Diebstähle: Schweizer Waffen-Lobby will strengere Grenzkontrollen
Die Schweiz erlebt gerade eine Einbruchswelle in Waffengeschäfte. Nun werden Forderungen nach strengeren Grenzkontrollen laut.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweizer Waffen-Lobby fordert strengere Grenzkontrollen nach einer Einbruchswelle.
- Eine Grünen-Nationalrätin warnt vor einem Rückschritt im Schengenraum.
- Laut einem Experten stehlen Einbrecherbanden die Waffen für den Verkauf.
In der Schweiz häufen sich derzeit Einbrüche in Waffengeschäfte. Die Täter stahlen dabei Dutzende von Schusswaffen.
Zwischen dem 17. und 26. Juli kam es zu insgesamt fünf Einbruchsversuchen und Raubüberfällen: in Altstätten SG, Wittenbach SG, Gossau SG, Pfungen ZH und Évionnaz VS.
Laut Fedpol stammen die verdächtigen Gruppen meist aus der Region Lyon und anderen französischen Städten, schreibt der «Tagesanzeiger». Zwei mutmassliche Täter, die nach dem Überfall in Évionnaz festgenommen wurden, sind französische Staatsbürger.
Jean-Luc Addor, Walliser SVP-Nationalrat und Präsident der Waffen-Lobby Pro Tell, fordert jetzt verstärkte Grenzkontrollen. Zudem bräuchten Zoll und Polizei mehr Mittel.
SVP-Nationalrat spricht von «Selbstbedienungsläden»
Addor spricht gegenüber der Zeitung von einem «Selbstbedienungsladen für organisierte Banden aus den französischen Vorstädten».

Unterstützung erhält er vom Schweizerischen Büchsenmacher- und Waffenfachhändlerverband: «Ein ausländischer Einbrecher kann bei uns nachts ein Delikt begehen und danach problemlos über die Grenze fliehen.» So wird Verbandspräsident Daniel Wyss im Bericht zitiert.
Die Neuenburger Grüne-Nationalrätin Clarence Chollet warnt hingegen vor einem Rückschritt im Schengenraum: «Mehr Sicherheit ja, aber ohne die Wiedereinführung systematischer Grenzkontrollen.»

Sie fordert stattdessen mehr mobile Kontrollen und will die Zusammenarbeit mit ausländischen Polizeien ausbauen.
Zugleich kritisiert Chollet die Sicherheitsstandards der Branche: «Wenn die Waffenläden so leicht zu überfallen sind, sind sie nicht hinreichend gesichert.»
Waffen werden in Frankreich in Tresor gelagert
Auch der frühere Chef der Kriminalpolizei von Lyon, Thibaut Fontaine, sagte bereits 2021 gegenüber RTS: «Der Bestand ist quasi in Echtzeit über das Internet verfügbar, die Waffen werden ausgestellt und sind auch nachts zugänglich. Das ist in Bezug auf die Sicherheit überhaupt nicht zufriedenstellend.»
In Frankreich würden Waffen dieser Art in einem Tresorraum gelagert.
Addor widerspricht gegenüber der Zeitung: «Diese Kriminellen sind Profis und schrecken nicht davor zurück, für Raubüberfälle Waffen, Rammbock-Methoden oder sogar Sprengstoff einzusetzen.» Ein Tresor helfe wenig, da er aufgebrochen werden kann.
Auch Kriminologe Dirk Baier sagte kürzlich gegenüber Nau.ch: «Ich denke nicht, dass man pauschal sagen kann, dass die Geschäfte in der Schweiz schlechter gesichert sind.»

Aber: Da man schnell wieder im Ausland sei, würden die Kriminellen die Gefahr gefasst zu werden, geringer einschätzen. «Diese Annahme ist aber durchaus ein Trugschluss, weil die Schweiz bei der Strafverfolgung mit anderen Ländern zusammenarbeitet.»
Ein weiterer Grund für die Attraktivität der Schweiz sei die Dichte an Waffengeschäften, erklärt der Kriminologe. «In anderen Ländern mit rigideren Waffengesetzen ist die Nachfrage nach Waffen geringer und es gibt weniger Waffenläden.»
Kriminologe warnt: «Waffen werden später verkauft»
Laut dem Kriminologen stecken hinter den Einbrüchen oft Banden. «Solche Gruppen bestehen in der Regel aus jungen Männern, die die Einbrüche professionell begehen.» Sie seien darauf trainiert, Einbrüche zu begehen.
«Teilweise begehen sie die Einbrüche, um die Waffen später zu verkaufen», erklärt der Kriminologe. «Teilweise aber auch, um zugehörige Gangs – beispielsweise aus dem Drogenbereich – mit Waffen auszustatten.»
Seit 2022 gelten strengere Sicherheitsvorgaben für Waffenläden in der Schweiz, verbindlich werden sie ab 2027.
Laut Small Arms Survey sind in der Schweiz rund 2,3 Millionen zivile Waffen im Umlauf. Das sind deutlich mehr als in anderen europäischen Ländern.