«Man sollte in allen Supermärkten Taschenkontrollen machen»
Der Discounter Denner warnt vor Taschenkontrollen. Eine Konsumentenvertreterin fordert, dass solche Kontrollen auch bei Migros und Coop zum Alltag werden.

Das Wichtigste in Kürze
- Bereits am Eingang macht Denner in neuen Filialen auf Stichproben aufmerksam.
- Die Präsidentin des Konsumentenforums fordert Taschenkontrollen in allen Supermärkten.
- Die Migros überprüft ihre Sicherheitsmassnahmen regelmässig.
Langfinger sollen schon vor dem Laden den Mut verlieren. «Stichproben!», warnt ein Schild an der Tür der Filiale des Discounters Denner in Feldmeilen ZH (Goldküste).
«Bitte gewähren Sie unserem Kassenpersonal jederzeit Einblick in Ihre Einkaufstasche, Ihren Rucksack usw.», steht weiter.
In den meisten Denner-Filialen hängt die Warnung hingegen seit vielen Jahren direkt neben der Kasse. «Taschenkontrolle!», steht auf den rot eingerahmten Schildern.
Denner revitalisiere derzeit sein Filialnetz, sagt Denner-Mediensprecher Thomas Kaderli auf Anfrage. «Bei Standorten, die bereits umgebaut sind, ist der Hinweise unterhalb der Öffnungszeiten an der Eingangstüre zu finden.» Bei noch nicht umgebauten Standorten sei dieser im Kassenbereich angebracht.
200 Franken Umtriebsentschädigung
Taschenkontrollen können laut Kaderli in jeder Filiale durchgeführt werden. «Entweder in Form einer Stichprobe oder bei einem konkreten Verdachtsmoment», sagt er.
Kommen bei Taschenkontrollen geklaute Produkte zum Vorschein, müssen die Langfinger nicht nur die Produkte bezahlen. Auch droht eine Umtriebsentschädigung von 200 Franken.
Möglich ist, dass es zu einem Ladenverbot kommt. «Dies ist abhängig vom Einzelfall und wird situativ entschieden», sagt der Denner-Mediensprecher. Bei Bedarf zögen die Mitarbeitenden die Polizei hinzu.
Tausende Ladendiebstähle pro Jahr
Taschenkontrollen seien Teil einer umfassenden Diebstahlprävention, sagt Kaderli. «In der Tendenz nehmen die erfassten Fälle in den letzten Jahren in der ganzen Schweiz zu.»
Die Zahlen in den Kriminalstatistiken bestätigen den Trend. Der Kanton Zürich registriert zwischen 2023 und 2024 über zehn Prozent mehr Ladendiebstähle. Im Kanton Bern beträgt die Zunahme knapp zehn Prozent. In den beiden Jahren sind es jeweils rund 5000 Ladendiebstähle.
Im Kanton Aargau hat die Zahl der rund 1500 registrierten Ladendiebstähle zwischen 2024 und 2023 leicht abgenommen. Im Vergleich zu den Vorjahren ist es seit 2019 aber auch ein Rekordwert.
Jugendliche klauten Markenkleider
Die Langfinger entwenden laut der Kantonspolizei Aargau aus Geldnot in Geschäften an Bahnhöfen Esswaren und andere Bedarfsartikel. Dies sagt Bernhard Graser, Mediensprecher der Kantonspolizei Aargau. Andere Beschuldigte «bedienen sich einfach dreist», sagt er. Dazu kommen laut Gaser Jugendliche, die in Modegeschäften Markenkleider stehlen.
Gruppen etwa aus Georgien oder Rumänen, die quer durch die Schweiz auf Diebestour gehen, beschäftigen die Polizei auch.
«Dabei transportieren sie gezielt Artikel wie Rasierklingen, Spirituosen oder Elektronik ab», sagt Bernhard Graser. Diese Artikel machten sie im Ausland auf dem Schwarzmarkt zu Geld. «In aller Regel sprechen wir dabei von Deliktsbeträgen von mehreren hundert Franken pro Diebstahl.»
«Im Zug zeigt man auch das Billett»
Die Präsidentin des Konsumentenforums, Babette Sigg Frank, begrüsst es, wenn das Personal Einkaufstaschen kontrolliert.
Sie findet sogar: «Man sollte in allen Supermärkten Taschenkontrollen machen». Taschenkontrollen seien absolut vertretbar. Auch wegen der Ladendiebstähle stiegen die Preise. «Die ehrlichen Konsumenten habe die Nase voll, die Ladendiebstähle mitfinanzieren zu müssen.»

Sigg hält dies auch für notwendig, weil sie feststellt, dass Diebstähle kein Tabu mehr sind. «In manchen Internetforen stehen User bereitwillig dazu, ‹öpe die› was mitgehen zu lassen.»
Doch können Taschenkontrollen ehrlichen Kundinnen und Kunden die Lust am Einkaufen im Laden nehmen? Babette Sigg Frank verneint. «Im Zug zeigt man auch das Billett.» Zudem sei es zum Beispiel in ländlichen Gebieten in Italien seit jeher selbstverständlich, dass die Kassierin in die Taschen schaue.
So gehen Coop und Migros vor
Die Self-Checkout-Kassen der Grossverteiler lösen automatische Stichprobenkontrollen aus. Vor Taschenkontrollen warnen Coop und Migros aber nicht. «Taschenkontrollen sind unter anderem bei dringendem Tatverdacht möglich», heisst es bei Coop.
Die Migros meldet, dass die überwiegende Mehrheit ihrer Kundschaft ehrlich sei und sich vorbildlich verhalte. «Die Migros setzt auf präventive Massnahmen», sagt Mediensprecherin Sarah Reusser.
Als Beispiel nennt sie gut geschultes Personal, Überwachungssysteme und klare Kommunikation. Dies, um Diebstähle zu minimieren, ohne dabei das Einkaufserlebnis zu beeinträchtigen.
«Die Migros überprüft regelmässig die Sicherheitsmassnahmen in ihren Filialen, zu denen auch Taschenkontrollen zählen können», sagt Reusser. Aktuell seien national keine Änderungen an der gängigen Praxis geplant. In den Genossenschaften können jedoch unterschiedliche Sicherheitsansätze bestehen, die jeweils bestmöglich an die konkrete Situation vor Ort angepasst seien.