Am runden Tisch wurden neun umstrittene Wasserkraft-Projekte diskutiert. Dies geht aus einem bisher geheimen Dokument hervor, das der «NZZ am Sonntag» vorliegt.
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Wasser schiesst aus dem Auslass eines Wasserkraftwerks. - Lino Mirgeler/dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Eine geheime Liste zeigt umstrittene Wasserkraft-Projekte, die 2021 thematisiert wurden.
  • Umweltschützer sind über die Ideen verärgert und bezeichnen sie als «verfassungswidrig».
  • Beispielsweise stand eine Staumauer im geschützten Rosegtal zur Diskussion.

Im Dezember 2021 einigten sich Umweltschutzverbände, Energieverbände und Kantone darauf, 15 neue Wasserkraftprojekte voranzutreiben. Zuvor herrschte diesbezüglich jahrelang eine Blockade.

Simonetta Sommaruga, die damalige Energieministerin, bezeichnete die Einigung als «Meilenstein». Der sogenannte runde Tisch zur Wasserkraft formulierte das Ziel: zwei Terawattstunden Strom bis im Jahr 2040.

Zu diesen Wasserkraft-Projekten gehörten unter anderem auch solche, die aus Umweltgründen umstritten sind. Bisher war jedoch nicht bekannt, dass in der Begleitgruppe zum runden Tisch noch viel umstrittenere Projekte diskutiert wurden.

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Blick auf die Baustelle der Axpo und Kraftwerke Sarganserland an der Gigerwald-Stauseemaue in Vättis. - keystone

Dank des Öffentlichkeitsgesetzes hat die «NZZ am Sonntag» vom Bundesamt für Energie (BfE) ein internes Dokument erhalten. Dies behandelt umstrittene Energieprojekte, welche beim runden Tisch besprochen worden sind.

Dazu gehören neun Staumauern und Speicherseen, die zurzeit nicht mit dem Energiegesetz und Umweltschutz kompatibel sind.

Projekte am Rhonegletscher und im Rosegtal

Eines der Projekte sollte am Fuss des Rhonegletschers stattfinden. Dort bildete sich aufgrund der Gletscherschmelze ein See. Im Wallis kursiert schon seit längerer Zeit die Idee, diesen für die Wasserkraft zu nutzen.

Das ganze Gebiet des Gletschers mit dem See und dem Vorfeld liegt im Schutzgebiet «Rhonegletscher mit Vorgelände». Dieses ist Teil des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler (BLN).

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Der See am Fuss des Rhonegletschers entstand aufgrund der Gletscherschmelze. - keystone

Die Idee für ein weiteres Projekt entstand durch eine ETH-Studie. Sie zeigte auf, dass das Gletschervorfeld Lej da Vadret im Rosegtal einer der vielversprechendsten Standorte für ein Wasserkraftwerk sei.

In diesem Gebiet darf jedoch nicht gebaut werden, da das Val Roseg ein Biotop von nationaler Bedeutung ist. Der Bund dementierte kürzlich in der «Engadiner Post», dass das Projekt Roseggletscher am runden Tisch besprochen worden sei.

Umweltschützer kritisieren Projekte

Gegenüber der «NZZ am Sonntag» bestätigte jetzt aber Andreas Stettler, dass die neun Projekte thematisiert worden sind. Der Geschäftsführer des Schweizerischen Wasserwirtschafts-Verbands relativierte das Ganze jedoch. «Da die Projekte im Konflikt mit dem geltenden Energiegesetz stehen, wurden diese Diskussionen nicht vertieft.»

Waren Sie schonmal auf einer Staumauer?

Raimund Rodewald von der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (SLS) sprach mit der Sonntagszeitung, nachdem er von der Liste erfahren hatte. «Wasserkraft-Projekte an diesen neun Standorten zu realisieren, wäre verfassungswidrig.»

Bei solchen Projekten gehe es nur um private und wirtschaftliche Interessen. Denn mit öffentlichem Interesse könne hier nicht argumentiert werden. Dies, weil die Moorlandschaften sehr wertvoll für den Klimaschutz sind. Sie speichern Wasser und CO2.

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