In einem Gefängnis in der Waadt treffen jugendliche Straftäter auf ihre Opfer. Damit soll den Opfern geholfen werden.
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Philip Curty, Direktor des Jugendgefängnisses Léchaires, Strafvollzugschefin Sylvie Bula und die Justizdirektorin der Waadt Beatrice Métraux (von links), wollen im Strafvollzug neue Wege ausprobieren. (Archivbild) - sda - Keystone/JEAN-CHRISTOPHE BOTT
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Waadt lanciert ein neues Pilotprojekt.
  • Straftäter sollen auf ihre Opfer treffen.
  • Damit soll den Straftätern Verantwortung vergegenwärtigt werden.

Im Jugendgefängnis Les Léchaires in Palézieux VD in der Waadt werden künftig Opfer und Täter von Verbrechen zusammengebracht. Die Konfrontation soll den Verbrechern ihre Verantwortung vergegenwärtigen. Opfern soll geholfen werden, das ihnen zugestossene Leid verarbeiten zu können.

Die sogenannte Restaurative Justiz ist in der Schweiz noch weitgehend Neuland. Als Pionierin auf diesem Gebiet gilt die Strafvollzuganstalt Lenzburg AG. Nun wird dieser Ansatz erstmals auch in der französischsprachigen Schweiz angewendet.

Pilotprojekt wird von der Waadt in diesem Herbst lanciert

Der Kanton Waadt lanciert in diesem Herbst ein Pilotprojekt zur Wiederherstellung der Gerechtigkeit mit jungen Erwachsenen. Der Austausch zwischen Opfer und Täter findet auf freiwilliger Basis statt.

Diese Plattform bringe Täter mit Opfern ähnlicher Vergehen zusammen und nicht mit ihren direkten Opfern. Dies sagte Sylvie Bula, Leiterin der Dienststelle für Gefängnisdienste des Kantons Waadt, am Donnerstag vor den Medien in Lausanne. «Dieses Pilotprojekt basiert auf dem, was im Ausland, aber auch im Gefängnis Lenzburg praktiziert wird», erklärte sie.

Wie in Lenzburg arbeitet der Kanton Waadt mit dem Schweizer Forum für Restaurative Justiz zusammen. Die Organisation wird für die Anhörung von Tätern und Opfern zuständig sein. Es werden Gruppen von zwei bis sechs Gefangenen und eine vergleichbare Anzahl von Opfern gebildet. Unter der Aufsicht von Fachleuten werden sie sich achtmal während zwei Stunden pro Woche treffen.

Rückfälle vermeiden

Ziel ist es, dass diese jungen Menschen nicht in eine kriminelle Spirale geraten. Die Waadtländer Justizdirektorin Beatrice Métraux räumte ein, dass die Auswirkungen der opferorientierten Justiz nicht wissenschaftlich belegt seien. Studien sprächen jedoch von einer Senkung der Rückfallquote um 7 bis 10 Prozent.

«Tätern fehlt oft das Bewusstsein für die Folgen ihrer Handlungen auf ihr Opfer. Das Projekt soll ihnen helfen, sich bewusst zu werden, dass es Menschen gibt, die immer noch leiden», sagte Bula. Auf der anderen Seite ermöglicht die Begegnung den Opfern, dass sie gehört und anerkannt werden.

Die Teilnahme an diesen Gruppengesprächen hat keinen Einfluss auf die Strafvollstreckung. «Die Täter können auf keinen Fall mit einer Reduzierung der Strafe rechnen», sagte Métraux. Das Projekt richtet sich vor allem an Täter und Opfer von Vergehen wie Raub, Körperverletzung oder Einbruch. Eine erste Bilanz zum Projekt wollen die Behörden im ersten Quartal 2020 ziehen.

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