Abt Urban Federer «schockiert» über kanadische Missionsschulen
An der Umerziehung indigener Kinder in Kanada in Missionsschulen sind offenbar auch Ordensleute aus der Schweiz beteiligt gewesen. Der Einsiedler Abt Urban Federer forderte in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger», dass Staat und Kirche Verantwortung übernehmen.

Das Wichtigste in Kürze
- Der Luzerner Historiker Manuel Menrath berichtet in seinem 2020 erschienen Sachbuch «Unter dem Nordlicht» darüber, wie die Ureinwohner Kanadas von den Weissen zwangsassimiliert wurden.
Eine zentrale Rolle spielten dabei Internate für indigene Kinder («Residential Schools»).
Diese Schulen waren vom 17. Jahrhundert bis in die 1990er-Jahre in Betrieb und wurden von Kirchen geführt wurden. Sie gerieten in den letzten Wochen in die Schlagzeilen, als bei solchen ehemaligen Schulen Massengräber gefunden wurden.
Die Schulen seien dazu konzipiert gewesen, die indigenen Zivilisationen komplett ihrer Lebensweise zu berauben, schreibt Menrath. Er ist der Meinung, dass auch die Schweizerinnen und Schweizer eine historische Verantwortung hätten. Auch die Schweiz habe vom Zurückdrängen indigener Völker profitiert.
Er sei schockiert und beschämt, sagte Federer gegenüber der Zeitung zu den Leichenfunden bei den katholischen Schulen. Die Kultur der indigenen Völker sei europäisiert, «zivilisiert» und respektlos zerstört worden.
An den Schulen arbeiteten gemäss der Zeitung auch katholische Missionare aus der Schweiz, vor allem im späten 19. Jahrhundert. Ob, wie in den USA, auch in Kanada Schweizer von seinem Orden in solchen Schulen unterrichtet hätten, wisse er aber nicht, sagte der Vorsteher des Benediktinerklosters Einsiedeln.
Die Aufarbeitung müsse vor Ort in Kanada und in den USA erfolgen, sagte Federer. Er glaube nicht, dass im Archiv des Klosters Einsiedeln etwas dazu zu finden sei. Freilich müssten Staat und Kirche jetzt hinstehen und Verantwortung übernehmen.