In Zürich wurde die Betriebsanleitung für den im Jahr 1950 einzigen funktionsfähigen Computer in ganz Kontinentaleuropa gefunden.
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Die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • In Zürich wurde die Gebrauchsanweisung für den ältesten erhaltenen Computer entdeckt.
  • Beim Rechnet handelt sich um den Zuse Z4 aus dem Jahr 1945.
  • Er wurde für Rechenaufgaben für Flugzeuge und Raketen benutzt.

In Zürich ist ein lange verschollenes historisches Dokument gefunden worden: die Gebrauchsanleitung für den ältesten erhaltenen Computer, den Zuse Z4 von 1945. Die ETH hatte diesen Rechner - der einzige in Kontinentaleuropa, der 1950 funktionsfähig war - gemietet.

Er verfasste wohl auch die ursprüngliche Bedienungsanweisung, wie der Technikhistoriker Herbert Bruderer in der «ETH Zurich Research Collection» berichtet. Der Mathematiker Heinz Rutishauser übersetzte und überarbeitete Zuses Original. Er arbeitete unter Institutsleiter Eduard Stiefel am Institut für angewandte Mathematik der ETH Zürich.

Zuse Z4
So sah der Rechner Zuse Z4 aus. - Twitter / @motherboard

Auf die Spur seines Dokuments kam Bruderer dank der ETH-Archivarin Evelyn Boesch. Sie teilte ihm im März 2020 mit, dass ihr Vater René Boesch historische Dokumente aufbewahrt habe. Er war ab 1956 am Institut für Flugzeugstatik der ETH angestellt. Unter den Dokumenten war auch die Gebrauchsanleitung.

Der Z4 war nämlich für Rechenaufgaben für Flugzeuge und Raketen benutzt worden, namentlich streng geheime Berechnungen für das Strahlflugzeug P-16.

Der «bedingte Sprung»

Mit Bruderer war die Archivarin Boesch an den richtigen geraten: Er hatte neben anderen Büchern über Meilensteine der Rechentechnik 2012 eins mit dem Titel «Konrad Zuse und die Schweiz» publiziert. In Boeschs Dokumentenkonvolut fand Bruderer auch handschriftliche Aufzeichnungen über sogenannte Flatterrechnungen. «Beim P-16 war für 2,4 Sekunden Flugzeit eine Rechenzeit von 50 Stunden nötig», schreibt Bruderer in seiner Studie.

herbert bruderer
Technikhistoriker Herbert Bruderer. - Keystone

Rund 100 Arbeiten führte der gemietete Z4 von 1950 bis 55 aus, wie der einstige ETH-Mathematiker Rutishauser Bruderer erzählte. Darunter waren beispielsweise auch Flugbahnberechnungen für Raketen von Oerlikon Bührle oder Flugzeugflügel für die Eidgenössischen Flugzeugwerke in Emmen LU. Auch Sturzflug-Berechnungen für die Flug- und Fahrzeugwerke Altenrhein waren enthaten.

Für ihre Berechnungen benötigten die Ingenieure den sogenannten «bedingten Sprung». Es handel sich um die Verzweigung eines Programms, das unter bestimmten Bedingungen an zwei verschiedenen Stellen weiterrechnet. Über diese Funktion verfügte der Zuse Z4 ursprünglich nicht, sie wurde eigens für die ETH nachträglich eingebaut.

Zu Bruderers Bedauern konnten sich die Zeitzeugen nicht mehr erinnern, wie der bedingte Sprung ausgeführt wurde. In der nun aufgefundenen Gebrauchsanleitung hat er die Antwort gefunden: Sie steht auf Seite 8, wie der Computerhistoriker berichtet.

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