Urs Karrer, Vizepräsident der Covid-Taskforce des Bundes, ist besorgt wegen der «unkontrollierten EM-Euphorie». Vom Verhalten jetzt hänge der Winter ab.
coronavirus euro 2020
Taskforce-Vize-Präsi Urs Karrer sieht die Euro 2020 als eine grosse Gefahr für die winterliche Corona-Situation in der Schweiz. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Taskforce-Vize-Präsi Karrer warnt davor, dass das momentane Verhalten fatal sein könnte.
  • Die «unkontrollierte EM-Euphorie» bestimme darüber, wie es der Schweiz im Winter ergehe.
  • Die einzige Option gegen eine 4. Welle im Winter seien Impfungen, so Karrer.

Urs Karrer, Vizepräsident der Covid-Taskforce des Bundes, ist besorgt wegen der «unkontrollierten EM-Euphorie». Die EM werde einen corona-bedingten Todeszoll fordern. Vom Verhalten jetzt hänge ab, wie die Schweiz durch den Winter käme.

«Es erstaunt mich wirklich, mit welcher Nonchalance wir in Europa diesem Virus immer noch begegnen, kaum sinken die Zahlen.» Dies sagte Urs Karrer im Interview mit dem «SonntagsBlick».

EM als ideales Terrain fürs Coronavirus

Die epidemiologische Lage in Europa präsentiere sich zurzeit nicht so, dass solche Massen-Events unkontrolliert durchgeführt werden könnten. Und Emotionen, die zu einer EM gehören, seien nun mal das Gegenteil von Kontrolle.

public viewing euro 2020
Ein Public Viewing in Zürich. - Keystone

«Die EM ist für das Virus ein ideales Terrain», sagte Chefarzt der Infektiologie des Winterthurer Kantonsspitals. Es seien bereits mehrere Massenansteckungen bekannt geworden: Knapp 2000 schottische Fans hätten sich in London angesteckt, ebenso Hunderte Finnen rund um zwei Spiele in St. Petersburg. Aus seiner Sicht bräuchte es in Hotspots wie England oder Russland viel konsequentere Schutzmassnahmen.

Die EM werde einen corona-bedingten Todeszoll fordern, sagte Karrer. Sie sei das «Ischgl im Quadrat». Der österreichische Wintersportort Ischgl in Tirol galt im März als Corona-Hotspot.

Kehrtwende nach Sinkflug?

In den nächsten Wochen werde sich zeigen, in welchem Umfang die EM einen Beitrag an der Virusverbreitung gehabt habe. Es sei denkbar, dass auch in der Schweiz nach einer langen Zeit sinkender Fallzahlen gerade eine Kehrtwende stattfinde.

Urs Karrer
Urs Karrer, Chefarzt für Infektiologie, erklärt Medienschaffenden das wintertauglich umgebaute Covid-19-Testzentrum des Kantonsspitals Winterthur (KSW), am Donnerstag, 29. November 2020, in - Keystone

Zudem gibt es noch die Delta-Variante. Diese beweise gerade, dass seine Übertragbarkeit dermassen hoch sei, dass neue Wellen unter Nichtgeimpften auch im Sommer möglich seien. «Wir müssen jedenfalls gut aufpassen, dass wir in der Schweiz nicht in eine vierte Welle geraten.» Karrer rechnet damit, dass ab Mitte Juli die Delta-Mutation des Virus das epidemiologische Geschehen in der Schweiz dominieren wird.

Jede Impfung zählt

Vom jetzigen Verhalten hänge ab, ob die Schweiz ohne grössere Einschränkungen durch den Winter käme. «Wir haben die wirksamsten Impfstoffe in genügender Menge zur Verfügung. Jetzt gelte: «Impfen, impfen, impfen» Jede Person, die sich impfen lasse, bringe die Schweiz vorwärts.

Coronavirus
Die WHO wollte sich nicht dazu äussern, ob es eine vierte Impfdosis gegen das Coronavirus benötigen wird. - dpa

Karrer hofft auf eine Durchimfpungsrate von 80 Prozent. «Mit der Delta-Variante wäre es wohl gut, wenn sie sogar noch höher läge. Vor allem bei den über 50-Jährigen», sagte Karrer.

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