Kein unmittelbarer Handlungsbedarf in Kandersteg am Spitzen Stein
Auch im Doldenhorngebiet oberhalb von Kandersteg BE bewegen sich am Spitzen Stein seit Längerem grössere Felspakete. Experten warnen vor möglichen Gefahren.

Auch im Doldenhorngebiet oberhalb von Kandersteg BE sind am Spitzen Stein seit geraumer Zeit grössere Felspakete in Bewegung. Das Gebiet wird überwacht. Nach dem Bergsturz in Blatten bestehe in Kandersteg kein unmittelbarer Handlungsbedarf, sagte der Berner Naturgefahrenexperte Nils Hählen.
Die bestehende Überwachung stelle sicher, dass die gefährdeten Gebiete bei einem sich abzeichnenden Abbruch rechtzeitig geräumt werden können, schrieb Nils Hählen, Leiter der Abteilung Naturgefahren beim Kanton Bern auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
«Mit grosser Betroffenheit haben wir die bisherigen Ereignisse in Blatten verfolgt und werden dies auch weiter tun», führte Hählen aus. Tatsächlich sei es aber noch zu früh, um einen fundierten Vergleich zwischen den zwei Fällen, Spitzer Stein und Blatten zu ziehen.
Analyse laufender Prozesse
Von den Ereignissen im Lötschental seien erst wenige Informationen verfügbar, die für eine Beurteilung solcher Gefahrenprozesse wichtig seien. Auf den ersten Blick sieht Hählen Parallelen zwischen den zwei Fällen, aber auch Unterschiede. Er und sein Team seien daran zu analysieren, ob und wenn ja, welche Erkenntnisse aus dem Ereignis im Lötschental für die Situation in Kandersteg übernommen werden müssten.
Der Spitze Stein ist ein Felsgebiet im Doldenhorngebiet südlich des Oeschinensees. Seit 2018 sind mehrere Millionen Kubikmeter Fels verstärkt in Bewegung. Es kommt immer wieder zu Felsabbrüchen.
Anders als in Blatten liegt das Rutschgebiet nicht über einem Gletscher und auch nicht über einem Siedlungsgebiet. Geologen gehen davon aus, dass der Berg nach und nach in kleineren Paketen herunterkommt. Im schlimmsten Fall könnten aber rund 18 Millionen Kubikmeter auf einmal abbrechen.
Mögliche Katastrophen-Szenarien
Die Gesteinsmassen könnten den Oeschinensee zum Auslaufen bringen, es drohten Murgänge, die bis Kandersteg gehen könnten. Ähnlich wie in Blatten könnte bei sehr grossen Abbrüchen auch der Oeschibach gestaut werden.
Solche Szenarien hat man in Kandersteg bereits durchgerechnet. Sie wären laut Hählen aber nur zu erwarten, wenn mindestens viele Millionen Kubikmeter Geröll herunterkommen. Der Spitze Stein wird seit Jahren rund um die Uhr überwacht.
Kanton und Gemeinde haben in den letzten Jahren auch Schutzmassnahmen für rund elf Millionen Franken realisiert, darunter etwa Dämme am Oeschibach, Murgangnetze oder Sperren. Weiter Massnahmen sind angedacht.
Debatte um Sicherheitszonen
Seit längerem ist das potenzielle Sturzgebiet für Wanderer und Berggänger gesperrt.
2022 wurde eine Planungszone über das gefährdete Gebiet in Kandersteg erlassen. Unterschieden werden Zonen mit geringer, mittlerer und erheblicher Gefährdung.
Dort gelten abgestuft temporäre Massnahmen, namentlich Einschränkungen für das Bauen. Über die Frage, welche Zonen dereinst in einer Gefahrenkarte dauerhaft festgeschrieben werden sollen, wurde im Dorf, das vom Tourismus lebt, jüngst kontrovers diskutiert.