Der Zeitpunkt überrascht, nicht aber der Rücktritt: Mit der Auflösung der russischen Regierung will sich Wladimir Putin die Macht im Land sichern. Eine Analyse.
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Wladimir Putin, Präsident von Russland, steht vor einer Kabinettssitzung im russischen Parlament. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Dmitri Medwedew hat seinen Rücktritt als Ministerpräsident erklärt.
  • Medwedew ist im Volk unbeliebt.
  • Putin bezweckt mit dem Schritt seinen Machterhalt.

Es erscheint wie ein Erdbeben: Regierungschef Dmitri Medwedew und die komplette Regierung Russlands ist gestern Mittwoch zurückgetreten.

Was überraschend erscheint, ist das Kalkül eines Mannes: Wladimir Putin. Seit 20 Jahren hat er die Fäden in der Hand. Und nicht nur er macht sich Gedanken, was passiert, wenn er einmal nicht mehr Präsident sein wird. Auch viele Russen fürchten sich vor dem Tag, an dem Putin nicht mehr die Geschicke des grössten Landes der Welt lenken wird.

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Der russische Präsident bei der Rede an die Nation. - keystone

Klar ist, dass Wladimir Putin ein gefuchster Stratege ist,. Und klar ist auch, dass er nach aktueller Gesetzgebung spätestens nach zwei Amtszeiten als Präsident 2024 abtreten muss.

Präsidenten-Rochade im 2008

So bereits geschehen 2008. Nach zwei Amtszeiten als Präsident kam es zum Sesselrücken mit Medwedew.

Anstelle von Putin übernahm der Jurist aus St. Petersburg für vier Jahre den Präsidentensessel. Über diese Jahre behielt Putin jedoch die Zügel in der Hand. Auch dieses Mal steht fest, dass die Rochade beim Regierungschefposten dem Machterhalt von Wladimir Putin dient.

Dass nun Medwedew aus dem Rampenlicht genommen wurde, hängt damit zusammen, dass der einst beliebte 54-Jährige dem Volk mehr und mehr missfiel. Seit 2017 gibt es immer wieder Proteste, die sich besonders gegen seine Person richten.

Dmitri Anatoljewitsch Medwedew
Wladimir Putin (r),gibt Dmitri Anatoljewitsch Medwedew im Vorfeld einer Sitzung des Rates für strategische Entwicklung und nationale Projekte im Kreml, die Hand. - dpa

Auch eine umstrittene Rentenreform hatte in den letzten Jahren für grossen politischen Zündstoff im Land gesorgt. Nun hat Purin den unbeliebten Ministerpräsidenten geopfert, um womöglich für sozialen Frieden und Stabilität zu sorgen. So hat Putin vorgesorgt, dass das schlechte Image von Medwedew nicht auch auf ihn abfärbt.

Bei Wladimir Putin ist alles gut durchdacht

Obwohl Putin – vor allem im Ausland – als machtfokussierter Alleinherrscher wahrgenommen wird, sind sich auch international viele bewusst, dass der ehemalige Geheimdienstchef für Stabilität in der Föderation sorgt.

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Menschen demonstrierten im September in St. Petersburg gegen die geplante Erhöhung des Rentenalters. - Keystone

Dass irgendwann der Moment kommen wird, in dem Putin die Weichen für seinen Machterhalt stellt, war vorherzusehen. Interessant ist der Zeitpunkt rund vier Jahre vor den Präsidentschaftswahlen.

Damit bleibt dem 67-Jährigen sicher genügend Zeit, um die angekündigte Verfassungsänderung vorzubereiten. So soll künftig das Parlament mehr Macht erhalten und etwa den Regierungschef bestimmen können. Putins Kalkül dahinter bleibt unklar. Klar dafür ist: Putin ist kein Mann spontaner Hauruckübungen – bei Putin ist alles gut durchdacht.

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