Forscher können jetzt Kandersteg-Felssturz simulieren

Ein neues 3D-Modell von Schweizer Forschenden kann Bergstürze präzise vorhersagen. Es wird nun an weiteren Orten getestet.

Bergsturz Simulation
Forscher Johan Gaume demonstriert seine Simulation des Bergsturzes von Blatten VS. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein neues Schweizer 3D-Modell sagt Bergstürze präzise voraus.
  • Das Modell sagte das Ausmass des Bergsturzes in Blatten richtig voraus.
  • Die Forschenden testen das Modell nun an weiteren Orten in der Schweiz.

Ein neues 3D-Modell von Schweizer Forschenden kann Bergstürze präzise vorhersagen. Das Ausmass des Bergsturzes von Blatten hätte das Modell korrekt ermittelt.

Nun simulieren die Wissenschaftler damit an einem Dutzend weiteren Orten in der Schweiz mögliche Felsstürze.

Spitze Stei Kandersteg
Die instabile Flanke des Spitzen Stei oberhalb Kandersteg, am Samstag, 9. August 2025. - keystone

Unter anderem am Spitzenstein in Kandersteg BE, wie Johan Gaume im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte.

Gaume forscht an der ETH Zürich und am Eidgenössischen Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF). Zusammen mit weiteren Forschenden hat er das neue 3D-Modell entwickelt.

3D-Modell bewährt sich erstmals beim Felssturz in Brienz

Ein erstes Mal unter Beweis stellte sich das 3D-Modell im Jahr 2023 in Brienz GR. Nachdem das Bergdorf evakuiert worden war, machte das Modell eine Vorhersage.

Es sagte korrekt voraus, dass die Felsmasse kurz vor den ersten Häusern zum Stillstand kommen würde. Die Einschätzung hatten die Forschenden vor dem Vorfall informell mit den kantonalen Behörden geteilt.

Simulation Felssturz Blatten
Diese Bilder zeigen die Simulationen zum Felssturz bei Blatten VS. - keystone

Als dann im vergangenen Frühling in Blatten VS ein Bergsturz drohte, führte das Forschungsteam auch dort Simulationen durch.

Ihr Ziel war es, das Vorhersagemodell in einem Szenario zu testen, das noch komplexer war als das von Brienz. Schlussendlich spielte in Blatten neben Felsen und Schutt auch Eis eine Rolle. Zudem ist das Gelände sehr komplex.

Bergsturz hätte fast Weiler Weissenried erreicht

Das Ergebnis überraschte den Wissenschaftler: Die Simulation zeigte, dass der Bergsturz beinahe den Weiler Weissenried erreichen würde. Dieser liegt auf dem gegenüberliegenden Hügel des bergsturzgefährdeten Kleinen Nesthorns, rund 200 Meter oberhalb von Blatten.

«Das wirkte etwas unrealistisch», so Gaume. Weil sich das Modell noch in der Versuchsphase befand, gingen die Forschenden vorsichtig vor.

Sie planten, das Ergebnis zunächst mit anderen Kollegen zu verifizieren, bevor sie es mit den Behörden teilten.

Doch der Bergsturz kam ihnen zuvor – und die Simulation bewahrheitete sich. «Jetzt wissen wir, dass wir ein leistungsfähiges Tool haben und sind bereit für das nächste Ereignis», sagte Gaume.

Modell ermöglicht realistische 3D-Simulation von Felsrutschen

Die grosse Stärke des neuen Modells liegt darin, dass es dreidimensionale statt nur zweidimensionale Simulationen erstellt.

Damit unterscheidet es sich deutlich von den bisher eingesetzten Modellen. Felsrutsche sind sehr komplexe 3D-Prozesse, die sich mit einfachen Ansätzen nur unzureichend beschreiben lassen.

«Mit unserem Modell ergibt sich diese Komplexität ganz natürlich aus der Physik der Simulation», erklärt der Forscher.

Zweidimensionale Modelle können zum Beispiel nicht erfassen, wann sich die rutschende Masse vom Gelände löst. Auch ihre Reaktion auf steile oder abrupt wechselnde Topografien wie Klippen oder Dämme lässt sich damit nicht realistisch abbilden.

Simulation von Felsstürzen am Spitzen Stein

Zurzeit arbeiten die Forscher unter anderem an Simulationen beim Spitzen Stein in Kandersteg. Dort ist seit 2019 eine grosse Felsmasse in Bewegung, und Behörden befürchten einen Felssturz. Mit ihrem Modell simulieren die Forschenden nun mögliche Worst-Case-Szenarien.

Anders als andere Modelle kann das 3D-Modell laut Gaume die Wechselwirkung zwischen einem Felssturz und dem nahegelegenen Oeschinensee simulieren. Stürzen grosse Mengen Gestein in den See, können gefährliche Flutwellen entstehen.

Hast du Angst vor einem Bergsturz in Brienz GR?

Diese Wellen bedrohen wiederum Wanderwege oder andere Infrastrukturen in der Umgebung. Mit dem 3D-Modell lässt sich ein solches Szenario realistisch vorhersagen und untersuchen.

Ausserdem werden die Forschenden bald mit dem Kanton Wallis zusammenarbeiten, um für andere potenziell gefährdete Orte Simulationen durchzuführen.

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Kommentare

User #2614 (nicht angemeldet)

Wieder Milliarden verbraten für Nichts. Hobby Forscher die ihrem Hobby nachgehen.. Von uns bezahlt.

User #6318 (nicht angemeldet)

Und wie viele Millionen hat das den Steuerzahler gekostet? Frage für einen Freund.

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