Alte Menschen kurbeln die Gesundheitskosten an, heisst es. Doch tatsächlich ist das Wachstum der Kosten bei Kindern und jungen Erwachsenen am grössten.
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Eine Rezeptionistin in einer Arztpraxis. (Symbolbild) - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Gesundheitskosten der über 65-Jährigen betragen seit Langem 44 Prozent.
  • Stark zugenommen haben hingegen die Kosten der 6- bis 30-Jährigen.
  • Die Krankenkasse CSS bestätigt: Der grösste Anstieg sei bei den Jungen zu verzeichnen.
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Gesundheitspolitiker machen die Überalterung für den Anstieg der Krankenkassenprämien verantwortlich. Laut Daten des Bundesamts für Statistik (BFS) machen die Gesundheitskosten der über 65-Jährigen jedoch nur 44 Prozent aus. Dieser Prozentsatz ist seit 2011 unverändert geblieben, wie die «Sonntagszeitung» schreibt.

Die Daten beziehen sich auf alle Kosten des Gesundheitswesens – von Arztbesuchen über Spitalaufenthalte bis hin zu Medikamenten und Pflegeleistungen. Es sind also nicht nur Kosten, welche durch die Grundversicherung gedeckt werden und somit Einfluss auf unsere Prämien haben.

Könnten es tatsächlich die Gesundheitskosten der jüngeren Generation sein, welche uns Sorgen bereiten sollten? Diese Frage stellt sich Jérôme Cosandey von Avenir Suisse. Zuerst einmal mag dies unwahrscheinlich erscheinen, denn ihre Kosten pro Person sind deutlich niedriger als bei älteren Menschen. Doch wenn man das Wachstum dieser Kosten betrachtet, ergibt sich ein anderer Blickwinkel.

Gesundheitskosten der 6- bis 30-Jährigen um 37 Prozent gestiegen

In den letzten Jahren haben die Gesundheitskosten bei den 6- bis 30-Jährigen stark zugenommen. Seit 2011 sind sie um 37 Prozent angestiegen. Bei Kindern zwischen 6 und 10 Jahren wurde gar eine Zunahme von 74 Prozent erreicht.

Arztbesuch
Gesundheitspolitiker machen die Überalterung für den Anstieg der Krankenkassenprämien verantwortlich. Doch die Gesundheitskosten der über 65-Jährigen machen nur 44 Prozent aus.
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Jedoch haben seit 2011 die Gesundheitskosten der 6- bis 30-Jährigen um 37 Prozent zugenommen.
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Bei Kindern zwischen 6 und 10 Jahren wurde gar eine Zunahme von 74 Prozent erreicht.
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Felix Schneuwly vom Vergleichsdienst Comparis fürchtet, es sei «ein gesellschaftlicher Trend», dass man mehr ärztliche Leistungen in Anspruch nehme.
Depressionen
Ein Faktor für die hohen Kosten könnten die steigenden psychischen Probleme sein, insbesondere bei jungen Frauen. Bei 11- bis 18-Jährigen machen sie 20 Prozent der Gesundheitskosten aus.

Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 16 und 20 Jahren beträgt die Kostenzunahme 44 Prozent. Im Vergleich dazu ist das Wachstum der Kosten für Rentner mit nur etwa zehn Prozent am geringsten.

Diese Tendenz spiegelt sich auch in der obligatorischen Krankenversicherung wider, welche die Prämien bestimmt. Eine Auswertung der CSS, einer der grössten Krankenkassen in der Schweiz, zeigt: «Der Anstieg ist auch bei uns am stärksten unter den Jungen zu verzeichnen», so Sprecherin Sabine Betschart.

Auch die Sanitas-Krankenversicherung hat eine hohe Zunahme der Leistungsbezugsquote unter jungen Menschen festgestellt. Speziell ist der Anteil der medizinischen Leistungen auf Kosten der Grundversicherung bei den 26- bis 30-Jährigen auf 78 Prozent angestiegen.

«Gesellschaftlicher Trend» mehr Leistungen in Anspruch zu nehmen

Felix Schneuwly vom Vergleichsdienst Comparis äussert gegenüber der «Sonntagszeitung» seine Bedenken: «Ich sehe nicht, dass sich das Risikoverhalten der Jungen verbessert, zum Beispiel, was das Rauchen betrifft. Ich fürchte, es ist ein gesellschaftlicher Trend, dass man mehr ärztliche Leistungen in Anspruch nimmt.»

Die Gründe für den Anstieg der Gesundheitskosten bei jungen Menschen sind vielfältig, wie die «Schweizerische Ärztezeitung» berichtet. Sie reichen von einer erhöhten Unsicherheit bezüglich der eigenen Gesundheit bis hin zu einem gestiegenen Bedarf an Beratung.

Nehmen Sie oft ärztliche Leistungen in Anspruch?

Ein weiterer Faktor könnten die steigenden psychischen Probleme sein, insbesondere bei jungen Frauen. Psychiatrische Leistungen verursachen bei Mädchen und jungen Frauen zwischen 11 und 18 Jahren durchschnittlich 20 Prozent der Gesundheitskosten.

Um die steigenden Gesundheitskosten zu kontrollieren, muss sich die Politik auf den Haupttreiber, die Mehrausgaben pro behandelten Patienten, konzentrieren. Jérôme Cosandey rät, den Fokus nicht nur auf Kostenreduktion zu legen, sondern auch auf den Mehrwert der Gesundheitsleistungen. «Einzig damit lässt sich ermitteln, welche Zusatzausgaben gerechtfertigt sind – bei jungen wie bei älteren Menschen.»

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