Eltern vergessen beim Online-Shoppen Spielzeug-Risiken
Wer Spielzeug günstig in Onlineshops aus Asien kauft, holt sich mögliche Gefahren ins Haus. Doch: Der tiefe Preis lässt Konsumenten offenbar schwach werden.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Hälfte der Konsumenten kauft gesundheitsschädliches Spielzeug aus dem Ausland.
- Grund dafür ist der billige Preis. Er überlagert das bekannte Risiko.
- Die Branche fordert vom Bund härtere Regeln. Diesem sind jedoch die Hände gebunden.
Wenn es um Spielzeug geht, sollte eigentlich Vorsicht geboten sein.
Denn: Zu kleine und leicht verschluckbare Teile stellen für Kinder ein Sicherheitsrisiko dar. Zudem gilt es, bei giftigen und gesundheitsschädlichen Stoffen aufmerksam zu bleiben.
Deshalb unterliegt die hiesige Spielzeugbranche strengen Regeln. Das gilt aber nicht für Spielzeug, das aus dem Ausland online geshoppt wird.
Ganze 80 Prozent des Spielzeugs, das von Shein und Temu vertrieben wird, bekäme in der Schweiz keine Zulassung. Das schreibt der «Spielwaren Verband Schweiz» in einer Mitteilung.
Nur: Das scheint vielen Kundinnen und Kunden aus der Schweiz egal zu sein. Denn laut einer neuen Studie pfeifen die Hälfte von ihnen auf die möglichen Risiken, wenn der Preis stimmt.
«Ist unverständlich»
Ein Unding für den Spielwaren-Verband und weitere Detailhandels-Akteure. Sie fordern vom Bund ein Ende der Ungleichbehandlung mit ausländischen Anbietenden.
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Denn, so Verbandspräsident Hans-Christian von der Crone: «Es ist unverständlich und zynisch, dass der Bundesrat bei Privatimporten von Spielwaren Eigenverantwortung fordert.»
Schliesslich seien die Endkonsumenten solcher Produkte Kinder. Diese könnten die Gefahren selbst nicht einschätzen.
Systematische Kontrolle unmöglich
Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit (BLV), dem auch die Kontrolle von Spielzeug untersteht, erklärt dazu gegenüber Nau.ch: «Ausländische Onlineshops wie Temu oder Shein unterstehen nicht der Schweizer Gesetzgebung.»
Die Gesetzgebung gelte «nicht für den Import von Gebrauchsgegenständen wie Spielzeug zum privaten Gebrauch». Und: Solche Produkte würden von den Schweizer Behörden nicht kontrolliert.
Der simple Grund dafür: «Eine systematische Kontrolle sämtlicher Pakete an der Grenze wäre bei mehreren Hunderttausend Sendungen pro Tag weder praktikabel noch wirksam.»
«Beim Online-Kauf auf Schweizer oder europäische Anbieter achten»
Das BLV führt weiter aus: «Wir warnen regelmässig vor nicht konformem oder potenziell gefährlichem Spielzeug, das über internationale Online-Plattformen wie Temu oder Shein vertrieben wird.»
Man setze sich auch weiterhin dafür ein, dass gefährliche Produkte erkannt und vom Markt genommen würden. Zudem empfehle man, «beim Online-Kauf auf Schweizer oder europäische Anbieter zu achten».
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Denn: «Diese unterstehen der staatlichen Marktüberwachung. Und die Anforderungen an die Spielzeugsicherheit sind in der Schweiz und der EU gleich hoch.»
Doch warum kaufen so viele Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten Spielsachen in Onlineshops aus Asien ein, obwohl die Risiken bekannt sind?
Schnäppli lassen Schweizer Risiken ausblenden
Wirtschaftspsychologe Christian Fichter nennt dafür einen simplen Grund: «Weil Geiz geil ist.»
Man wisse zwar, dass billige Produkte Risiken bergen würden. Aber: «Sobald wir das Gefühl haben, ein Schnäppli zu machen, blenden wir diese Risiken aus.»

Der mögliche Schaden scheine weit weg. Gleichzeitig sei der Nutzen, also das günstige Angebot, sofort spürbar, sagt Fichter zu Nau.ch. «Risiken werden verdrängt, wenn der kurzfristige Gewinn attraktiv genug ist.»
«Für einkommensschwache Haushalte ist der Preis entscheidend»
Hinzu kommt laut Fichter auch noch ein anderes Phänomen: «Wenn andere im Umfeld ebenfalls dort bestellen, entsteht das Gefühl, es könne so gefährlich schon nicht sein.»
Viele würden sich innerlich mit dieser «stillen Mehrheit» beruhigen.

Auch die Kaufkraft spiele eine Rolle: «Für einkommensschwache Haushalte ist der Preis oft der entscheidende Faktor. Bei anderen steht eher das psychologische Belohnungsgefühl im Vordergrund, ein Schnäppchen gemacht zu haben.»
Konsumenten müssen verstehen, «warum Produkte so billig sind»
Zwar hält auch Fichter ein generelles Importverbot für nicht umsetzbar. Der Wirtschaftspsychologe findet aber auch: «Gleiche Regeln und Kontrollen für alle Anbieter sind nötig.»
Denn: «Wer in die Schweiz liefert, sollte dieselben Sicherheits- und Qualitätsstandards erfüllen wie ein Schweizer Händler.»
Er nimmt aber auch die Konsumentinnen und Konsumenten in die Pflicht. Diese müssten verstehen, «warum solche Produkte so billig sind». Nämlich, weil gesetzliche Auflagen und Schutzmechanismen umgangen würden.











