Jüdischen Gästen bleibt die Miete von Sportgeräten bei einem Davoser Betrieb verwehrt. Der SIG ist schockiert, die Bergstation rechtfertigt den Entscheid.
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Jüdisch-orthodoxe Gäste sind in Davos offenbar nicht nur willkommen. (Archivbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Davoser Bergstation vermietet jüdischen Gästen keine Schneesportgeräte.
  • Grund seien «diverse traurige Vorfälle» – das Bergrestaurant rechtfertigt sich.
  • Der Schweizer Israelitische Gemeindebund will Strafanzeige einreichen.
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Ein 21-Jähriger will am Sonntag mit seinen Geschwistern in Davos Airboards mieten. Dem Vorhaben wird der jüdisch-orthodoxen Familie aber schon an der Bergstation im Schneesportgebiet Prischa ein Strich durch die Rechnung gemacht.

Der Grund: Jüdische Gäste dürfen bei besagter Bergstation keine Sportgeräte mieten. Und das, obwohl jüdisch-orthodoxe Gäste in Davos Tradition haben.

Auf einem Blatt Papier steht in hebräischer Sprache: «Aufgrund diverser trauriger Vorfälle, darunter auch der Diebstahl eines Schlittens, vermieten wir keine Sportgeräte mehr an unsere jüdischen Brüder. Das gilt für alle Geräte wie Schlitten, Airboards, Skibockerl und Schneeschuhe. Vielen Dank für Ihr Verständnis.»

SIG-Generalsekretär: «Höchst diskriminierend und antisemitisch»

Der 21-Jährige schildert das Erlebnis gegenüber «20 Minuten» und erklärt: «Ich tat so, als ob ich kein Hebräisch lesen kann und fragte nach, ob wir die Airboards mieten können. Nachdem die Frau beim Manager nachfragte, verneinte sie die Anfrage.»

Der Vorfall habe ihn «tieftraurig» gemacht. «Wir wurden aktiv wegen unserer Religion diskriminiert.»

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Keine Sportgeräte für jüdische Gäste: In Davos gibt es weiterhin Konflikte.
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Ein Bergrestaurant in Davos vermietet jüdischen Gästen keine Sportgeräte. (Archivbild)
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Neben Airboards, Skibockerl und Schneeschuhe betrifft es auch Schlitten. (Symbolbild)
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«Der Inhalt ist höchst diskriminierend und antisemitisch», sagt Generalsekretär Jonathan Kreutner (r).
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In Davos kam es schon in der Vergangenheit zu Konflikten mit jüdischen Gästen.

Auch der Schweizer Israelitische Gemeindebund (SIG) ist mit dem Vorgehen der Bergstation alles andere als einverstanden. «Dass so ein Schreiben auf einem Schweizer Berg öffentlich aufgehängt wird, ist erschreckend. Der Inhalt ist höchst diskriminierend und antisemitisch», sagt Generalsekretär Jonathan Kreutner gegenüber «20 Minuten».

Einzelne schlechte Erfahrungen seien «kein Grund, diese zu pauschalisieren.» Der SIG kündigt gegenüber CH Media am Montag nun an, Anzeige nach Verstoss gegen Rassismusstrafnorm einzureichen. Des Weiteren hat laut «20 Minuten» die Kantonspolizei Graubünden Ermittlungen wegen Diskriminierung und Aufruf zu Hass eingeleitet.

Reto Branschi, Direktor von Davos Klosters Tourismus, distanziert sich vom «unglücklich formulierten» Aushang in der Bergstation. Dieser könne «die Gefühle der jüdischen Gästegruppe insgesamt verletzten und das soll so nicht sein. Er steht nicht für die Haltung der Destination und der touristischen Anbieter unseres Ortes. Davos Klosters und seine Dienstleistungen stehen allen Gästen offen», so der Tourismusdirektor.

«Haben keine Lust mehr»

Das Bergrestaurant Prischa hingegen verteidigt sein Miet-Verbot auf Anfrage der Zeitung. «Wir wollen den täglichen Ärger nicht mehr», heisst es. Man mache deshalb vom Recht Gebrauch, zu entscheiden, «wer unser Eigentum mieten kann und wer nicht».

Jüdische Gäste würden regelmässig Schlitten und andere Geräte auf der Piste stehen lassen. «Wir müssen dann die Schlitten wieder einsammeln, sofern sie noch zu finden sind.» Teilweise würden die Geräte defekt oder gar nicht mehr zurückgebracht werden.

Haben Sie schon einmal einen Schlitten gemietet?

Man wolle das Risiko, dass ein Gast einen schweren Unfall baut «und uns dafür zur Rechenschaft zieht», nicht mehr tragen. Die Gäste sollten sich den Schweizer Regeln und Gepflogenheiten anpassen. «Dass wir ihnen nichts mehr vermieten wollen, hat nichts mit Glauben, Hautfarbe oder persönlichen Neigungen zu tun.» Man habe «keine Lust mehr» auf «diese täglichen Diskussionen und Reibereien».

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Jüdisch-orthodoxe Touristen haben in Davos Tradition. (Archivbild) - keystone

Schon in der Vergangenheit kam es in Davos zu Zwischenfällen zwischen jüdisch-orthodoxen Gästen und Einheimischen. Tourismusdirektor Branschi kritisierte im August das Verhalten der orthodoxen Gäste und bemängelte Respekt.

Er stoppte ein SIG-Projekt, das den Dialog zwischen Orthodoxen und Einheimischen fördern sollte einseitig. SIG-Generalsekretär Kreutner kritisierte beim SRF schon damals, es werde pauschalisiert. «Man hat das negative Verhalten einzelner jüdischer Gäste so aussehen lassen, als ob die ganze Gästegruppe negativ auffalle.» Gegenüber dem Sender äusserten sich Einheimische damals mehrheitlich positiv über die jüdischen Gäste.

Nach einem Treffen zwischen Branschi und Kreutner im September wurde eine Mediation in Aussicht gestellt. Beide Seiten suchen nun eine konstruktive Lösung.

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