Auf dem Autobahnrastplatz in Wileroltigen BE stehen rund 50 Gespanne von Fahrenden. Im Kampf gegen das Coronavirus gelten nicht für alle die gleichen Regeln.
Die Fahrenden sind erneute auf dem Rastplatz Wileroltigen BE. - Nau.ch
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Das Wichtigste in Kürze

  • Auf dem Autobahnrastplatz in Wileroltigen BE hat es rund 50 Gespanne von Fahrenden.
  • Im Kampf gegen das Coronavirus gelten nicht für alle die gleichen Regeln.
  • SVP-Ständerat Werner Salzmann ist entsetzt.

Im Kanton Bern gelten in Zeiten des Abwehrkampfes gegen das Coronavirus verschiedene Massstäbe. Während auf dem Autobahnrastplatz bei Wileroltigen wieder Dutzende Wohnwagen von Fahrenden stehen, ist die Saisoneröffnung des TCS-Campings in Gampelen verschoben.

Seit ein paar Wochen stehen auf dem Autobahnrastplatz der A1 bei Wileroltigen BE wieder rund 50 Wohnwagen. Es sind die Gespanne von Fahrenden. Die meisten Autos haben französische Kennzeichen. Die Fahrenden stammen aus dem Elsass.

Journalisten sind nicht erwünscht und werden von Männern in Gruppen weggewiesen.

Die Journalisten werden von den Fahrenden weggewiesen. - Nau.ch

Die Situation auf dem Rastplatz sorgt seit Jahren für Zoff in der Region. Im Februar nahm das Berner Stimmvolk einen Kredit von 3,3 Mio. Franken für den Ausbau eines Halteplatzes für Fahrende auch dem Rastplatz in Wileroltigen an.

Dicht gedrängt

Doch jetzt kommt angesichts der schweizweiten Massnahmen gegen das Coronavirus ein neues Problem hinzu. Die 50 Wohnwagen stehen dicht gedrängt auf dem Rastplatz. Von Distanzhalten ist keine Rede: Die Männer stehen in Gruppen rum, Kinder rennen herum, Frauen hängen Wäsche auf.

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In Wileroltigen stehen rund 50 Gespanne von Fahrenden. - Nau.ch

Ein Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes soll für Ruhe und Ordnung sorgen. Der Rastplatz ist eigentlich für 26 Lastwagen und andere Verkehrsteilnehmer vorgesehen. Gesperrt ist die Einfahrt von der A1 nicht. Auf einem orangen Schild steht lediglich: Besetzt.

Coronavirus: Überforderte Behörden

Nau.ch wollte von den zuständigen Stellen wissen, wie in Wileroltigen die Vorschriften des Bundes und die Empfehlungen des BAG im Kampf gegen das Coronavirus umgesetzt werden. Das Ergebnis ist ernüchternd.

Das Bundesamt für Strassen (Astra) ist Grundeigentümerin des Rastplatzes. Dort ist man weitgehend machtlos. «Der Autobahnrastplatz ist nicht für die Nutzung durch Fahrende konzipiert», sagt Astra-Sprecher Guido Bielmann. «Wegen der Umstände duldet das Astra aber Fahrende für eine gewisse Zeit auf diesem Rastplatz.»

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Die meisten der Fahrenden stammen aus Frankreich. - Nau.ch

Der Platz in Wileroltigen sei für Fahrende und andere Benutzer klar getrennt. «Die Polizei kontrolliert täglich», sagt Bielmann. «Die Fahrenden werden angehalten, die Umwelt- und Hygienevorschriften einzuhalten. Für die Fahrenden gibt es einen Container für Abfälle.»

Die fixen sanitären Anlagen seien für die Fahrenden bestimmt. «Für die anderen Benutzer, etwa Lastwagenfahrer, sind Toi-Toi-WC-Häuschen aufgestellt.»

Reagiert der Bundesrat?

Ein Augenschein vor Ort zeigt, dass den Ankommenden diese Trennung nicht klar ist. Mehrere Lastwagenfahrer und andere Verkehrsteilnehmer wollen die fixen Anlagen benützen.

Auch bei der Berner Polizei scheint man trotzdem nicht alarmiert: «Wir waren vor Ort und habe Kontrollen gemacht», sagt ein Sprecher. «Für eine Wegweisung gibt es keine rechtliche Grundlage. Wir machten auch auf die Hygienevorschriften aufmerksam.»

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Der Autobahnrastplatz ist weiterhin offen für andere Verkehrsteilnehmer. - Nau.ch

Und was sagt die Gesundheitsdirektion des Kantons Bern? Dort kann man derzeit keine Auskunft geben. Der Bundesrat werde demnächst auf die Problematik reagieren, sagt Sprecher Gundekar Giebel. «Die Kantone werden den Vorgaben des Bundesrates folgen.»

SVP-Salzmann: «Unhaltbarer Zustand»

SVP-Ständerat Werner Salzmann ist über die Situation in Wileroltigen in Zeiten der Coronavirus-Krise entsetzt. «Es müssen die gleichen Regeln für alle gelten. Der Kanton muss jetzt durchgreifen. Das ist ein unhaltbarer Zustand.»

Das Volk habe zwar Ja gesagt zum Transitplatz. «Das respektieren wir. Jetzt geht es aber um etwas ganz anderes.»

Es gehe jetzt um die Gesundheit aller. «Die Fahrenden mischen sich ja unter das Volk, das ist potenziell eine Gefahr. Eigentlich müsste man jetzt unterbinden, dass sich Fahrende in solchen Gruppen bei uns aufhalten können.»

Als Konsequenz müsse jetzt auch eine Ausweisung der Fahrenden in Betracht gezogen werden. «Es stellt sich jetzt die Frage, ob ausländische Fahrende nicht zurück in ihre Heimat gehen müssen.»

Und: «Frankreich hat ja jetzt Ausgangssperre. Dort gibt es aber sicher auch Stellplätze für Fahrende.»

Gampelen reagiert - auch TCS-Camping bleibt zu

In Gampelen BE gibt es einen weiteren Standplatz für Fahrende im Kanton. Im Gegensatz zu den Behörden in Bern hat dort der Gemeinderat auf das Cornovirus reagiert. Der Standplatz geht nun nicht wie ursprünglich geplant am 1. April auf.

«Wir können unter diesen Umständen die Verantwortung für eine Öffnung des Platzes für Fahrende nicht übernehmen», sagt Gemeinderat Eric Dietrich. «Die Distanzen können nicht eingehalten werden. Der Platz bleibt deshalb bis zu einer Entwarnung des Bundes in der Coronakrise geschlossen.»

Auch der TCS-Campingplatz Fanel, der ebenfalls in Gampelen liegt, bleibt vorläufig zu.

Wegen des Coronavirus beginnt dort nun die Sommersaison frühestens am 20. April. Die Schliessung ordnete der TCS an.

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Der Eingang zum Camping Fanel in Gampelen BE ist gesperrt. - Nau.ch

Der Eingang ist abgesperrt und mit weissen Planen abgedeckt. Die Besitzer der Wohnwagen kommen vorläufig nicht rein. Auch nicht für einen Augenschein.

«Ich bin extra von Biel hergefahren. Mein Wohnwagen steht seit Jahren hier», sagt ein Töfffahrer vor dem geschlossenen Eingang. «Das ist mein Eigentum. Ich wollte nur mal schauen, wie mein Wohnwagen nach dem Winter instand ist.»

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Der TCS informiert am Eingang des Campings in Gampelen BE über die Schliessung. - Nau.ch

Die Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende forderte diese Woche mehr Haltplätze für Fahrende, damit diese nicht zu dicht besiedelt sind. Die hygienischen Standards auf den Halterplätzen müssen zudem deutlich erhöht werden.

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