Am Schweizer Zoll weht falsche Fahne – doch dann kommt Nau.ch
Kurz vor dem 1. August sorgt eine falsche Schweizerfahne am Zoll für Aufsehen. Grund dafür ist eine geografische Spitzfindigkeit.

Das Wichtigste in Kürze
- Beim Zoll im Grossen-St.-Bernhard-Tunnel ist die falsche Schweizerfahne aufgehängt.
- Dabei regelt das Gesetz klar: Die Schweizerfahne muss zwingend quadratisch sein.
- Als Nau.ch sich einschaltet, kommt Bewegung in die Sache.
Das Bundesgesetz über den Schutz des Schweizerwappens und anderer öffentlicher Zeichen ist klar: «Die Schweizerfahne zeigt ein Schweizerkreuz in einem quadratischen Feld», heisst es in Artikel 3.
Die Schweiz ist damit nebst dem Vatikanstaat das einzige Land auf der Welt mit einer quadratischen Fahne. Doch davon hat noch nicht jeder Wind bekommen.
Beim Grenzübertritt von Italien in die Schweiz wird man nämlich mit einer falschen Fahne begrüsst!

Und zwar hängt ausgerechnet beim Zoll im Grossen-St.-Bernhard-Tunnel eine rechteckige Schweizerfahne. Der 5,8 Kilometer lange, gebührenpflichtige Tunnel verbindet das italienische Aostatal mit dem Wallis.
Bemerkt haben den Fehler aufmerksame User der Reddit-Gruppe «Bünzli».
Dort wird gespottet: «Wahrscheinlich bei Timu bestellt.» Gemeint damit ist wohl aber kein Fahnendealer namens Tim oder Timo, sondern der chinesische Billig-Shop Temu.
Ein anderer meint, man hätte den Zoll direkt fragen sollen, warum eine falsche Flagge aufgehängt wurde.
Doch laut dem Reddit-«Bünzli», der die falsche Fahne gepostet hat, war die Zollstelle bereits geschlossen. Das Foto wurde nämlich nach den Bürozeiten aufgenommen.
Schweizer Zoll interveniert nach Nau.ch-Anfrage
Also schaltet sich Nau.ch ein und fragt beim zuständigen Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) nach. Dort weist man die Verantwortung von sich.
Sprecher David Venetz sagt: «Die Betreiberin des Tunnels hat eine falsche Flagge aufgehängt.» Beschwerden dazu seien bislang keine eingegangen.
Wenn der Zoll selbst verantwortlich ist, dann halte er sich auch an das Gesetz: «Im Gegensatz zur besonderen Situation am Grossen St. Bernhard wird für die übrigen Dienststellen des BAZG offizielles Fahnenmaterial zentral bestellt.»
Was Venetz damit meint: Der Schweizer Zoll im Grossen St. Bernhard liegt mitten im Tunnel. Das gibt es nur einmal in der Schweiz.
Die Staatsgrenze liegt bei Tunnelmeter 2938, ausgehend vom Nordportal auf Schweizer Seite. Die Verwaltung im Tunnel untersteht daher der Tunnelfirma. Und damit auch die Beflaggung.
Doch durch die Nau.ch-Anfrage kommt nun Bewegung in die Sache. «Das BAZG hat die Betreiberin des Tunnels darauf hingewiesen. Diese wird die Fahne ersetzen.»
Tunnelfirma erklärt: Falsche Schweizerfahne hängt auf italienischem Boden
Die verantwortliche Tunnelfirma für den Grossen St. Bernhard ist die Sisex AG. Sie gehört zu gleichen Teilen einer schweizerischen Gesellschaft und einer italienischen Gesellschaft.
Auf eine Nau.ch-Anfrage melden sich die italienischen Verantwortlichen.
Sie erklären: «Das Foto wurde auf italienischem Gebiet, wo die Schweizer Vorschriften übrigens nicht gelten, aufgenommen.» Nämlich am Sitz der Schweizer und italienischen Zollbehörden auf dem südlichen Vorplatz des Grossen St.-Bernhard-Tunnels.
Die Verwaltung dieses Vorplatzes wurde an die italienische Tunnelbetreibergesellschaft übertragen.
Diese bestätigt, was das Bundesamt für Zoll schon angekündigt hat: Man werde die Flagge «in Kürze» ersetzen. «Um sie an die in den Schweizer Vorschriften vorgesehen Formen und Abmessungen anzupassen.»
Die Tunnelfirma bedankt sich bei Nau.ch für den «wertvollen Hinweis».
Kurz vor dem 1. August hängt im Grossen St. Bernhard dann also endlich eine korrekte Schweizerfahne.

Übrigens: Schon bei der Eröffnung des Strassentunnels im Jahr 1964 hing beim Schweizer Zoll eine rechteckige Fahne. Doch damals waren die Regeln noch nicht so streng.
Nur auf hoher See oder in der Luft sind rechteckige Schweizerfahnen erlaubt
Aber warum muss die Schweizer Flagge eigentlich quadratisch sein?
Der Ursprung dieser Eigenheit liegt in der Geschichte der Eidgenossenschaft. Zunächst diente das weisse Kreuz als Erkennungszeichen für Soldaten auf dem Schlachtfeld. Erstmals wurde es 1339 in der Schlacht bei Laupen BE verwendet.
Später wurde der rote Hintergrund ergänzt. Damals war die quadratische Form bei militärischen Kennzeichen üblich. Erst seit 2017 ist das Quadrat im Wappenschutzgesetz festgeschrieben.
Es gibt aber auch Ausnahmen: Bei Hochsee- und Binnenschiffen unter Schweizer Flagge ist die Fahne rechteckig. Ebenso das Schweizerkreuz auf Flugzeugen – wegen technischer und internationaler Vorschriften.