Dank dem Notstandsgesetz ist der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban an mehr Macht gelangt. Nicht für alle Ungarn ist das Grund zur Sorge.
Viktor Orban
Regierungschef von Ungarn, Viktor Orban, kann auf unbestimmte Zeit nach Regeln des Notstands regieren. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Das ungarische Parlament verabschiedete kürzlich das Notstandsgesetz.
  • Dank diesem gelangt Ministerpräsident Viktor Orban an mehr Macht.
  • Ungarische Vereine in der Schweiz fürchten sich trotzdem nicht vor einer Diktatur.
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Aussergewöhnliche Zeiten fordern aussergewöhnliche Massnahmen: In vielen Ländern herrscht derzeit zur Bekämpfung des Coronavirus absolute Ausnahmesituation.

So auch in Ungarn, wo das Parlament kürzlich das Notstandsgesetz verabschiedete. Dieses ist natürlich für die Corona-Zeit gedacht, damit Ministerpräsident Viktor Orban reibungslos regieren kann. Doch Insider sind sich sicher: Was Orban vorhat, ist eine Art Staatsstreich: Er will ganz ohne Parlament regieren.

Ungarische Vereine in der Schweiz stellen sich hinter Viktor Orban

Mit dem Notstandsgesetz, welches vorerst nur vorübergehend gilt, darf Orban neue Gesetze machen, ohne das Parlament zu fragen. Viele ungarische Staatsbürger fürchten nun, dass ihr Regierungschef diese Macht missbrauchen wird.

«Das wird sicher nicht passieren», meint zumindest Andrea Szucs. Sie ist Präsidentin vom Berner Ungarn Verein und lebt schon lange in der Schweiz. Orban mache sicherlich nicht alles perfekt, aber Ungarn profitiere von seinen Massnahmen viel mehr, als es die Opposition behauptet.

Viktor Orban
Viktor Orbán während einer Rede im Parlament in Budapest. (Archivbild) Foto: Tamas Kovacs/MTI/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

«Auch andere europäische Regierungschefs haben im Moment eine Art Sondermacht», sagt Szucs. Einziger Haken in Ungarn: Viktor Orban kann den Corona-Notstand ohne Zustimmung der Abgeordneten verlängern. Wird das Land bald schon zur Diktatur?

«Nein, davor habe ich überhaupt keine Angst», stimmt ihr György Csihák vom Ungarisch Historischen Verein Zürich zu. «Ungarn ist ein demokratisches Land, wie das andere europäischen Länder auch sind.»

Sowohl Szucs als auch Csihák verteidigen damit ihren Regierungschef. Sie sind der Meinung, dass Orban schon lange zu Unrecht als Diktator abgestempelt werde.

Fidesz-Partei hat das Sagen

Doch nicht alle verstehen diese Rückendeckung. Der Berner SP-Stadtrat Szabolcs Mihalyi meint: «Viele Ungarn vergleichen Orbans Regierung schon seit Jahren mit der kommunistischen Diktatur im Kalten Krieg.» Das Notstandsgesetz sei sowieso nur wegen Orbans Fidesz-Partei zustande gekommen, die im Parlament eine 2/3-Mehrheit hat.

Szabolcs MIHALYI
Szabolcs Mihalyi ist Stadtrat der SP Bern. - zVg

«Die Gewaltenteilung funktioniert nicht mehr», meint Mihalyi. Denn: Die Fidesz habe seit 2010 auch systematisch Richter- und Beamtenposten in allen Bereichen mit ihren Leuten besetzt. «Seit 2010 ist das Wahlgesetz dadurch immer wieder zu Gunsten von Orban geändert worden», ergänzt Mihalyi.

Viele Menschen in Ungarn seien deshalb beunruhigt und fürchten sich vor dem neuen Gesetz. «Eine befreundete lungenkranke Rentnerin sagte mir, dass sie vor der momentanen politischen Situation mehr Angst habe als vor dem Coronavirus».

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