Job Tinder – für weniger Verkehr auf den Strassen
Das Wichtigste in Kürze
- In der Schweiz pendeln rund vier Millionen Angestellte täglich zur Arbeit.
- Eine neue Plattform will Arbeitnehmer mit gleichem Jobprofil vernetzen.
- Umwelt und (psychischer) Gesundheit zu liebe können sie dort ihren Job tauschen.
- Unia, Arbeitgeber- und nehmerverbände hoffen, damit den Arbeitskräftemangel auszugleichen.
Wenig Zeit, wenig Platz, lange Wege: Pendeln ist für viele eine leidige Sache. Wie schön wäre es doch, in Fahrraddistanz vom Wohnort zu arbeiten. Statt der Stunden im Zug, bliebe dann plötzlich Zeit für Sport, neue Projekte und alte Hobbies.
Wer über die Autobahn braust oder durch den Bahnhof pflügt, wird gewahr: Der Pendlerstrom geht in beide Richtungen.
Könnte es also sein, dass jemand mit dem gleichen Job und gleichen Pendler-Frust Tag für Tag genau den gleichen Weg tut – bloss in entgegengesetzte Richtung?
Eine Plattform wie Tinder, bloss für den Job-Tausch
Was, wenn man diese Person finden – und mit ihr den Job tauschen könnte? Das haben sich zwei Solothurner gefragt. Und die kostenlose Plattform «tausche-job.ch» gegründet.
Arbeitnehmer sollen damit Lebensqualität gewinnen. Arbeitgeber motiviertere Angestellte beschäftigen. Und auch der Umwelt täte weniger Verkehr wohler. Ganz so einfach ist es aber nicht.
«Ein Arbeitnehmender ist gesetzlich verpflichtet, seine Arbeitsleistung persönlich zu erbringen. Er kann seinen nicht einfach so auf eine andere Person übertragen», erklären Virginie Jaquet und Caroline Hasler vom Arbeitnehmerverband.
Ein Jobwechsel bringe mehr mit sich, als nur den neuen Arbeitsort. Dazu gehören «eine neue Pensionskasse, andere Entlohnung, ein teilweise anderes Aufgabenheft».
Jobwechsel kann negative Folgen haben
Selbst wenn der Arbeitsort nun direkt neben dem heimischen Gärtchen liegt, könnte sich der Wechsel also negativ auf das Leben des Angestellten auswirken. Jaquet und Hasler loben darum zwar die Idee der Plattform, mahnen Tauschwillige aber, sich umfassend zu informieren.
Auch die Unia findet grundsätzlich: Was dem Angestellten nützt, kann nicht verkehrt sein. «Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass Pendeln auf die psychische Gesundheit schlagen kann. Deshalb begrüsst es die Unia, wenn eine Plattform den Arbeitnehmenden dabei hilft, ihren Arbeitsweg zu verkürzen.»
Das mache «auch aus klimapolitischer Perspektive Sinn», so Unia-Sprecherin Silja Kohler. Allerdings sei es wichtig, den Arbeitgeber mitreden zu lassen.
Arbeitskräftemangel bekämpfen
Dem pflichtet Simon Wey, Chefökonom des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, bei. Bei einem Anstellungsverhältnis gehe es nicht nur um «die handwerklichen und sozialen Fähigkeiten eines Mitarbeiters».
Sondern auch, um «die Unternehmens- und Projektkenntnis oder die Komplexität der «abzutauschenden» Tätigkeit». Mit anderen Worten: So einfach ist es nicht. Ohne das Okay beider Chefs kann ein Tausch so oder so nicht stattfinden.
Allerdings – ganz abgeneigt zeigt sich der Arbeitgeberverband nicht. Das «Job-Tinder» könnte nämlich helfen, den anstehenden Arbeitskräftemangel auszubügeln. «Es ist damit zu rechnen, dass innert zehn Jahren rund eine halbe Million Vollzeitstellen nicht mehr besetzt werden können», so Wey.