Warum es mehr Materie als Antimaterie gibt
Erstmals könnte ein Experiment zeigen, warum es im Universum scheinbar mehr Materie als Antimaterie gibt. Erste Indizien weisen auf eine Asymmetrie hin.

Das Wichtigste in Kürze
- Das T2K ist eine Kollaboration von mehreren Hundert Atom-Physikern.
- Sie untersuchen derzeit in Japan den Unterschied zwischen Materie und Antimaterie.
- Dazu schiessen sie Neutrinos und Antineutrinos durch einen 300-Kilometer-langen Tunnel.
1956 konnten die Kernwaffen-Physiker Clyde Cowan und Frederick Reines erstmals das subatomare Teilchen mit dem Namen Neutrino nachweisen. Sie bezeichneten diese Entdeckung als «das kleinste Stückchen materieller Realität, das der Mensch je erdacht hat». Nun haben Forscher erneut eine Entdeckung rund um das Neutrino gemacht. Sie könnte den Ursprung aller Materie erklären – eines der grössten Mysterien des Universums.

Vor rund 13.8 Milliarden Jahren sollten mit dem Urknall sämtliche Materieteilchen mit einem Gegenstück zusammen entstanden sein – der Antimaterie. Antimaterie ist genau dasselbe wie Materie, besitzt aber genau die physikalisch umgekehrten Eigenschaften. Das schlagen zumindest aktuelle Theorien vor, wie «Nature» schreibt.
Warum gibt es mehr Materie als Antimaterie?
Doch warum existiert dann scheinbar so viel mehr Materie als Antimaterie? Wenn von beiden Stoffen gleich viel existiert hätte, hätten sich die jeweiligen Partikel gegenseitig aufgehoben. Einzig Photonen und dunkle Materie wären dabei übrig geblieben.

Eine Theorie wurde aufgestellt, dass diese Symmetrie zwischen den Teilchen nicht perfekt war. Einzelne Partikel wiesen also jeweils leicht unterschiedliche Eigenschaften auf. Unter dem Namen Tokai to Kamioka (T2K) wollte eine internationale Kooperation von Hunderten von Physikern diese Theorie überprüfen.
Beobachten von Neutrinos und Antineutrinos
Im T2K-Experiment werden im Japan Proton Accelerator Research Complex (J-PARC) in Tokai an der Ostküste Japans Neutrinos erzeugt. Von dort aus werden sie unterirdisch abgefeuert und sausen 295 Kilometer in Richtung eines Neutrinoobservatoriums namens Super-Kamiokande an der Westküste.

Wie sich zeigt, wechseln Neutrinos und Antineutrinos – deren Gegenstücke aus Antimaterie – während der Reise eine gewisse physikalische Eigenschaft. Diese wird von den Forschern als «Aroma» bezeichnet.
Eigentlich sollte das Universum leer sein
Wären Materie und Antimaterie grundsätzlich dasselbe, sollte die Wahrscheinlichkeit, dass ein Teilchen sein Aroma wechselt, bei beiden dieselbe sein. Interessant ist jedoch, dass Neutrinos ihr Aroma deutlich häufiger verändern als Antineutrinos.

Daraus lässt sich schliessen, dass Materie und Antimaterie unterschiedlich beschaffen sind. Problematisch ist bei dieser Entdeckung nur, dass die bisherige Datenlage noch nicht genügend gross ist. Das Konfidenzniveau, dass von Teilchenphysikern üblicherweise verlangt wird, konnte bisher noch nicht erreicht werden.
Trotz der Unsicherheit darf man diese vorläufigen Ergebnisse nicht unterschätzen. Sie deuten schliesslich darauf hin, dass bald eine Antwort auf eine der wichtigsten Fragen in diesem Universum gefunden werden könnte.