Der Zürcher Fabio Antenore wurde vom Quereinsteiger zum gefragten Spezialisten für hyperreale Naturaufnahmen . Auf Social Media ist er längst ein Star.
Gehört zu seinen "Signature-Aufnahmen": Der Lago di Saoseo in der Valposchiavo, Fabio Antenore.
Gehört zu seinen "Signature-Aufnahmen": Der Lago di Saoseo in der Valposchiavo, Fabio Antenore.
Mittels "Timeblending"-Technik kombiniert Fabio Antenore mehrere Aufnahmen zu einer, Fabio Antenore.
Mittels "Timeblending"-Technik kombiniert Fabio Antenore mehrere Aufnahmen zu einer, Fabio Antenore.
"Fotografieren ist das, was ich am besten kann": Der Zürcher Fabio Antenore in seinem Element.
"Fotografieren ist das, was ich am besten kann": Der Zürcher Fabio Antenore in seinem Element.
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der frühere Audioingenieur Fabio Antenore mischt mit seiner modernen, hyperrealen Landschaftsfotografie die Szene auf.
  • Er zählt mit seinem gefragten Profil zu den einflussreichsten Instagrammern der Schweiz.

Fast 56‘000 Follower auf Instagram. Mehrere 1000 Likes für jedes der dort gezeigten über 500 Bilder. Ein eigenes Fotosujet beim renommierten Puzzlehersteller Ravensburger. Jährlich mehrere ausgebuchte Fotoreisen und Workshops. Kein Zweifel: Der Schweizer Fabio Antenore sorgt derzeit mit seiner modernen Landschaftsfotografie für gehörige Beachtung. Wenn er den Riffelsee ob Zermatt in schönster Sonnenuntergangsstimmung zeigt oder das Bündner Landwasserviadukt ins beste Licht rückt, lassen begeisterte Online-Kommentare wie „fantastic shot“, „einfach atemberaubend“ oder „das macht Lust auf einen Besuch in der Schweiz“ aus aller Welt nicht lange auf sich warten – und wohl nicht zuletzt auch die Herzen der hiesigen Tourismusvermarkter höher schlagen. So kürte die  Nachrichten- und Informationsplattform Swissinfo Fabio Antenore im November 2017 zu einem der 20 einflussreichsten Instagrammer der Schweiz, und das nur fünf Jahre, nachdem er zum ersten Mal eine Profikamera in den Händen hielt.

Aha-Erlebnis im Hochmoor

„Der Zufall hat schon ziemlich heftig mitgespielt, er ist mein guter Kumpel“, sagt der 36-Jährige beim Treffen in seiner Heimatstadt Zürich lachend. Dieser „gute Kumpel“ ist mit ein Grund dafür, dass Fabio Antenore heute lieber stundenlang auf dem Gipfel eines Berges steht als am Mischpult eines Tonstudios sitzt. Mehrere Jahre hatte er als DJ, Musikproduzent und Live-Audiotechniker gearbeitet, bevor er nach dem Audioingenieur-Studium eine Tonstudio-Genossenschaft in Zürich gründete und diese als Geschäftsführer und erster Techniker leitete. Für den weiteren Karriereweg schien also eigentlich klar, wo die Musik spielt. Dann aber kam 2012 der Tag, als während einer Musikvideo-Produktion in einem alten Fabrikgebäude einige „Behind the scenes“-Fotos gefragt waren. Fabio Antenore überlegte nicht lange und besorgte sich eine Spiegelreflexkamera. „Und wow, ich war richtig geflasht, wie viel Spass das machte!“ Bald folgten weitere Foto-Gehversuche an ähnlichen „lost places“ wie dem Fabrikgebäude. „Ich  war überzeugt davon, dass es auch dabei bleiben würde. Nie im Leben hätte ich an Landschaftsaufnahmen gedacht, denn meine Verbindung zur Natur war eher gering. Schliesslich hatte ich meine ganzen Jugendjahre Musik machend in irgendwelchen Kellerlöchern oder Clubs verbracht“, sagt Fabio Antenore. Aber bald war die Kamera auch beim Spazieren mit seiner damaligen Partnerin immer häufiger mit dabei und der Neo-Fotograf entdeckte allmählich, was die Natur als Modell vor der Linse alles zu bieten hat. Das definitive Aha-Erlebnis kam dann auf der ersten grossen Fototour im Hochmoor Chaltenbrunnen im Berner Oberland. „Es war Dezember. Es war kalt. Ich war in Turnschuhen unterwegs. Und irgendwann stand ich halbmetertief im Schnee und dachte 'Okay, das kann man vermutlich besser planen.' Aber diese Zufriedenheit, dieses ganz spezielle Gefühl, das sich nach Stunden in der freien Natur einstellte, das kannte ich bisher nicht. Das wollte ich wieder erleben“ erinnert sich der Quereinsteiger.

Timeblending als Erfolgsrezept

Die Planung wurde besser und die Shootings wurden häufiger. „Und dann merkte ich“, sagt Fabio Antenore, „dass ich definitiv mehr Talent in der Fotografie besitze als in allem, was ich davor gemacht hatte. Und dass der Photoshop-Kurs zu Beginn des Toningenieur-Studiums also doch nicht ganz für die Katz war.“ Seit anfangs 2017 arbeitet er nun hauptberuflich als Fotograf und hat sich auf hyperreale Landschaftsbilder spezialisiert. Stunden, manchmal ganze Tage verbringt er dafür an einem Ort, um sein Sujet mehrfach zu fotografieren und so die verschiedensten Stimmungen und Tageszeiten einzufangen. In der Nachbearbeitung kombiniert er die Aufnahmen miteinander. Diese „Timeblending“-Technik gibt Fabio Antenore an seinen „The Landscape Project“-Workshops und Fotoreisen inzwischen auch an andere weiter. „Ich will die Natur so zeigen, wie sie sich anfühlt. Dazu gehört für mich weit mehr als eine Aufnahme in einem einzigen Moment. Wenn ich wissen will, wie es an einem Ort aussieht, fahre ich dorthin, sehe es mir an, drücke kurz ab, fertig. Wie der Wind weht, wie ein Sturm aufkommt, wie die Vögel zwitschern, wie es allmählich Abend wird – das alles wird dabei aber nicht mittransportiert. Und auch nicht die Emotionen, die das alles auslöst. Genau das interessiert mich aber.“ Und das interessiert auch seine Fans: Fast schon Kultstatus geniessen heute Antenores „Signature-Aufnahmen“ wie zum Beispiel diejenigen vom Lago di Saoseo in der Valposchiavo, einer seiner „absoluten Lieblingsorte“, wo er regelmässig Workshops durchführt.

Wenn die Arbeit des Zürchers wie im Swissinfo-Rating als „verträumt“ und „mit einem starken Einschlag ins Kitschige“ beschrieben wird, sieht er das gelassen. „Das ist in Ordnung. Auch wenn ich volltätowiert bin und einen Bart habe, bin ich auch ein Gefühlsmensch“, sagt Fabio Antenore und schmunzelt. Und widerspiegelt damit seine Arbeitsphilosophie gleich selbst: dass der erste äussere Eindruck eben nicht immer die ganze Geschichte erzählt.

Noch mehr ganze Geschichten erzählen möchte der Fotograf bald mit Bildern aus den USA – „auf der absolut beeindruckenden Reise vom Küstenstreifen Big Sur bis nach Washington diesen Frühling habe ich Blut geleckt.“ Auf seiner Bucketlist stehen auch Aufnahmen eines aktiven Vulkans, Asien („Da war ich noch nie“) oder Tasmanien. Und natürlich weitere Orte hierzulande, „denn die Schweiz kann einem nie verleiden oder zu langweilig werden.“ Zu langweilig wird es bei Fabio Antenore ganz generell nicht: Soeben hat er ein kostenloses E-Book veröffentlicht, mit dem er sein Wissen und seine Erfahrung an andere Landschaftsfotografinnen und -fotografen oder solche, die es gerne werden möchten, weitergibt. Bis Ende 2018 soll zudem sein erstes Videotutorial erscheinen, das er aktuell in Zusammenarbeit mit Atlaz Films produziert ­– dafür war das Team vor Kurzem mehrere Tage im Gebrigsstock Drei Zinnen in den Dolomiten unterwegs.

Auch die Idee einer eigenen Ausstellung oder Galerie schwirrt in Fabio Antenores Kopf herum als Ort, wo seine geprinteten Bilder präsentiert und verkauft werden können. „Ich bin offen für Gespräche“, sagt’s und lacht, während er zum Abschluss unseres Gespräches sein Instagram-Profil öffnet. Wieder sind neue Follower dazugekommen.

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