Billiger: Immer mehr Kunden kaufen Shampoo bei Otto's statt im Salon

Riccardo Schmidlin
Riccardo Schmidlin

Bern,

Profi-Shampoos sind nur Coiffeuren und Coiffeusen zum Verkauf vorbehalten. Eigentlich. Denn bei Otto's und Online-Anbietern sind diese oft günstiger erhältlich.

Shampoo
Statt direkt beim Coiffeur kaufen viele ihr Shampoo im Netz oder bei Otto's. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Coiffeusen klagen darüber, dass viele Kunden Haarprodukte nicht mehr bei ihnen kaufen.
  • Die Umsätze gehen an Discounter Otto's oder Online-Shops mit Dumpingpreisen verloren.
  • «Uns sind die Hände gebunden», sagt der Branchenverband zum Problem.

Die Teuerung macht Schweizer Coiffeuren und Coiffeusen zu schaffen. Obwohl die Löhne zum Jahresbeginn gestiegen sind, klagen viele Salons über sinkende Kundenfrequenzen und vermehrte kurzfristige Absagen. Da zählt jeder zusätzliche Rappen.

Emelie Braun* arbeitet als selbstständige Coiffeuse in der Stadt Bern. Sie klagt: «Die Umsätze mit professionellen Haarprodukten wie Shampoos oder Conditioner gehen seit Jahren zurück. Seit der Inflation ist der Absatz noch einmal deutlich eingebrochen», sagt sie.

Kaufen Sie Ihr Shampoo im Coiffeursalon?

Schuld daran: Kundinnen und Kunden kaufen die Produkte nicht im Salon, sondern billiger im Netz. Oder immer häufiger beim Discounter Otto’s. Und das, obwohl viele Marken eigentlich exklusiv im Salon angeboten werden sollten. Eine «Riesen-Frechheit», findet Braun.

Coiffeuren und Coiffeusen sind «Hände gebunden»

Auch Julia Mayer* kennt das Problem. Sie ist bei einem Coiffeursalon in Düdingen FR angestellt und sagt: «Es ist frustrierend. Da mache ich mir in der Beratung Mühe und die Leute kaufen das Produkt dann anderswo günstiger», sagt sie.

Einige sind besonders dreist: «Es ist bei Berufskollegen schon vorgekommen, dass Kundinnen und Kunden vor ihren Augen die Produkte auf dem Handy bestellt haben.»

Mayer betont, dass der Verkauf der Produkte nicht ihr «Haupt-Business» sei. Da sie an den Verkaufsumsätzen jedoch beteiligt wird, ist das Phänomen dennoch ärgerlich. «Wir müssen somit auf zusätzliche Einnahmen verzichten.»

Damien Ojetti, Zentralpräsident des Branchenverbands Coiffure Suisse, kennt das Problem. Er kann den Ärger der Coiffeusen und Coiffeure verstehen.

«Dieses Phänomen ist nicht neu», sagt er. «Allerdings wird es in Zeiten wirtschaftlicher Anspannung wie der gegenwärtigen deutlicher sichtbar.»

Er sagt konsterniert: «Uns sind aber die Hände gebunden. Wir Coiffeure können nichts dagegen ausrichten.» Schliesslich könnten die Konsumentinnen und Konsumenten in einem freien Markt selbst bestimmen, wo sie ihre Produkte kaufen.

Günstige Preise dank Parallelimporten

Wie aber kommen die ausschliesslich für Coiffeursalons bestimmten Produkte zu Otto’s? Und das zu günstigeren Preisen?

Otto’s gibt auf Anfrage von Nau.ch nur ein knappes Statement ab. Direktionsassistentin Angela Schnyder bestätigt: «Auch Professional-Haircare-Produkte erfreuen sich bei unserer treuen Kundschaft grosser Beliebtheit.»

Otto's
Otto's ist stolz auf die günstigen Preise. - Keystone

Zur Philosophie von Otto’s gehöre eine «besonders attraktive Preisstrategie», auf die man stolz sei. «Aus geschäftsstrategischen Gründen können wir jedoch keine weiteren Aussagen zum Einkaufsverhalten unserer Kundschaft oder zum Thema allgemein machen.»

Die Haarprodukte dürften via Parallelimporte bei Otto’s landen, bei denen der Discounter Restposten im Ausland zu günstigeren Preisen erwirbt.

Coiffeur-Branchenpräsident Ojetti sagt dazu: «Die Produkte in der Schweiz werden immer teurer sein, da sie an die Kosten und Löhne der Schweiz angepasst sind.» Dazu komme: «Als Coiffeur kommt man gegen die grossen Player nicht an. Diese profitieren alleine schon durch eine grössere Marche wegen der höheren Quantität.»

Shampoo-Marken schweigen zu Kritik

Es läge daher an den Marken, die Parallelimporte von Shampoos und Co. zu unterbinden. Diese geben sich jedoch wortkarg.

L’Oréal teilt auf Anfrage nur mit: «Otto’s ist kein Vertragspartner von L’Oréal Professionnel Produkte.» Die Festsetzung der Verbraucherpreise obliege beim jeweiligen Händler. «Hier können und dürfen wir aus kartellrechtlichen Gründen keinen Einfluss nehmen.»

Die Kao Salon Division spricht auf ihrer Website davon, dass ihre Marken Goldwell, KMS und Oribe «salonexklusiv» seien. Warum die Produkte dennoch in Online-Shops und bei Otto’s landen, will das Unternehmen gegenüber Nau.ch nicht erklären.

Den Haarprofis in der Schweiz bleibt daher nichts anderes übrig, als ihre Expertise auszuspielen. Coiffeure-Suisse-Präsident Damien Ojetti sagt: «Wer bei Otto’s oder im Internet einkauft, erfährt nicht, ob das Shampoo auch wirklich zu seinem Haartyp passt.»

* Namen von der Redaktion geändert

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