Babyboomer bleiben im Haus – Familien suchen vergeblich Platz
Mehr als die Hälfte der Einfamilienhäuser ist unterbelegt, oft von älteren Paaren. Viele wünschen sich zwar etwas Kleineres – handeln aber nicht.

Das Wichtigste in Kürze
- 55 Prozent der Schweizer Einfamilienhäuser sind unterbelegt – meist von Senioren bewohnt.
- Nur 1,5 Prozent der Eigentümer über 65 ziehen jährlich um – Ersatzwohnungen fehlen.
- Die erwartete Babyboomer-Verkaufswelle bleibt bisher aus.
Die Schweiz leidet unter Wohnungsnot – und gleichzeitig steht viel Wohnraum ungenutzt leer. Laut Bundesamt für Statistik (BfS) gab es Ende 2024 rund 1,8 Millionen Gebäude mit Wohnnutzung, davon über eine Million Einfamilienhäuser.
Diese sind jedoch oft unterbelegt: In 55 Prozent leben nur eine oder zwei Personen, obwohl die Häuser meist für Familien gebaut wurden. Ein typisches Einfamilienhaus umfasst 5½ Zimmer und 155 Quadratmeter.
Die Unterbelegung hat über Jahrzehnte zugenommen, wie die «NZZ» aufzeigt: In den 1970er-Jahren betraf sie 40 Prozent der Einfamilienhäuser, heute mehr als die Hälfte.
Senioren bleiben nach Auszug der Kinder im Eigenheim
Hauptgrund ist die Alterung der Gesellschaft: Viele Senioren bleiben nach dem Auszug der Kinder im Eigenheim. Sie bewohnen inzwischen mehr als ein Viertel der Einfamilienhäuser – deutlich mehr als ihr Bevölkerungsanteil.
Studien zeigen, dass ältere Menschen besonders sesshaft sind: Nur 1,5 Prozent der Hauseigentümer über 65 ziehen pro Jahr um. Ersatzwohnungen sind rar und oft teurer.
Ein Drittel wünscht sich zwar eine kleinere Wohnung, setzt diesen Wunsch aber selten um. Die Folge: Die erwartete Verkaufswelle durch die Babyboomer bleibt aus, viele Häuser bleiben jahrzehntelang von Einzelpersonen oder Paaren bewohnt.
Familien suchen Platz – Häuser bleiben von Paaren bewohnt
Für den Immobilienmarkt bedeutet das eine ungleiche Verteilung: Familien in Städten suchen vergeblich Platz, während Einzelpersonen grosse Häuser bewohnen. Pro-Kopf-Fläche: 55,4 m² in Einfamilienhäusern, 43,4 m² in Mehrfamilienhäusern.
Politisch diskutiert werden Anreize zum Umzug – etwa Wohnraumtausch, steuerliche Vorteile, generationenübergreifende Modelle oder Umbauten von Einfamilienhäusern in mehrere Einheiten.
Entscheidend bleibt jedoch, dass genügend bezahlbare, praktische Wohnungen entstehen, damit ältere Menschen in ihrem Umfeld eine attraktive Alternative finden.
Verdichtung schafft langfristig Entlastung
Langfristig könnte die Verdichtung etwas Abhilfe schaffen: Der Anteil von Einfamilienhäusern sinkt seit Jahren – von 29,2 Prozent der Wohnungen (2012) auf 26,7 Prozent (2024).
Alte Häuser weichen zunehmend Mehrfamilienhäusern, die Raum effizienter nutzen. Doch mit der Alterung der Bevölkerung dürfte sich die Unterbelegung kurzfristig noch verschärfen.