Mitte der Sechzigerjahre soll der damalige Pfarrer in Entlebuch LU Kinder regelmässig missbraucht haben. Jahrzehnte später packen Betroffene aus.
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Ein Entlebucher Pfarrer soll in den Sechzigerjahren Kinder misshandelt haben. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein mittlerweile verstorbener Pfarrer soll Kinder in Entlebuch LU missbraucht haben.
  • Betroffene gehen Jahrzehnte später mit Vorwürfen an die Öffentlichkeit.
  • Das Geschehene dürfe nicht vergessen gehen, fordert eines der Opfer.
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«Der Pfarrer hatte eine pädophile oder zumindest eine sadistische Neigung», sagt Plato Portmann im Gespräch mit der «Luzerner Zeitung». Jahrzehnte nach den angeblichen Missbräuchen geht er mit den Vorwürfen an die Öffentlichkeit.

In einem Brief hat sich Portmann, der als Kind streng katholischer Eltern aufwuchs, an das Bistum Basel gewendet. Dort schildert er Vorfälle, die er Mitte der Sechzigerjahre in Entlebuch LU erlebt hat. Im Zentrum der Anschuldigungen: der damalige Pfarrer, welcher mittlerweile verstorben ist.

Während des Sonntagsgottesdiensts hätten sich die Kinder jeweils geneckt und zusammen gesprochen. «Was dem Pfarrer auf der Kanzel offenbar auf- und missfiel», schreibt Portmann. Aufgrund dessen seien «unartige» Kinder auf den nächsten freien Nachmittag einzeln ins Pfarrhaus bestellt worden.

Schläge auf nackten Hintern

«Hinter einer schalldichten Doppeltüre musste ich die Hosen und Unterhosen hinunterlassen und mich an seinem Arbeitstisch nach vorne beugen. Mit seiner nackten Hand hat er x-mal kräftig auf meinen nackten Hintern geschlagen», heisst es im Brief weiter. Zurückblicken sei nicht erlaubt gewesen.

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Betroffene werfen einem ehemaligen Pfarrer aus Entlebuch LU Missbrauch vor. (Symbolbild)
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Der Mann soll «unartige» Kinder nach Gottesdiensten misshandelt haben. (Symbolbild)
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«Hinter einer schalldichten Doppeltüre musste ich die Hosen und Unterhosen hinunterlassen und mich an seinem Arbeitstisch nach vorne beugen», sagt ein Opfer. (Symbolbild(
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Die Betroffenen wollen anderen Menschen Mut machen, sich ebenfalls zu melden. (Symbolbild)
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«Das Geschehene darf nicht vergessen gehen», fordern sie. (Symbolbild)

Neben Portmann wandten sich vier weitere Personen an das Bistum Basel. Auch zwei seiner damaligen Schulkolleginnen, die anonym bleiben wollen, schildern ihre Erlebnisse.

Sie seien fürs Tuscheln vom Pfarrer «bestraft» worden, erzählen sie der «Luzerner Zeitung». Er hätte sie jeweils vor die Wahl gestellt: Entweder werden die Eltern informiert oder sie kriegen Schläge auf ihren Hintern. Aus Angst vor der Reaktion der Eltern hätten sie die Schläge gewählt.

«Füdelitätscher-Pfarrer»

Dass die Opfer Jahrzehnte später mit den Vorwürfen an die Öffentlichkeit gehen, hat einen bestimmten Grund: Sie wollen anderen Betroffenen Mut machen, sich ebenfalls zu melden.

Portmann fordert eine detaillierte Aufarbeitung der Vergangenheit. «Was genau ist alles passiert, und wer wusste Bescheid? Und warum hat niemand etwas dagegen unternommen? Das Geschehene darf nicht vergessen gehen.»

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In den Akten des Bistums Basel steht, dass es zu jener Zeit eine Untersuchung rund um den erwähnten Pfarrer gab. Der damalige Bischof habe ein Gutachten in Auftrag gegeben, heisst es. Allerdings habe dieses dem Pfarrer «in einer Gesamtwürdigkeit die Dienstfähigkeit attestiert».

Plato Portmann, der bei den Vorfällen acht Jahre jung war, sagt heute: «Wir Kinder waren einem Hochwürden ausgeliefert, den niemand kritisieren durfte.» Dabei sei der Pfarrer im Dorf hinter vorgehaltener Hand schon damals als «Füdelitätscher-Pfarrer» bezeichnet worden.

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