Auch Uhren und Schmuck wurden in der Corona-Krise vermehrt online gekauft. Nach der Öffnung der Geschäfte kaufen die Menschen jedoch wieder dort ein.
Uhrenindustrie
Ein Schweizer Uhrmacher. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Auch teure Uhren und Schmuck erlebten in der Corona-Krise einen Onlineboom.
  • Nun kaufen die Menschen vermehrt wieder in den Läden ein.

Nicht nur Schuhe, Kleider oder Möbel sind in Corona-Zeiten im Internet rege bestellt worden, sondern auch teure Uhren und Schmuck erlebten einen Onlineboom. Nun da die Shops ihre Türen wieder öffnen dürfen, kaufen die Liebhaber dieser luxuriösen Produkte wieder vermehrt in den Geschäften an der Zürcher Bahnhofstrasse oder am Schwanenplatz in Luzern ein. Das Internet bleibt aber als Informationsquelle beliebt.

«Seit der schrittweisen Wiedereröffnung der Geschäfte in Europa kommen die Kunden wieder vermehrt zurück in die Läden.» Dies sagte Jörg Baumann, Marketingleiter des Uhren- und Schmuckhändlers Bucherer, im Gespräch mit AWP. Bucherer betreibt an stark frequentierten Standorten in Städten Europas insgesamt 36 Boutiquen.

Die Webseiten nutzen die Bucherer-Kunden laut Baumann nun wieder vermehrt dazu, um sich über Produktneuheiten zu informieren. Und das Internet gebe der Gruppe die Gelegenheit, mit ihren Kunden in Kontakt zu treten.

Menschen schmökern im Internet, kaufen im Laden

«Der Ropo-Effekt ist ein sehr wichtiger Faktor bei Luxusgütern», sagte Raphael Gübelin, Präsident des gleichnamigen Uhren- und Schmuckverkäufers. Ropo, das bedeutet soviel wie Research Online und Purchase Offline. Der Kunde schmöckert im Internet, das Schmuckstück oder die Uhr kauft er dann aber im Laden.

Viele Kunden würden vor dem Kauf online recherchieren, fuhr Gübelin fort. Am Ende seien die persönliche Beratung und die Dienstleistungen vor Ort in den Shops für viele aber nach wie vor von grosser Bedeutung. Auch Gübelin beobachtet seit der Wiedereröffnung der Geschäfte eine Verlangsamung des Verkaufs seiner Produkte über das Internet.

Schätzungen zufolge machen die Onlineverkäufe im gesamten Luxusgütersektor rund 10 Prozent des weltweiten Umsatzes aus. Bei den Uhrenverkäufen liegt dieser Anteil laut der Bank Vontobel sogar nur bei rund 2 Prozent. In Ländern wie China, den Vereinigten Staaten oder Grossbritannien ist der Verkauf von Luxusgütern übers Internet weiter als in der Schweiz.

Jörg Baumann ist aber davon überzeugt, dass der Onlinekanal dem Unternehmen und der gesamten Branche Wachstumspotenzial bietet. Wie viel die Onlineverkäufe bereits heute am gesamten Umsatz der Bucherer-Gruppe ausmachen, weisen die Luzerner nicht aus.

Verkäufer erweitern Angebot im Internet

Die von den Regierungen auferlegten Schliessungen der Geschäfte, insbesondere in Europa und den Vereinigten Staaten, haben während der Krise dazu geführt, dass Uhren- und Schmuckliebhaber vermehrt auf das Internet ausgewichen sind und die teuren Produkte online einkauften.

Das haben Verkäufer wie Bucherer, Gübelin oder auch der britische Anbieter Watches of Switzerland erkannt. Sie erweiterten ihr Produkt- und Dienstleistungsangebot im Netz, um so den Kunden den Sprung vom analogen ins digitale Geschäft zu erleichern. «Auch bestimmte Produkte wie zertifizierte Gebrauchtuhren sind vermehrt online nachgefragt worden», bemerkte Bucherer-Marketingchef Baumann.

«Schmuck und Uhren im Wert von bis zu 10'000 Franken sind auf den Onlinekanälen am gefragtesten», sagte Gübelin. Seit Beginn der Massnahmen seien im Netz sogar Bestellungen von Artikeln im Wert von bis zu 100'000 Franken möglich.

Die Gübelin-Gruppe, die unter anderem auch für den Verkauf von ausgefallenen Schmuckstücken mit Edelsteinen bekannt ist, hat in seinem seit 2017 existierenden Onlineshop während der Krise extra neuen Schmuck ins virtuelle Sortiment aufgenommen.

Watches of Switzerlad verzeichnet Anstieg der Onlineverkäufe

Bei Watches of Switzerland haben sich die Investitionen ins Onlinegeschäft ausbezahlt. Im Zuge der durch die Behörden zahlreicher Länder verordneten Landenschliessungen verzeichnete die zu den weltweit führenden Uhrenverkäufer zählende Gruppe von Mitte März bis Ende April einen kräftigen Anstieg der Onlineverkäufe um beinahe 46 Prozent. Dabei habe man auch eine Reihe neuer Kunden dazugewonnen, hiess es.

Die Briten bieten neu im Internet Marken an, die vorher nur in den stationären Geschäften zu haben waren. Die Uhren von Panerai, einer Marke der in Genf ansässigen Richemont-Gruppe, «machen sich sehr gut», sagte Geschäftsführer Brian Duffy. Und auch die Uhren weitere Richemont-Maisons wie Jaeger-LeCoultre oder Vacheron Constantin seien nun im Internet erhältlich. Dagegen haben es die Uhren von Rolex, mit welchen Watches of Switzerland rund die Hälfte des Umsatzes erzielt, noch nicht ins Onlinesortiment der Briten geschafft.

Der digitale Boom während der Schliessung von Uhren- und Schmuckgeschäften kann allerdings die Umsatzeinbrüche in den Boutiquen nur teilweise kompensieren: Wie eine Studie der Firma Bain & Company zeigt, muss im laufenden Jahr im gesamten weltweiten Luxusgütermarkt mit einem Umsatzrückgang von 20 bis 35 Prozent gerechnet werden.

Die Schweizer Uhrenexporte, ein Schlüsselindikator für die Branche, dürften derweil gemäss den Schätzungen der Bank Vontobel in diesem Jahr um 25 Prozent schrumpfen. Damit werde die Schweizer Uhrenindustrie den stärksten Rückgang der letzten 50 Jahre erleben, heisst es in einem Kommentar der Zürcher Bank.

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