Der Sieg von Giorgia Meloni und der rechtsradikaler Partei Fratelli d'Italia hat bei rechten Verbündeten in Europa Jubel, bei vielen anderen Sorgen ausgelöst.
Giorgia Meloni, Vorsitzende der rechtsradikalen Partei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens), macht das Siegeszeichen in der Wahlkampfzentrale ihrer Partei. Foto: Gregorio Borgia/AP/dpa
Giorgia Meloni, Vorsitzende der rechtsradikalen Partei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens), macht das Siegeszeichen in der Wahlkampfzentrale ihrer Partei. Foto: Gregorio Borgia/AP/dpa - sda - Keystone/AP/Gregorio Borgia
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • In Italien kommt Nationalistin und EU-Skeptikerin Giorgia Meloni an die Macht.
  • Bei den Rechten in ganz Europa löst das Jubel und Genugtuung aus.
  • Insbesondere bei der EU macht man sich Sorgen ab dem neuen Kurs des Landes.

Die Nationalistin und EU-Skeptikerin wurde bei der Wahl klar stärkste Kraft. Nach Hochrechnungen vom Montagmorgen kommen die «Brüder Italiens» auf mehr als 26 Prozent der Stimmen.

Die gesamte Rechtsallianz hat wegen der Besonderheiten des italienischen Wahlrechts künftig eine klare, absolute Mehrheit im Parlament.

Erste Ministerpräsidentin Italiens

«Heute haben wir Geschichte geschrieben», twitterte die Siegerin in der Nacht. Sie wird wohl die erste Ministerpräsidentin in der Geschichte Italien werden, wenn sich die Fratelli mit ihren in der Wählergunst klar geschrumpften Partnern Lega (knapp 9 Prozent) und Forza Italia (gut 8 Prozent) wie erwartet auf eine Regierungskoalition einigen.

Rechtsruck
Strahlende Siegerin: Giorgia Meloni, Vorsitzende von Fratelli d'Italia, hält ein Schild mit der Aufschrift «Grazie Italia» («Danke Italien»). Das Bündnis um die rechtsradikale Partei kommt Hochrechnungen zufolge bei der Wahl auf eine klare Mehrheit im Parlament. Oliver Weiken/dpa - dpa

Eine Mitte-Links-Allianz mit der Fünf-Sterne-Bewegung (rund 15 Prozent), einer Zentrumsgruppe (knapp 8 Prozent) und angeführt von den Sozialdemokraten (rund 26 Prozent) schaffte es nicht, die Rechten zu stoppen. «Meloni nimmt sich Italien», titelte die liberale Tageszeitung «La Repubblica» am Montag nach einer langen Wahlnacht.

Rechte in ganz Europa feiern Meloni-Sieg

Die Rechten in Europa jubelten: Frankreichs Rechtsnationalistin Marine Le Pen twitterte ihre Glückwünsche und schrieb, dass Meloni «den Drohungen einer antidemokratischen und arroganten Europäischen Union» standgehalten habe. Auch AfD-Politiker aus Deurschland sowie der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki gratulierten.

Meloni sprach am frühen Morgen von einer «Nacht des Stolzes» und einer «Nacht der Erlösung». Die Nationalistin, deren Fratelli eine Nachfolgepartei der von Faschisten und Mussolini-Getreuen gegründeten Bewegung MSI ist und die in ihrem Wappen noch heute eine an den Diktator erinnernde Flamme haben, sagte: «Wir müssen wieder stolz sein, Italiener zu sein.» Der Wahlsieg nach einem steilen Aufstieg in den vergangenen Jahren sei «nicht das Ziel, sondern der Anfang».

Nur 63 Prozent gingen abstimmen

Die 45-Jährige profitierte von einer grossen Politikverdrossenheit der Italiener. Eine extrem niedrige Wahlbeteiligung von nur 63,9 Prozent - das sind 9 Prozentpunkte weniger als bei der Parlamentswahl 2018 - bedeutet einen Negativrekord. In manchen Regionen vor allem im Süden des Landes ging fast jeder zweite Erwachsene nicht zur Wahl.

«Ocean Viking» läuft mit 176 Migranten in Tarent ein
16.10.2019, Italien, Tarent: Ein Migrant geht von Bord des Rettungsschiffes «Ocean Viking», das kurz zuvor in den italienischen Hafen Tarent (Taranto) eingelaufen ist. Das zivile Rettungsschiff hatte 176 Migranten auf dem Mittelmeer vor Libyen gerettet. In Europa gibt es trotz Bemühungen weiter keinen Verteilmechanismus für Bootsflüchtlinge. Zivile Schiffe mit Migranten an Bord mussten daher stets länger auf dem Meer ausharren, bis sie einen Hafen anlaufen durften. Die «Ocean Viking» wird neben SOS Méditerranée auch von Ärzte ohne Grenzen betrieben. - dpa

Meloni will, wenn sie in wenigen Wochen von Staatspräsident Sergio Mattarella den Regierungsauftrag bekommt und eine Exekutive zusammenbringt, konsequent gegen Mittelmeermigranten vorgehen, die Kriminalität härter bekämpfen und in Brüssel die Konditionen des Corona-Wiederaufbaufonds nachverhandeln. Das hatte sie im Wahlkampf angekündigt. Ausserdem versprachen die Rechten Steuersenkungen. Meloni ist gegen progressive Forderungen wie etwa das Recht auf Adoption durch gleichgeschlechtliche Partner. Genderthemen lehnt sie ab.

Das Ausland will nun streng auf die Entwicklung in Italien schauen. Die Sorge ist teilweise gross. «In Europa haben wir eine Reihe von Werten und natürliche werden wir aufmerksam sein, dass diese Werte hinsichtlich der Menschenrechte und des Rechts auf Abtreibung von allen respektiert werden», sagte etwa Frankreichs Premierministerin Élisabeth Borne am Montag dem Sender BFMTV.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

MenschenrechteMarine le PenParlamentWahlkampfSterneCoronavirusLegaAfDEU