Braucht die Schweiz ein Rauchverbot in ÖV, Beizen & Badis?
Frankreich verbietet das Rauchen an vielen öffentlichen Orten, um Nichtraucher zu schützen. Bräuchte es eine solche Verschärfung auch in der Schweiz?

Das Wichtigste in Kürze
- Im Nachbarland Frankreich wurde das Rauchverbot Anfang Juli massiv verschärft.
- Die Schweiz müsse nachziehen, finden Lungenliga und Tabakprävention.
- Ein radikales Rauchverbot sei nicht mehrheitsfähig, meint ein Gegner.
Seit Juli 2025 gilt im Nachbarland Frankreich ein massiv verschärftes Rauchverbot.
Um Nichtrauchende besser vor dem Passivrauchen zu schützen, ist es neuerdings verboten, an Bushaltestellen zu rauchen. Ebenso in Parks und an Stränden.
Auch in der Umgebung von Schulen und auf Sportanlagen darf im eigentlich als Rauchernation bekannten Frankreich nicht mehr gequalmt werden.
Wer dagegen verstösst, muss mit empfindlichen Bussen rechnen. Bis zu 135 Euro – umgerechnet 125 Schweizer Franken – kostet es, an diesen Plätzen beim Rauchen erwischt zu werden.
Gesundheitsministerin Catherine Vaurtin erklärte bei der Einführung: «Dort wo Kinder sind, muss der Tabak verschwinden.» Denn das Recht auf saubere Luft stehe über der Raucherfreiheit.

Es stellt sich die Frage: Bräuchte es ein solch rigides Rauch-Regime auch in der Schweiz?
Gesetz von 2010 «ist schon lange veraltet»
Unbedingt, finden sowohl die Lungenliga als auch die Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz, wie sie gegenüber Nau.ch bekräftigen.
Denn: «Das 2010 in der Schweiz eingeführte Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen ist schon lange veraltet. Und sollte dringend nachgebessert werden», findet Claudia Künzli, Bereichsleiterin Prävention bei der Lungenliga.
«Menschen, die sich an öffentlichen Orten aufhalten, sollten in Zukunft nicht mehr dem Passivrauch ausgesetzt sein.»
Dazu gehören für sie Haltestellen des öffentlichen Verkehrs genau so dazu, wie Beizenterrassen, Sportstadien, Spielplätze und Badis.
Wegen Durchsetzbarkeit nicht auf schärfere Gesetze verzichten
In Frankreich gestaltet sich die Durchsetzung des neuen Gesetzes derweil schwierig, beklagte ein Vize-Gemeindepräsident gegenüber SRF. Man müsse sich Gedanken machen, wie man die Zonen genau einteile.
00:00 / 00:00
Ginge also ein verschärftes Gesetz in Schall und Rauch auf?
Nein, erklärt Künzli, denn «Regelungen haben stets eine Signalwirkung». «Wir sollten nicht darauf verzichten, nur weil die Kontrolle schwierig ist.»
Und auch Nicola Imseng, Projektmanager der Arbeitsgruppe Tabakprävention Schweiz, findet eine Ausweitung des Rauchverbots sinnvoll. Vor allem, wenn das «Gesetz entsprechend kontrolliert und sanktioniert» wird.
Durch Passivrauchen geht Lebensqualität verloren
Denn, so Imseng: «Wir erhalten zahlreiche Anfragen und Beschwerden im Zusammenhang mit Problemen durch Passivrauch. Insbesondere in Wohngebäuden und im direkten Wohnumfeld.»
Das führe dazu, dass sich viele Menschen in ihrer Lebensqualität eingeschränkt fühlen würden.
Und: «Viele Betroffene wissen nicht, welche Rechte sie haben. Oder an wen sie sich wenden können, wenn sie sich vor Passivrauch schützen möchten.»
14 Prozent aller Todesfälle in der Schweiz wegen Tabakkonsum
Sowohl Imseng als auch Künzli finden, die Schweiz unternehme zu wenig, um das Rauchen einzudämmen.
«Jedes Jahr sterben 9500 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums», gibt Künzli zu bedenken. Das seien 14 Prozent aller Todesfälle im Land.
Und Imseng meint, dass die schweizerische Gesetzgebung in Bezug auf das Rauchen «schwach» sei.
Denn: «In internationalen Rankings, die die Tabakkontrollmassnahmen vergleichen, schneidet die Schweiz regelmässig auf den hintersten Rängen ab.»
«Bevölkerung hat ein radikales Rauchverbot verworfen»
Anders sieht dies SVP-Nationalrat Gregor Rutz. Er präsidiert die Vereinigung des Schweizerischen Tabakwarenhandels.

Gegenüber Nau.ch erklärt er: «In der Schweiz hat die Bevölkerung im September 2012 ein radikales Rauchverbot deutlich verworfen. Damit ist diese Frage meines Erachtens beantwortet.»
Und er fügt an: «Radikale Rauchverbote im öffentlichen Raum oder auch auf Terrassen sind übertrieben, unverhältnismässig und auch nicht durchsetzbar. Solche Forderungen dürften in der Schweiz kaum eine Mehrheit finden.»