Berner Notfall macht Patienten Botox schmackhaft – Wirbel
Im Berner City Notfall sorgt eine Wartezimmer-Werbung für Stirnrunzeln: Mit Vorher-Nachher-Bildern wird über Botox informiert. Das ist in vielen Fällen illegal.

Das Wichtigste in Kürze
- Der City Notfall in Bern informiert wartende Patienten über das Haus-eigene Botox-Angebot.
- Bei Patienten sorgt dies für Irritationen. Zudem stellt sich die Frage: Ist das legal?
- Genau das prüft derzeit der Kanton Bern.
- In den meisten Fällen sind solche Vorher-Nachher-Botox-Bilder verboten.
Ein junger Mann humpelt stark, setzt sich auf den Stuhl im Wartezimmer des City Notfalls beim Bahnhof Bern. Eine Frau mittleren Alters stöhnt laut, schwitzt, hat offensichtlich Kreislaufprobleme.
Kurz darauf tritt ein weiterer Mann mittleren Alters ganz langsam ein. Ihm hat es einen heftigen Zwick in den Rücken gegeben.
Während die Patienten auf einen Arzt warten, wandert ihr Blick immer wieder auf den Informations-Bildschirm an der Wand.
Eine Werbung sorgt bei vielen für Irritation: Auf dem Bildschirm im Berner Notfall wird für die hauseigenen Botox-Behandlungen geworben.

Zu Vorher-Nachher-Bildern steht geschrieben: «Jede Gesichtspartie erzählt ihre eigene Geschichte. Und manchmal wünschen wir uns, dass sie ein wenig glatter und frischer wirkt. Mit Botox können Sie gezielt Falten reduzieren und dabei Ihre natürliche Ausstrahlung bewahren.»
Werbung für einen Schönheits-Eingriff in einem Notfall-Wartezimmer – warum?
City-Notfall führt Botox-Behandlungen ein – «Das Interesse steigt»
City-Notfall-Sprecherin Diana Sztuka von «Local Med» sagt, dass das Angebot neu ist. Botox-Behandlungen biete man erst seit dem Frühling an.
Seitdem mache man innerhalb der Standorte auch Werbung. «Entschieden haben wir uns dafür aufgrund steigender Nachfrage – das Interesse steigt.»
Sztuka sagt, dass sich im Ärztezentrum der Vorteil biete, dass die Fachärztin für Dermatologie Zugriff auf «Patientengeschichten» hat.
«Die Botox-Injektion erfolgt somit, anders als in einem ‹Beauty-Studio›, unter fachärztlicher Aufsicht.»
Dennoch gibt es ein Problem: Die Botox-Werbung im Wartezimmer ist möglicherweise illegal.
Botox-Vorher-Nachher-Bilder: In der Schweiz verboten
«Swissmedic» kontrolliert in der Schweiz sämtliche Heilmittel und Medizinprodukte, die im Umlauf sind.
Lukas Jaggi, Sprecher der Aufsichtsbehörde, stellt klar: «Vorher-Nachher-Bilder, die als Darstellungen einer garantierten Wirkung des angewendeten Arzneimittels gewertet werden können, sind nicht zulässig.»

Ausserdem sei auch die Verwendung von Markennamen wie «Botox» nicht zulässig. Das verstosse gegen das Heilmittel-Gesetz und geht unter «unzulässige Werbung».
Für Online-Werbung wäre der Fall klar. Ob die Botox-Werbung auch im Berner Notfall-Wartezimmer illegal ist? «Swissmedic» verweist hier auf den Kanton, der zuständig sei.
Sicher ist: Der Fall ist heikel.
Jetzt prüft Kanton Bern, ob Notfall illegal Werbung macht
«Es muss noch abgeklärt werden, ob es sich um einen Verstoss gegen Artikel 22 (der Verordnung zur Arzneimittelwerbung, Anmerkung d. Redaktion) handelt», sagt Gundekar Giebel, Leiter Kommunikation der Berner Gesundheits-Direktion.

Eine Untersuchung sei im Gange. Es sei möglich, dass sich der Kanton noch in die Angelegenheit einschalte. Das wäre bei «Vorliegen von Hinweisen und entsprechender Meldung an den Kanton» der Fall.
Ein Botox-Eingriff ist nie risikofrei – das kann passieren
Abgesehen von der Werbung – Botox birgt gewisse Gefahren.
Auch wenn ein Botox-Eingriff nicht von einem Beauty-Salon durchgeführt wird: «Keine Behandlung ist vollständig risikofrei. Selbst bei der Anwendung durch qualifizierte Fachpersonen», unterstreicht Swissmedic-Sprecher Jaggi.
Häufige Nebenwirkungen – bei allen «Botulinumtoxin»-Präparaten – seien: Schmerz, Rötung, Bluterguss, Brennen an der Einstichstelle sowie Kopfschmerzen.
Gelegentlich komme es auch etwa zu Schielen, Doppelbildern, Stimmveränderungen oder Nackenschwäche.
Seltener, aber nicht ausgeschlossen, sind: Botulismus (mögliche Atem- und Schlucklähmung), Muskelasymmetrie, Pseudoaneurysma, Infektionen, Narben und Kieferknochenabbau.