Schreibt wie Journi: Fussball-Fan Mo (14) trifft mit Worten
Er ist 14, liebt Fussball und schreibt darüber so gekonnt, dass selbst erfahrene Journalisten zweimal hinschauen.

«Wie viel Nachspielzeit?», fragen die Italiana-Anhänger von der Tribüne aus. «Ist doch egal», meint ein Italiana-Spieler. Das ist mehr als nur bezeichnend für diese Partie. Bei kaltem und regnerischem Wetter tut sich Breitenrain unglaublich schwer, Torchancen herauszuspielen.
Zuvor noch ungeschlagen wird der Spitzenreiter der Liga von der zweitplatzierten Italiana auf dem Spitz gnadenlos ausgekontert und verliert diskussionslos mit 0:2.
So beginnt der Matchbericht über den Berner Spitzenkampf der 2. Liga, den mir BärnerBär-Produzent Daniel Zaugg zum Lesen gab. «Hast du das geschrieben?», will ich wissen.
Er schmunzelt und meint: «Nein, das war Mo.» Mo? Wer ist Mo? «Mo ist unser 13-jähriger Nachwuchs-Reporter…», beginnt Dan. «Wohl kaum!», unterbreche ich ihn, «so schreibt doch kein Junge in diesem Alter!»
Aber, ich wurde rasch eines Besseren belehrt. So schreibt tatsächlich der inzwischen 14 Jahre alte Maurice Lavoyer, genannt Mo. Seine Texte überraschen mit Witz, intelligenten Analysen und machen Lust zum Lesen, selbst wenn man kein Fussballfan ist. Noch ein Beispiel gefällig?
Es wirkt, als hätte die AS Italiana, die auf demselben Platz ihre Heimspiele austrägt, vergessen, dass sie eigentlich noch ein Tor erzielen könnte. Selbst der Teamarzt von Italiana fällt mehr auf als ihre Offensiv-Abteilung: Mit leidenschaftlichem Sprint eilt er über den Platz, sobald ein Spieler behandelt werden muss. So gewinnt Italiana dieses Spiel – unspektakulär, aber effektiv.
Wer ist Mo?
Wir treffen Mo an einem Vormittag während der Sommerferien und er wirkt fast etwas schüchtern, wie er uns gegenübersitzt. Aber sobald er übers Thema Fussball zu sprechen beginnt, wird klar, dass dies nicht nur seine grosse Leidenschaft ist, sondern er sich in diesem Thema wie kaum ein anderer auskennt und äusserst wortgewandt darüber erzählen kann.

Soeben hat er die 8. Klasse beendet und beginnt in den nächsten Tagen das Gymnasium Lerbermatt. Dass sich ein Junge für Fussball interessiert, ist ja an sich nichts Besonderes. Dass er aber so gerne und so gut darüber schreibt, hingegen schon.
«Aufsätze finde ich nicht so toll», gibt er zu, aber das Schreiben an sich Liebe er. Vor allem dann, wenn es sich um sein grosses Lieblingsthema handle, zu welchem er seit Jahren schon alles liest, was er in die Finger bekommt und alles hört, was die Fussball-Podcast-Welt so hergibt.
Wie alles begann
Entdeckt hat er seine Leidenschaft zum runden Leder als knapp vierjähriger Knirps, als er erstmals mit seinem Vater und seiner Schwester ein U21 Spiel von YB besuchte. Während sie lieber die Klappstühle als Turngeräte nutzte, war er total fasziniert vom Geschehen auf dem Rasen. «Ich hätte stundenlang zusehen können», sagt er, «und wollte sofort alles zu diesem Spiel wissen.»
Als er sechs Jahre alt ist, beginnt er bei den Junioren des FC Sternenberg, wechselt später zu Köniz und spielt heute wieder bei Sternenberg. «Aber ich habe zu wenig Talent, um Profi zu werden», bewertet er nüchtern sein eigenes Spiel. «Aber Trainer zu sein, wäre definitiv ein Traum von mir.» Sobald er lesen konnte, wünschte er sich ein Abo für das Fussballmagazin Kicker.
Bald kannte er alle Spieler der Bundesliga und wusste immer mehr auch über die international bekannten Stars Bescheid. Aber auch über Mannschaften, die hierzulande kaum thematisiert werden – wie beispielsweise japanische Teams – suchte er sich Informationen.
«KI schreibt langweilig»
Sein Vater war damals noch als Sportjournalist tätig und schrieb entsprechend Matchberichte, was den Jungen faszinierte. So habe er vor gut einem Jahr begonnen, sich während eines Spiels auch Notizen zu machen.
«Ich notiere mir die Minuten und in Stichworten dazu, was gerade passiert. Später schreibe ich dann eine Zusammenfassung davon.» Selbst sein Vater, Sébastian Lavoyer, war beeindruckt, als er die erste davon zu lesen bekam. «Ich hatte nur ein, zwei kleine, grammatikalische Inputs.
Alles andere war seine Idee», sagt er. Auf die Frage, ob Mo denn die KI zu Hilfe genommen habe, meint dieser: «Ich finde, KI-Texte sind nicht besonders abwechslungsreich geschrieben. Es klingt immer irgendwie gleich. Deshalb brauche ich sie nicht.»
Hauptsache Fussball!
Er schreibt aber auch Spielvorschauen, macht Aufstellungsprognosen für bevorstehende Matches, richtet Tipp-Spiele inklusive Spielerbeschreibungen ein… «Hauptsache Fussball!», fasst Mo sein Hobby zusammen und schmunzelt. Auch die Frauen-EM hat ihn fasziniert.
«Ich habe alles Spiele gesehen, etwa sieben davon live im Stadion und fand, dass sie wirklich attraktiven Fussball geboten haben.»
YB sollte Meister werden
Wenn wir also schon mal einem Experten gegenübersitzen, wollen wir noch ein bisschen in die neue Saison schauen. Wie schätzt er seinen Lieblingsclub YB aktuell ein? «YB muss Meister werden», sagt er bestimmt.
«Allerdings wurden YB im Spiel gegen Basel Grenzen aufgezeigt. Das Kader muss noch ausgedünnt werden und in der Offensive muss YB weniger abhängig von Christian Fassnacht sein. Abgesehen von Fernandes’ Tätlichkeit gegen einen Basel-Spieler, haben mir er und Gregory Wüthrich sehr gut gefallen.»
Favorit Weissenstein
Da er für den BärnerBär auch weiterhin über die 2. Liga Regional berichten wird, hätten wir auch hierzu gerne eine kurze Einschätzung. Um eine solche abgeben zu können, hat sich Mo im Vorfeld gut informiert. Er hat die Clubs angeschrieben, hat mit vielen Vereinsfunktionären telefoniert und nach Zielen, Neuzugängen und Veränderungen gefragt.
Seiner Meinung nach präsentieren sich die Clubs am 1. Spieltag recht ausgeglichen, «deshalb werden die ersten Spiele schon ziemlich entscheidend sein», ist er überzeugt. Er glaubt, dass Weissenstein – nach der guten Rückrunde – diesen Schwung behalten kann und nennt den Club als den Favoriten für diese Saison.
Welches ist denn für ihn der beste Schweizer Spieler der letzten und der aktuellen Saison? Er windet sich etwas, bevor er auf den ersten Teil der Frage antwortet. «Als YB-Fan fällt es mir zwar nicht leicht, aber ehrlicherweise muss ich Xherdan Shaqiri vom FCB nennen», meint er mit einem Schmunzeln.
«Aber in der neuen Saison wird es Christian Fassnacht von YB sein», ist der junge Fussballexperte überzeugt. Und welcher Spieler gefällt ihm denn weltweit am besten? «Achraf Hakimi von PSG finde ich einen guten Spieler. Er ist mega schnell und mega offensiv als Aussenverteidiger.
Leider sorgt er derzeit ausserhalb des Spielfelds für negative Schlagzeilen. Weiter gefällt mir auch Nuno Mendes von PSG.»

«Nichts ist so faszinierend»
Gibt es denn gar keinen anderen Sport für ihn? «Doch doch, ich schaue auch gerne Skirennen, Olympia sowieso und auch die Schwimm-WM in Singapur habe ich verfolgt.» Aber es sei einfach nichts so faszinierend wie Fussball. «Er bringt die Menschen rund um den ganzen Erdball zusammen.
Es ist auch deshalb so spannend, weil man nie voraussagen kann, was passieren wird», findet er. Obwohl, ein bisschen kann er das ja schon: Italiana ist auf diese Saison hin effektiv aufgestiegen. Bereits im Mai hatte Mo in seinem Bericht festgehalten:
Italiana gewinnt knapp, aber verdient mit 2:1. Drei Runden vor Schluss stehen die Zeichen auf Aufstieg.