Immer mehr Menschen hätten in der Pandemie Einsicht in Akten von Behörden verlangt, so der Beauftragte für Datenschutz und Öffentlichkeit.
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Adrian Lobsiger, oberster Datenschützer, warnt vor einer bleibenden Privatsphäre-Beeinträchtigung nach der Corona-Krise. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Immer mehr Privatpersonen und Medienschaffende verlangten Einsicht in Behördenakten.
  • Die Behörden geben hingegen immer weniger Dokumente vollständig frei.
  • Der Edöb erhofft sich, dass das Öffentlichkeitsprinzip mehr akzeptiert wird.

Mehr und mehr Menschen wollen Einsicht in Behördenakten. Die Ämter geben diese aber immer seltener vollständig frei. Der Datenschutzbeauftragte zeigt sich besorgt – es ist mehr Transparenz gefragt.

Immer mehr forderten Einsicht in Behördenakten. Gleichzeitig geben die Behörden die Dokumente immer weniger oft vollständig frei. Der Datenschutzbeauftragte ist besorgt und fordert Transparenz ein.

«Immer mehr Firmen und Bundesämter kommen mit Anwälten, die gar nicht interessiert sind an einer Einigung um Herausgabe von Akten». Dies sagte Adrian Lobsiger, der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (Edöb), am Dienstag vor den Medien in Bern.

Die Zugangsgesuche stiegen um 16 Prozent

In seinem neusten Tätigkeitsbericht stellt der Beauftragte «neue Erschwernisse in der Umsetzung des Öffentlichkeitsprinzips» fest.

Im vergangenen Jahr verzeichneten die Bundesbehörden 1385 Zugangsgesuche – 16 Prozent mehr als im Vorjahr. In vielen Fällen erhielten die Antragsstellenden die verlangten Dokumente jedoch nicht sofort und unter Wahrung der gesetzlichen Fristen. Der Edöb musste schlichten.

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Schild am Eingang zum Verwaltungsgebäude in Bern, dem Sitz des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten. - Keystone

«In Teilen der Verwaltung macht sich eine neue Tendenz bemerkbar, das informelle Schlichtungsverfahren durch formalistische Einreden zu verkomplizieren», sagte Lobsiger. Mit «zeitraubenden Schriftwechseln und Diskussionen» werde der Abbau der Arbeitsrückstände zusätzlich erschwert.

Lobsiger appelliert an die zuständigen Stellen, das Öffentlichkeitsprinzip zu respektieren. «Sonst haben wir ein Problem.» Seit 2006 gilt der Grundsatz, dass beim Bund öffentlich ist, was nicht ausdrücklich geheim ist. Zuvor hatte als geheim gegolten, was nicht ausdrücklich zur Veröffentlichung freigegeben worden war.

Dort wo es um Geld geht, ist Transparenz wichtig

In den vergangenen Jahren wurden laut Lobsiger immer mehr Bereiche vom Öffentlichkeitsgesetz ausgenommen. «Überall dort, wo es um viel Geld geht, ist die Verlockung der Politik gross, Ausnahmen vom Öffentlichkeitsprinzip zu machen.» Genau in diesen Bereichen sei aber auch das öffentliche Interesse nach Transparenz am grössten.

Zurzeit hat der Datenschutzbeauftragte 4,4 Stellen im Bereich Öffentlichkeitsprinzip. Das sei zu wenig, sagte Lobsiger. «Mit dem gegenwärtigen Personalbestand können wir die Gesuche schwer auffangen.» Derzeit arbeiteten teilweise Personen an den Dossiers, die eigentlich für den Bereich Datenschutz zuständig seien.

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Adrian Lobsiger, Beauftragter für Öffentlichkeit und Datenschutz. - Keystone

Dabei gibt es auch in der Abteilung Datenschutz grosse Herausforderungen. Im Tätigkeitsbericht stellt der Beauftragte «eine verbreitete Gleichgültigkeit gegenüber dem Schutz von Bürgerdaten und eine wachsende Geringschätzung der Privatsphäre» fest.

Lobsiger nannte die Missstände bei der Plattform meineimpfungen.ch als Beispiel. Nachdem der Investigativjournalismus erschreckende technische Lücken aufgedeckt hatte, brachten die aufsichtsrechtlichen Verfahren des Edöb weitere Mängel zu Tage. Dies insbesondere hinsichtlich der Qualität der bearbeiteten Personendaten.

Datenschutz: Die Covid-App zeigte «wichtige Achtungserfolge»

Wie es betreffend Datenschutz gehen könnte, zeigten andere Beispiele. Lobsiger erwähnte etwa die Covid-App und das Covid-Zertifikat inklusive seiner Light-Version als «wichtige Achtungserfolge». Dank der dezentralen und datensparsamen Ausgestaltung dieser Tools habe die Übermittlung von Bürgerdaten an die Bundesverwaltung vermieden werden können. Selbiges sei nun auch von der staatlichen E-ID zu erwarten.

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Die Covid-Zertifikat-App des Bundes. - Keystone

Inzwischen können auch Regierungen und Sicherheitsbehörden in Europa einen präventiven Zugang zur Individualkommunikation ihrer Bevölkerung einforderten. Dies konstatiert der Edöb mit Besorgnis in seinem Tätigkeitsbericht. Er habe starke Vorbehalte dagegen, «dass unter dem Vorwand von Terrorismus- und Pädophiliebekämpfung auf alles zugegriffen werden soll».

Lobsiger pocht auf das Recht des Bürgers, seine eigenen Daten zu verschlüsseln. Bürgerinnen und Bürger, die sich dem behördlichen Wunsch nach Selbstbelastung widersetzen, dürfe der Rechtsstaat nicht vorwerfen, sie missbrauchten ihre Freiheit.

Mit einem weiteren Appell wandte sich Sophie Haag, stellvertretende Leiterin im Direktionsbereich Datenschutz, an die Unternehmen: «Es lohnt sich, in Datensicherheit zu investieren.» Meldungen von Sicherheitslücken hätten im laufenden Jahr stark zugenommen, obwohl noch gar keine Meldepflicht bestehe.

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