Betrüger rufen jetzt unter der Bank-Telefonnummer an!
Betrüger geben sich als Angestellte der Berner Kantonalbank aus. Doch nicht nur das: Sie rufen auch unter der offiziellen Hotline-Nummer an.

Das Wichtigste in Kürze
- Ein Berner Bankkunde ist beinahe auf einen Telefon-Betrugsversuch reingefallen.
- Die Betrüger kaperten dabei die offizielle Telefonnummer der Bank.
- Die Berner Kantonalbank sagt, sie könne die Fake-Anrufe nicht unterbinden.
- Auch andere Schweizer Banken sind betroffen.
- Ein Kriminal-Experte warnt: Wegen KI wird es immer schwieriger, die Betrüger zu enttarnen.
Die Betrüger werden immer dreister und dreister: Nun rufen Kriminelle nun schon unter der offiziellen Bank-Telefonnummer an, um sensible Daten und Geld zu ergaunern. «Ich bin fast reingefallen», sagt ein Berner Bankkunde.
Aber von vorne.
Matteo Keller* erhält vergangene Woche einen vermeintlichen Anruf seiner Hausbank, der Berner Kantonalbank (BEKB). Doch er verpasst ihn.
Tags darauf klingelt es erneut – und erneut hat Keller keine Zeit zum Telefonieren. Doch er ruft später zurück, um sich zu erkundigen, worum es denn geht.
Nach der Warteschleife und den üblichen Verifizierungs-Abfragen erreicht er endlich einen Kundenberater der BEKB. Doch dieser weiss nichts davon, dass ein Mitarbeiter versucht habe, Keller zu erreichen.
«Merkwürdig» denkt sich der BEKB-Kunde. «Der Mitarbeiter versicherte mir, dass mit meinem Konto alles in Ordnung sei.»
Angebliche Bank-Mitarbeiterin will verdächtige Zahlung überprüfen
Doch so richtig merkwürdig wird es erst am nächsten Tag. Als sich der Berner gerade für die Badi parat macht, ruft erneut die BEKB-Telefonnummer an. Und dieses Mal geht er ran.
«Hier ist die Berner Kantonalbank. Sind Sie Herr Keller?», meldet sich die Frau am anderen Ende der Leitung mit gebrochenem Deutsch.
Es gäbe eine verdächtige Zahlung zu prüfen, sagt sie. Und nennt diese sogleich – ohne die üblichen Sicherheits-Abfragen nach Geburtsdatum, Kontostand und Co.
«Da wurde mir mulmig. Ich verstummte und legte auf», erinnert sich Keller.
Sofort ruft er die 031-Nummer zurück und landet erneut in der Warteschleife.
Als er schliesslich mit einem Kundenberater spricht und seine Identität erneut bestätigt, wird sein Verdacht bestätigt: Es war nicht die BEKB, die ihn angerufen hat, sondern Betrüger, die die offizielle Nummer missbrauchen.
Berner Kantonalbank kann Fake-Anrufe nicht unterbinden
Auf Anfrage von Nau.ch erklärt die Berner Kantonalbank, dass es sich dabei um eine bekannte Telefonbetrugsmasche handelt.
«Diese Vorgehensweise ist seit mehreren Jahren bekannt, wurde jedoch in den letzten Monaten weiter professionalisiert», sagt Sprecherin Barbara Nyfeler.
«Die Anrufenden sprechen teils Schweizerdeutsch und treten sehr überzeugend auf.» Nyfeler bestätigt: «Neu ist, dass dabei auch die Telefonnummer unseres Kundencenters angezeigt wird.»
Wichtige Tipps gegen Telefonbetrug
Polizei oder Banken fordern nie Bargeld, Schmuck oder Seriennummern am Telefon von dir.
Gib keine Passwörter, PINs oder Kontoinfos am Telefon weiter.
Sei misstrauisch, wenn angebliche Verwandte oder Behörden Geld verlangen.
Frag nach: Wer sind Sie? Von welcher Bank? Wie kann ich Sie zurückrufen?
Bei Unsicherheit: Leg sofort auf und ruf die Bank über die offizielle Nummer zurück.
Vertraue nicht nur der angezeigten Nummer – die kann gefälscht sein.
Betroffene können im Zweifelsfall auch die bekannten Telefonnummern oder E-Mail-Adressen der für sie zuständigen Finanzcoachs nutzen, um nachzufragen.
Im Zweifel kontaktiere deine Bank oder die Polizei (117/112) direkt.
Der Bank wurden bisher nur wenige Fälle gemeldet. Eine genaue Zahl kann die BEKB nicht nennen, da sich nicht alle Betroffene melden.
Doch was haben die Betrüger vor?
«Wir vermuten, es handelt sich um die bekannten Telefonbetrugsmaschen, die auf Geld, Vermögenswerte oder persönliche Daten abzielen.»
Diese Fake-Anrufe sind auch unter dem Begriff «Spoofing» bekannt. Betrüger kapern dabei vergebene Telefonnummern und rufen an. Nau.ch berichtete mehrfach über Spoofing-Wellen, in denen zahlreiche Handynummern missbraucht werden.
Nyfeler stellt klar: «Das Spoofing an sich kann die Berner Kantonalbank nicht unterbinden.» Schliesslich könne theoretisch jede Nummer auf dem Display angezeigt werden – sogar jener der Polizei.
Die Berner Kantonalbank rät ihren Kundinnen und Kunden, verdächtige Anrufe sofort abzubrechen. «Besonders dann, wenn die Anrufenden Druck ausüben.» Zudem sollten solche Vorfälle umgehend der Polizei über die Notrufnummern gemeldet werden.
Auch Service-Nummern anderer Banken missbraucht
Nicht nur die Berner Kantonalbank kämpft mit dem Problem.
Die Zürcher Kantonalbank teilt auf Anfrage von Nau.ch mit, dass sie «vereinzelt Rückmeldungen» dazu erhalten hat.
«Dabei wird die Call-ID einer Nummer aus dem Telefonnummernkreis unserer Bank verwendet. Und danach ein Betrug nach der Masche ‹falscher Polizist› oder als Abwandlung ‹falsche Bankmitarbeitende› versucht.»

Die Basler Kantonalbank bestätigt ebenfalls, dass ihre Service-Nummer schon für Spoofing-Anrufe verwendet wurde. Und auch Raiffeisen sind «vereinzelte Fälle von manipulierten Raiffeisen-Telefonnummern» bekannt.
Postfinance teilt mit, man sei sich der «potenziellen Gefahr» bewusst und sensibilisiere die Kundschaft entsprechend.
Bislang keine solchen Vorfälle bekannt sind hingegen der Luzerner Kantonalbank. Würden sie aber auftreten, würde man sich umgehenden mit dem Telefon-Anbieter koordinieren, um die Fälle zu unterbinden.
Kriminal-Experte: «Betrüger agieren immer professioneller und nutzen KI»
Dass für Betrugsversuche auch Festnetznummern verwendet werden, sei nicht neu, sagt Fabian Ilg von der Schweizerischen Kriminalprävention (SKP) zu Nau.ch.
«Der beschriebene Sachverhalt und dem scheinbaren Anruf einer Bank ist der SKP bekannt. Die Phänomene tauchen immer wieder in verschiedenen Erscheinungsformen in Wellen auf», so Ilg.

Falsche Anrufe zu erkennen, sei im ersten Moment schwierig. «Insbesondere, da die Anrufenden immer gleich emotionalen Stress bei den Angerufenen hervorrufen. Zum Beispiel, es sei eine verdächtige Transaktion getätigt worden, die nun zu prüfen sei.»
Das gebrochene Deutsch könne zwar ein Hinweis sein. «Darauf ist aber kein Verlass, da die Betrügerinnen und Betrüger immer professioneller agieren und auch KI verwenden.»
Wichtig sei, dass man immer misstrauisch reagiert und keine persönlichen Daten herausgibt. «Angestellte einer Bank benötigen keine Login-Informationen, um Kundendaten einzusehen!», betont Ilg.
* Name von der Redaktion geändert