Falsche Ärztin behandelt im Aargau jahrelang Psychiatrie-Patienten
Bis vor kurzem behandelte die Frau in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Windisch AG Patienten. Dabei hat sie vermutlich nie Medizin studiert.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Frau behandelte seit Januar 2022 in Windisch AG Psychiatrie-Patienten.
- Nun wurde ihr Eintrag im Medizinalberuferegister widerrufen.
- Sie soll in Moskau gar nie Medizin studiert haben – sondern Marketing.
Bis vor kurzem war sie in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Psychiatrischen Dienste Aargau (PDAG) in Windisch tätig. Nun ist die 40-Jährige ihren Job los.
Wie «SRF» berichtet, hat die falsche Ärztin dort seit Januar 2022 Psychiatrie-Patienten behandelt, Diagnosen gestellt und Medikamente verschrieben. Bis im Juli dieses Jahres die Medizinalberufekommission (Mebeko) ihren Eintrag im Medizinalberuferegister (Medreg) widerrufen hat.
Und wer dort nicht eingetragen ist, darf in der Schweiz nicht als Ärztin oder Arzt tätig sein. Die Mebeko ist beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) angesiedelt und ist für die Prüfung der Gesuche zuständig.
Kantonsdepartement reicht Strafanzeige ein
Das Departement Gesundheit und Soziales des Kantons Aargau hat deswegen Strafanzeige gegen die Frau eingereicht.
Darin geht es auch um mutmassliche Widerhandlungen gegen das Bundesgesetz über die universitären Medizinalberufe und gegen Bestimmungen im kantonalen Gesundheitsgesetz. In der Zwischenzeit gilt aber die Unschuldsvermutung.
Mehrere Behörden sollen diesen Sommer anonyme Schreiben erhalten haben, die der 40-Jährigen Urkundenfälschung vorwerfen.
Demnach habe die Frau, die keine gebürtige Russin sei, entgegen ihrer Behauptung gar nie in Moskau Medizin studiert. Stattdessen soll sie ein Studium im Marketing abgeschlossen haben.
Gegenüber «SRF» äussert sich die Mebeko nicht zum konkreten Fall. «Bestehen Verdachtsmomente, nimmt die Kommission soweit möglich bei den zuständigen ausländischen Stellen die üblichen Abklärungen vor. Insbesondere zur Echtheit der von der gesuchstellenden Person eingereichten und beglaubigten Dokumente», heisst es lediglich.
Frau spricht von «Missverständnis» bei der Uni
Das sei auch im vorliegenden Fall passiert. Dass die Kommission das russische Arztdiplom vor vier Jahren noch für echt befunden hatte, erklärt sie durch die grosse Zahl von ausländischen Diplomen, die es jährlich zu prüfen gebe.
Die Mebeko nehme die «grosse Verantwortung für die Patientensicherheit» ausgesprochen ernst.
«Natürlich bin ich Ärztin», erklärt die 40-Jährige. Sie fügt hinzu, dass sie von einem «Missverständnis» der Universität in Moskau ausgehe. Sie wolle dies klären und Beweise für die Echtheit ihres Abschlusses in Humanmedizin beschaffen.
Patienten seien nie gefährdet gewesen
Die PDAG hält fest, man habe die Frau gestützt auf den Eintrag im Medizinalberuferegister eingestellt. Der Klinik sei ein vollständiges Bewerbungsdossier in deutscher Sprache mit beglaubigt übersetzter Diplomurkunde vorgelegen. Dieses sei in keiner Weise auffällig gewesen.
Patienten seien nie gefährdet gewesen, da Assistenzärzte «stets unter Anleitung und enger Supervision» von erfahrenen Fachärztinnen arbeiten würden, hielt die PDAG in einer Stellungnahme gegenüber SRF fest. Die PDAG bestätigte auf Anfrage den Inhalt der Stellungnahme.
Die PDAG gewährleisten die psychiatrische Behandlung und Betreuung mit Notfalldienst und Krisenintervention für die Kantonsbevölkerung. Seit 2004 sind die PDAG eine Aktiengesellschaft im Eigentum des Kantons Aargau. Für die PDAG arbeiten über 1700 Personen in über 50 Berufen.