Aktuell werden viele Schweizerinnen und Schweizer von unbekannten Nummern angerufen. Ruft man zurück, sorgt das am anderen Ende der Leitungen für Verwunderung.
Handy
Solche Anrufe haben in den letzten Wochen viele Schweizerinnen und Schweizer erhalten: Ruft man zurück, herrscht am anderen Ende der Leitung Verwirrung. - Nau.ch-Leserreporter

Das Wichtigste in Kürze

  • Immer wieder gibt es in der Schweiz Wellen von Betrugs-Anrufen.
  • Aktuell werden viele von nicht gespeicherten Handynummern angerufen.
  • Ruft man zurück, nimmt ein verwunderter Schweizer ab – der gar nie anrufen wollte.
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Während der Arbeit hat Berner Joachim Hurni* meist keine Zeit, private Anrufe entgegenzunehmen. Die sind eigentlich auch selten. Doch seit ein paar Wochen erwarten den 28-Jährigen immer wieder verpasste Anrufe von Handynummern, die er nicht kennt.

Sie haben die Schweizer Vorwahl +41 und danach meist einen 079-Anschluss.

Bizarr: Ruft Hurni zurück, nimmt stets eine Person ab, die ihn gar nie erreichen wollte. «Das erste Mal passierte mir das vor zirka zwei Monaten», erinnert er sich. «Ein Mann nahm das Telefon ab und war völlig verwundert. Er hatte keine Ahnung, warum es mir seine Nummer angezeigt hatte.»

Ein paar Wochen später folgt der nächste verpasste Anruf von einer Schweizer Handynummer, die der Berner nicht kennt. Wieder ruft er zurück. «Diesmal nahm eine Ostschweizerin das Telefon ab, die aber gar nicht erstaunt war. Sie erzählte mir, dass sie ständig Anrufe bekommt von Leuten, die ihr sagten, ihre Nummer wurde ihnen angezeigt.»

Hatten Sie schon einmal einen Betrüger oder eine Betrügerin am Telefon?

Diesmal vergehen nur ein paar Tage, bis Hurni der nächste verpasste Anruf angezeigt wird. «Inzwischen habe ich schon fast vermutet, dass es wieder nichts ist. Zur Sicherheit habe ich aber doch einmal zurückgerufen – und siehe da: abgenommen hat wieder ein Typ, der hinten und vorne nicht verstand, warum ich ihn anrufe.»

Häufung in Bern – auch andere Kantone betroffen

So wie Hurni geht es aktuell vielen – Nau.ch sind zahlreiche weitere ähnliche Vorfälle bekannt. Unter anderem aus Bern, Freiburg und Basel.

Auch diverse Netzbetreiber und die Polizeien in Zürich, St. Gallen und Bern kennen das Phänomen. Dahinter stecken nämlich meist Betrugsversuche.

«Das Phänomen nennt sich ‹Call ID Spoofing›», erklärt Melinda Kürsteiner von der Kapo St. Gallen.

Anruf
Dieser Anruf hat eine Bernerin Mitte April erhalten – als sie zurückrief, nahm ein Schweizer ab, der keine Ahnung hatte, worum es ging.
Nummer
Auch ein anderer Berner wurde gleich dreimal mutmasslich von Betrügern unter gefälschten Schweizer Handynummern angerufen.
Polizeien
Solche Anrufe gab es auch mehrfach in Basel, Freiburg, St. Gallen und Zürich. (Symbolbild)
Betrüger
Dahinter stecken meist technisch versierte Betrüger aus dem Ausland, die die Nummer von Schweizern sozusagen «fälschen» können. (Symbolbild)
Swisscom
Den Schweizer Netzbetreibern ist das Problem bekannt – etwas dagegen zu unternehmen ist jedoch nur begrenzt möglich.

«Dabei verändern die Täter beispielsweise ihre wahre Rufnummer technisch so, dass eine andere Nummer angezeigt wird.» Opfer sehen dann eine Schweizer Handynummer, obwohl die Betrüger oft aus dem Ausland anrufen. Denn: «Diese Rufnummer soll Vertrauen erzeugen.»

Dann versuchen sie die altbekannten Maschen: Sie geben sich als Polizisten oder Bankangestellte aus und fordern Geld oder Passwörter. Im Kanton St. Gallen habe es schon vereinzelt Fälle gegeben, wo Personen so übers Ohr gehauen wurden.

In Basel-Stadt wurden der Polizei bislang keine solchen Fälle gemeldet. In Bern stellt die Polizei aktuell gar eine Häufung von solchen Meldungen fest, wie es auf Anfrage heisst.

«Gibt keinen vollständigen Schutz»

Offenbar ist es also einfach, Anrufnummern zu fälschen oder eben, sich vom Ausland aus als Schweizer Handy-Anrufer oder -Anruferin auszugeben. Nur: Wie kann man sich davor schützen?

Telefonanbieter Sunrise weist darauf hin, dass Kundinnen und Kunden einen «hochwirksamen Anruffilter» aktivieren können. Sprecher Rolf Ziebold sagt: «Ist er aktiviert, werden unerwünschte Werbe- und auch Spoofing-Anrufe weitestgehend zuverlässig blockiert.»

Denken Sie, dass Sie einen Betrugsversuch sofort erkennen würden?

Die Swisscom blockiere pro Monat zirka eine Million Spoofing-Anrufe, sagt Sprecherin Sabrina Hubacher. «Es gibt aber leider keinen vollständigen Schutz gegen Spoofing, auch da sich die Vorgehensweisen der Betrüger immer wieder ändern. Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel.»

Ähnlich klingt es bei Salt: «Trotz der aktiven Filtermechanismen sind Telefonanbieterinnen heute noch nicht in der Lage, alle diese Anrufe zu unterbinden.»

«Rückverfolgung ist in der Regel unmöglich»

Vermuten Sunrise-Kundinnen und -Kunden, dass die eigene Nummer von Spoofern missbraucht wird, können sie das melden. Dann sperrt der Anbieter die Betrüger – das geht allerdings nur, wenn sie über das Sunrise-Netz in die Schweiz kommen.

Das Problem kennt auch die Swisscom: Hubacher erklärt, dass die meisten Anrufe mit vorgetäuschten Nummern durch ausländische Netze in die Schweiz kämen. «Die Rückverfolgung ist in der Regel unmöglich.»

Immerhin: Meist benutzen die Scammer eine Nummer nur ganz kurz, so Hubacher. «Wenn es der Kunde merkt, ist das aktive Spoofing bereits vorbei, aber die Rückrufe treffen noch eine gewisse Zeit ein.»

Aufruf

Erhalten Sie regelmässig Anrufe von Personen, die behaupten, Sie hätten sie angerufen – aber Sie wissen von nichts? Melden Sie sich unter redaktion@nau.ch.

*Name von der Redaktion geändert

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