BärnerBär zu Gast in der Nussrösterei in Münchenbuchsee BE
Seit zehn Jahren ist Marcel Messerli Produktionsleiter bei der Hans Nobs & Cie AG in Münchenbuchsee BE und sorgt für die richtige Röstung der Nussarten.

Wie wird man Röstmeister? Marcel Messerli lacht und erinnert sich: «Ich hatte gerade mal vier Monate Zeit, die Kunst des Röstens zu erlernen. Mein langjähriger Vorgänger, kurz vor der Pension stehend, sagte mir, das müsse reichen, sonst sei ich selber schuld!»
Die heutige Tätigkeit habe mit seinem ursprünglichen Beruf als Bäcker-Konditor überhaupt nichts mehr gemeinsam, höchstens gewisse Ofenkenntnisse kämen ihm noch zugute.
Zwingende Voraussetzung sei das Interesse, sagt Messerli knapp. «Ist das Interesse vorhanden, ist es für alle möglich, diese Funktion auszuüben.»

Alexandre Dumuid, der stellvertretende Geschäftsführer und Marketingleiter, relativiert: «Mit den stetig zunehmenden Hygienevorschriften sind Berufe aus dem Lebensmittelbereich und der Gastronomie kein Nachteil.»
Den Beruf des Bäcker-Konditors übte Marcel Messerli während rund 30 Jahren aus, «immer mit Begeisterung», wie er ergänzt.
«Aber als familienfreundlich kann man den Beruf wegen der speziellen Arbeitszeiten nicht gerade bezeichnen.» Deshalb hängte er ihn an den berühmten Nagel und wurde Nussröster.
Der Kachelofen ist das Herzstück
Die Haselnüsse bezieht Nobs & Cie AG seit über 90 Jahren aus dem Piemont. Und daran werde man auch weiterhin festhalten, sagt Geschäftsführer Gilbert Dumuid bestimmt.
«Es sind die feinsten Haselnüsse, auch wenn sie etwas teurer sind. Deswegen befindet sich unser exklusiver Lieferant in dieser Region.»

Die Nüsse werden in Münchenbuchsee langsam und trocken, also ohne Öl, geröstet. Auf grossen Metallplatten werden sie verteilt, bevor sie in den 100-jährigen, 12 Meter langen Ofen geschoben werden.
Hier beginnt die Kunst von Röst- und Produktionsleiter Marcel Messerli, denn jede Nussart erfordert ein bestimmtes Röstrezept sowie spezifisches Know-how beim Umgang mit dem Ofen. Dabei arbeitet Messerli mit der Stoppuhr. Die Rösttemperatur und -dauer bleiben indessen Betriebsgeheimnis …
Für den Laien erscheint der Ofen wie eine Blackbox: Vorne werden die mit Nüssen gefüllten Platten – der Ofen bietet Platz für 17 Bleche – eingeschoben und nach dem Durchgang nimmt sie der Röstmeister hinten wieder heraus.
Bei aller Routine räumt Marcel Messerli dennoch ein, dass das Rösten im gesamten Produktionsprozess die anspruchsvollste Phase darstelle. «Wenn ich den Ofen mit verschiedenen Nüssen füllen kann, ist das für mich das Highlight!»

Insgesamt werden etwa zwölf verschiedene Nussarten verarbeitet: Cashew, Haselnüsse, Erdnüsse bis hin zu Macadamia, Pekannüssen und Pistazien, um nur einige zu nennen.
Die Erdnuss sei am heikelsten zu rösten, erzählt Marcel Messerli: «Entweder ist sie zu schwach, dann wird sie ranzig, oder sie verbrennt und das Aroma verschwindet.»

Die Kunst des Röstens bestehe darin, die «goldene Mitte» zu finden. Baumnüsse eigneten sich nicht zum Rösten, ergänzt Messerli, sie schmeckten im Rohzustand besser. Dies hätten Testergebnisse gezeigt.
Abfall wird verwertet
Nach dem Rösten werden die Haselnüsse sorgfältig sortiert und von Hand ausgewählt. Die wenigen Haselnüsse, deren Aussehen nicht perfekt ist, werden für Pasten oder Haselnussöl verwendet.
«Bei uns ist Abfall Gold wert!», schmunzelt Marcel Messerli. Der sogenannte «Bruch» landet zudem im Fabrikladen, wo Kundinnen und Kunden zu reduzierten Preisen einkaufen können.
Hans Nobs & Cie AG im Zeitraffer
1904 gründen Bäcker Hans Nobs und seine Gemahlin Rosa Nobs-Bieri die Hans Nobs & Cie AG. Produktion von Säuglingsnahrung «Berna», Zwieback und anderen Diät- und Kraftnahrungsmitteln. Standort ist die Spitalgasse in Bern.
1920 Bau der Produktionsstätte gegenüber dem Bahnhof Münchenbuchsee, wo sich das Unternehmen auch heute noch befindet.
1929 Start mit dem Rösten von Haselnüssen. Der 12 Meter lange Ofen ist auch heute noch in Betrieb. Die Nüsse bezieht Nobs – wie heute – aus dem Piemont.
1939 versorgt das Unternehmen die Schweizer Expedition, welche den Himalaya besteigt, mit Energie-Lebensmitteln und Zwiebacken mit hohem Nährwert.
1945 Tod des Firmengründers Hans Nobs.
1952 liefert Nobs Zwieback für die Bergsteiger bei der Erklimmung des Mount Everest.
1975 wird die Produktion von Säuglingsnahrung wegen der grossen Konkurrenz eingestellt.
2005 stirbt die letzte Nachfahrin des Firmengründers. Die Kaffeerösterei O. Aeberhard AG, Bern, übernimmt dieschlecht laufende Nobs & Cie AG. Die Geschäfte harzen weiterhin.
2009 kauft Reinhilde Sommer, eine Adoptivtochter der letzten Nobs-Dynastie, zusammen mit Gilbert Dumuid, dem Finanzchef von O. Aeberhard AG, und weiteren Mitarbeitenden in einem Management-Buy-out den Nussverarbeitungsbetrieb zurück.
2011 stellt Nobs & Cie AG die Produktion von Zwieback ein.
2015 tritt der gelernte Bäcker-Konditor Marcel Messerli seine Stelle als Produktionsleiter an. Er ersetzt den seit 47 Jahren im Unternehmen tätigen Biagio Sciamanna, der in Pension geht.
2018 stirbt Reinhilde Sommer. Gilbert Dumuid führt das Unternehmen allein weiter.
2022 tritt der Sohn von Gilbert Dumuid, Alexandre Dumuid (geboren 1995), ins Unternehmen ein als stellvertretender Geschäftsführer und Marketingleiter.
2024 kann Hans Nobs & Cie AG das 120-jährige Bestehen feiern. Heute zählt das Unternehmen 15 Mitarbeitende und beliefert den Feinkosthandel und die gehobene Gastronomie sowie Privatkunden (Onlineshop) mit Produkten im Premium-Segment.
Die 135-jährige Presse, woraus Haselnussöl hergestellt wird, bezeichnet Marcel Messerli liebevoll als «Grosi-Lunge». Sie sei besonders herausfordernd und «trickreich» und verlange deshalb eine entsprechend sorgfältige und behutsame Behandlung.
Publikumsrenner seien seit vielen Jahren unverändert die gerösteten Haselnüsse ohne jeglichen Zusatz, sagen unisono die Herren Dumuid senior und junior sowie der Produktionsleiter.
Während die beiden Erstgenannten als persönliche Favoriten die Macadamia mit dunkler Schokolade bevorzugen, gibt Marcel Messerli seine Präferenz der Erdnuss, Haselnuss und Pekannuss.
«Aber zu Hause esse ich kaum Nüsse, ich ‹nasche› berufeshalber laufend im Betrieb», lacht er.