Latein verschwindet langsam aus Zürcher Untergymnasien
Immer weniger Zürcher Gymnasiasten wählen Latein als Schwerpunktfach. Jetzt reagiert der Kanton.

Das Wichtigste in Kürze
- Zürcher Gymnasiasten verlieren zunehmend das Interesse an Latein.
- Neue Fächer hingegen werden zunehmend wichtiger.
- Der Kanton Zürich denkt über eine Änderung des Schulplans nach.
Vor 20 Jahren wählten noch rund die Hälfte der Zürcher Langzeit-Gymnasiasten Latein als Schwerpunktfach. Heute sind es gerade einmal 12,4 Prozent. Obwohl Latein in den ersten zwei Jahren Pflicht ist, will die Mehrheit ab der dritten Klasse nichts mehr von der alten Sprache wissen.
«Die Lateinerfordernis an den Universitäten wurde ganz oder weitgehend abgeschafft», sagt der ehemalige Lateinlehrer Theo Wirt zum «Tages-Anzeiger». Zudem habe sich die soziodemografische Zusammensetzung der Mittelschulklassen verändert. So würden auch Jugendliche aus Gesellschaftsschichten, die von Haus aus weniger Affinität zu Latein hätten, eine Kantonsschule besuchen.
Medien und Informatik wichtiger als Latein
Dennoch möchte der Kanton Zürich am Lateinobligatorium an den Untergymnasien festhalten. «Der Lateinunterricht fördert das Verständnis für sprachliche Strukturen und die Wurzeln der abendländischen Kultur», so Niklaus Schatzmann, Chef des Zürcher Mittelschul- und Berufsbildungsamtes, gegenüber der Zeitung.
Laut Schatzmann sei der Stundenplan der Untergymnasien aber zu sprachenlastig. Ziehen Kantonsschulen mit dem Lehrplan 21 nicht mit, geraten die Langzeit-Gymnasiasten in der dritten Klasse gegenüber Sekundarschülern ins Hintertreffen. Der Lehrplan 21 umfasst neu nämlich die Fächer Medien und Informatik sowie Religionen, Kulturen und Ethik. Wo diese Stunden kompensiert werden, scheint klar: im Latein.
Umsetzung der neuen Reform eilt nicht
Ein Beispiel dafür könnte die neu eröffnete Kantonsschule Uetikon am See ZH sein. Die Schüler der ersten beiden Klassen besuchen schon heute nur drei statt üblicherweise fünf Lektionen Latein.
Die Schulen seien bereits stark belastet, sage Schatzmann. Bei der Einführung einer neuen Reform dürfe man also nichts überstürzen. Bei der Entscheidung werde sowohl auf das Wohl der Schüler als auch auf jenes der Lehrerschaft geachtet. Je langsamer das Latein aus den Untergymnasien verschwindet, desto erträglicher ist die Reform für die Lateinlehrer.