Bauarbeiterinnen wehren sich gegen Belästigung

Sina Barnert
Sina Barnert

Bern,

Ihnen wird auf der Arbeit nachgepfiffen, sie werden belästigt und begrapscht. Nun wehren sich die Baufrauen.

Sexuelle Belästigung
Haben mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu kämpfen: Frauen in der Baubranche. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Frauen in Bauberufen haben gemeinsam mit der Gewerkschaft Unia eine Petition lanciert.
  • Darin fordern sie den Stopp von sexueller Belästigung auf Baustellen.
  • Jede zweite Frau ist laut einer Umfrage der Unia davon betroffen.

Sie haben genug von übergriffigem Verhalten wie Grapschereien und blöden Sprüchen: die Frauen, die auf Schweizer Baustellen arbeiten.

Gemeinsam mit der Unia haben sie eine Petition unter dem Motto «Stopp sexuelle Belästigung auf dem Bau!» lanciert. Und fordern ein klares Zeichen gegen Belästigung.

Unia Baufrauen Petition
Haben gemeinsam mit der Gewerkschaft Unia eine Petition gegen sexuelle Belästigung lanciert: die Schweizer Baufrauen. - Unia

Es sei an der Zeit, dass Arbeitgebende ihre Fürsorgepflicht ernst nehmen würden. Und Betroffene von sexueller Belästigung dürften nicht mehr allein gelassen werden.

Das Gleichstellungsgesetz müsse endlich umgesetzt werden. Denn: «Diskriminierung und sexuelle Belästigung sind gesetzlich verboten und dürfen nicht toleriert werden.»

Gewalttätige Übergriffe, Schnäbi-Fotos und Pfiffe

Wie schlimm es auf den Schweizer Baustellen teilweise zu und hergeht, hat Daniela Karst von der Unia Nau.ch erzählt.

Sie berichtet: «Sexuelle Belästigung, sexualisierte Gewalt und Mobbing sind ein grosses Problem.»

Eine Unia-Umfrage unter Frauen in Bauberufen ergab, dass die Hälfte aller Teilnehmerinnen bereits sexuelle Belästigung erlebt habe. Dazu zählten Pfiffe, sexistische Witze, Kommentare zum Aussehen und Ähnliches.

Ein Viertel erlebte laut der Umfrage sogar sexualisierte Gewalt!

Darunter seien Dick-Pics, also Genital-Fotos, und unerwünschte Berührungen. Einige Frauen auf dem Bau hätten auf der Arbeit sogar gewalttätige Übergriffe erlebt.

«Hab dich nicht so, das war sicher nur ein Witz»

Für die unhaltbaren Zustände auf dem Bau gibt es genug Beispiele, wie Karst schildert. So auch die Geschichte einer Malerin, die allein die Herrengarderobe eines Sportclubs streichen sollte.

«Die Garderobe war offiziell geschlossen. Dies hinderte aber den Chef des Sportclubs nicht daran, in die Garderobe zu kommen.»

Schockieren dich die Vorfälle von sexueller Belästigung auf dem Bau?

Der Mann habe sich dann ausgezogen, um zu duschen, berichtet Karst. «Dies nicht ohne die Malerin einzuladen, doch mit unter die Dusche zu kommen.»

Die Malerin habe danach ihren Chef informiert. Doch statt sich für seine Angestellte einzusetzen, habe dieser nur gemeint: «Hab dich nicht so, das war sicher nur ein Witz. Es ist halt ein guter Kunde.»

Bauzeichnerin wird begrapscht – niemand schreitet ein

Daraufhin habe die Malerin fristlos gekündigt, so Karst weiter. Und es gebe noch weitere solche Beispiele.

So auch von einer Bauzeichnerin, die vom Partner eines Architekturbüros an einem Teamevent begrapscht wurde. Doch: «Der Zwischenfall wurde von allen schweigend übergangen.»

Baustelle Frauen
Manchen Frauen bleibt nach negativen Erlebnissen nur die Kündigung. - pexels

Die Situation habe die Arbeitsbeziehung belastet, erzählt Karst.

Deshalb habe die Bauzeichnerin um eine Mediation gebeten und verlangt, nicht mehr mit besagtem Vorgesetzten zusammenarbeiten zu müssen.

Mitarbeiterin setzt sich zur Wehr und wird aus dem Job geekelt

Doch die in der Mediation versprochene «Charta für eine respektvolle Zusammenarbeit im Betrieb» sei danach hinausgezögert worden.

«Und die Bauzeichnerin wurde schliesslich von einem anderen Partner der Firma massiv eingeschüchtert und rassistisch beschimpft. Die Stelle hat sie danach aufgegeben.»

Nau.ch hat beim Baumeisterverband und beim Dachverband der Bauwirtschaft Bauenschweiz nachgefragt. Was sagen sie zu den Belästigungsvorfällen auf Schweizer Baustellen?

Bauverbände greifen nur bedingt ein

Der Baumeisterverband äussert sich nur allgemein. Man unterstütze seine Mitglieder bei der Umsetzung eines sicheren Arbeitsplatzes für alle Mitarbeitenden.

«Für das konkrete Thema der sexuellen Belästigung gab es Informationen und Austauschformate für HR-Verantwortliche und Kader unserer Mitgliedunternehmen.» Diese würden nun die wichtige Aufgabe der Sensibilisierung vor Ort übernehmen.

Pointierter äussert sich Bauenschweiz. Der Verband «verurteilt jegliche Form von sexueller Belästigung oder Diskriminierung klar und unmissverständlich. Jeder einzelne Fall ist einer zu viel.»

Aber: «Die konkreten Arbeitsbedingungen und Massnahmen zum Schutz der Mitarbeitenden werden individuell in den einzelnen Betrieben und Berufsverbänden festgelegt.»

Belästigung gehört in «männerdominierten Branchen zum Alltag»

Für alarmierend, jedoch nicht überraschend hält die Organisation Brava (ehemals Terre des Femmes Schweiz) die Zahlen der Unia.

Alexandra Gnägi von der Organisation sagt dazu: «Sexuelle Belästigung und sexualisierte Gewalt gehören in vielen männerdominierten Branchen noch immer zum Alltag.»

Baustelle Frauen
Für die Organisation Brava sind die Unia-Zahlen alarmierend, aber nicht überraschend. - keystone

Das zeige, dass Schutzmechanismen in der Praxis nicht greifen würden. Und dass Betroffene oft allein gelassen würden.

Gnägi erklärt weiter: «Zwar bestehen gesetzliche Grundlagen gegen sexuelle Belästigung, doch sie werden in vielen Betrieben nicht konsequent umgesetzt.»

Wenn Strukturen fehlen, «bleibt das Risiko hoch»

Es fehle an klaren internen Verfahren, an Schulungen für Vorgesetzte und an sicheren Anlaufstellen für Betroffene.

«Solange solche Strukturen fehlen, bleibt das Risiko hoch. Insbesondere in hierarchischen, männlich geprägten Arbeitsumfeldern wie dem Bau.»

Muss auf dem Bau mehr gegen sexuelle Belästigung getan werden?

Ein Teil des Problems zudem: «Ein Arbeitsumfeld, in dem Frauen mit Sexismus, Ausgrenzung oder Belästigung rechnen müssen, schreckt viele ab.»

Wer aber Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt wolle, müsse daher auch dafür sorgen, dass Frauen in allen Branchen sicher arbeiten können.

Kommentare

User #5259 (nicht angemeldet)

Könnte ja auch ein Kompliment sein.

User #6058 (nicht angemeldet)

"Das war schon vor über 30 J so, die Zuwanderung hat nichts damit zu tun. " Die Berner Stadtregierung

Weiterlesen

22 Interaktionen
Wegen sexueller Belästigung
SCHWEIZ ARMEE TRANSPORT FLIESEN
63 Interaktionen
Lohn & Hygiene
flugzeug 5 dinge
24 Interaktionen
Umfrage

MEHR AUS STADT BERN

YB
56 Interaktionen
Lunde-Kolumne
YB
1 Interaktionen
Sperren und Verletzte
yb filip ugrinic
44 Interaktionen
Happige Vorwürfe
obdachlos in bern
49 Interaktionen
Bern