönnt. Am Ende bleibt ihnen nur der Tod.

Doch genau diese Premiere sorgte nun für grosses Aufsehen. Puccinis Werk sei zu einer «explosiven und gewaltgeladenen Schauermär» verkommen, so die «Plattform J».
Es komme zu einer Vergewaltigungsszene, die «besonders verstörend» sei. Ebenso werde «dem ohnehin schon entsetzten Premierenpublikum» die Hinrichtung einer Frau mit Strick zugemutet. «Der Bund» spricht von «seltsamen Sexritualen».
Am Ende soll es für die Regie dann auch noch einige Buhrufe gegeben haben.
«Es ist die weibliche Erfahrung struktureller Gewalt»
Bei Bühnen Bern sieht man das alles nicht ganz so negativ. Auf Anfrage vom BärnerBär teilt Sprecher Leonard Palm mit: «Die Publikumsreaktionen der Premiere waren zum Teil überwältigend positiv, gemischt mit Buhrufen.»

Sowohl jüngere als auch erfahrene Besuchende hätte die «futuristische Ästhetik» angesprochen. Ebenso hätten sie die Setzung sehr spannend gefunden.
Zur Rezeption des Stücks schreibt Palm ebenso: «Es ist eine Oper, die thematisiert, was geschieht, wenn Frauen auf ihren Körper reduziert werden. Es ist die weibliche Erfahrung struktureller Gewalt.»
Dies liefere der Text. Puccinis Musik verwandle die Geschichte dann in einen «emotionalen Aufschrei» nach Leben.
Bühnen Bern steht zu der Produktion in ihrer jetzigen Form, stellt Sprecher Palm klar.
«Alle kulturkämpferischen Polarisierungen lehnt Bühnen Bern explizit ab.» Die Aufführung wolle ein Zeichen setzen für die Hoffnung, dass ein selbstbestimmtes Leben möglich sein müsse, «ganz im Sinne Puccinis».
Bis Ende Dezember wird «Manon Lescaut» noch im Berner Stadttheater inszeniert. Am Silvestertag findet die letzte Vorstellung statt.