Tierversuche in der Entwicklung von Medikamenten oder Kosmetika stehen immer stärker in der Kritik. Aber gibt es wirklich eine Alternative dazu?
Bioprinting
Der Bioprinter im Labor der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). (Symbolbild). - ZHAW
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Wissenschaft könnte einst ohne Tiere auskommen.
  • Ein Forscher glaubt, dass das bereits in 20 Jahren möglich wäre.

Hinter verschlossenen Labortüren müssen jährlich Tausende von Tieren für die Forschung hinhalten. Fische, Mäuse, Kaninchen, Affen und weitere Tierarten helfen dem Menschen unfreiwillig dabei, weiterzukommen.

Das Schweizer Tierschutzgesetz ist streng und genehmigt Tests an Tieren nur dann, wenn es nicht anders geht. Doch das ist vielen offenbar nicht genug.

Pendent sind eine Tierversuchsverbots-Initiative sowie ein parlamentarischer Vorstoss für ein Verbot von schwerbelastenden Tierversuchen. Das übt Druck auf die Versuchslabore aus. Ein Plan B ist gefragt.

Forschende arbeiten an Alternativen

Aber gibt es den überhaupt? An einer möglichen Alternative arbeitet Markus Rimann. Der Biotechnologe ist im Stiftungsrat von «Animalfree Research» tätig, wo er versuchstierfreie Forschung fördert.

Zudem leitet er die Forschungsgruppe für 3-D-Gewebe und Biofabrikation an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Wädenswil. Sein Fachgebiet ist das sogenannte Bioprinting, ein Verfahren, das menschliches Gewebe in einem 3-D-Drucker herstellt.

Markus Rimann
Markus Rimann ist Biotechnologe - ZHAW

Diese Methode habe gewisse Vorteile. Bei herkömmlichen Verfahren mischt man die Zellkulturen in einer Petrischale. «Dabei hat man wenig Kontrolle darüber, wo sich die Zellen im dreidimensionalen Raum befinden», sagt Rimann.

«Wenn man das ganze druckt, kann man die Anordnung der Zellen viel besser kontrollieren.» So bildete er und sein Team ein zweischichtiges Hautmodell aus menschlichen Zellen mit dem Drucker nach.

Solche Modelle – ob herkömmlich hergestellt oder aus dem Bioprinter – nutzen Kosmetikfirmen schon länger. In medizinischen Versuchen sind die Hautmodelle allerdings noch nicht zugelassen.

Forschung kommt noch nicht ohne Tierversuche aus

Doch selbst eine Laborhaut aus menschlichen Zellen kann im Gegensatz zur natürlichen Haut, noch nicht für alle Tests herhalten. «Wenn es zum Beispiel um allergische Reaktionen geht, wo auch das Immunsystem involviert ist, wird es schwierig», sagt Rimann. «In vitro», also ausserhalb eines Organismus, könne man das menschliche Abwehrsystem noch nicht so gut nachbilden.

Dieses Forschungsgebiet sei derzeit ein riesen Thema. Etwa sogenannte Organchips, auf denen mehrere menschliche Organe im Miniaturformat Platz haben und als System miteinander verbunden werden können. Gerade in diesem Bereich sieht Rimann für die tierversuchsfreie Forschung eine Zukunft. «Ich denke, es wird eine Kombination sein aus stammzellbasierten, künstlich nachgebauten Organen und computerbasierten Analysen.»

Obwohl sich in der Wissenschaft viel auf diesem Gebiet tut. Das Abschaffen von Tierversuchen ist laut Rimann von jetzt auf gleich noch nicht möglich. Der Biologe denkt aber, dass es eines Tages doch ohne Tierversuche gehen wird. «Das wird aber sicher länger dauern, als man sich das vorstellt», sagt er, «mindestens zwanzig Jahre.»

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«Nau forscht»

Im Rahmen dieser Serie erscheint jeden Sonntag ein exklusiver Beitrag des Wissenschaftsmagazins «higgs».

Dieser Beitrag wurde verfasst von Eva Kunz.

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