Urteilsverkündung nach Mordversuch im Londoner Tate-Museum begonnen

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Grossbritannien,

Der Fall eines Jugendlichen, der einen Sechsjährigen von einer Aussichtsplattform des Londoner Museums Tate Modern stiess, sorgte vor knapp einem Jahr für Erschütterung - am Donnerstag ist ein Gericht zur Urteilsfindung zusammengetreten.

Tatort in London
Tatort in London - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Psychisch kranker Jugendlicher stiess Sechsjährigen von Aussichtsplattform.

Nach Darlegungen der Staatsanwaltschaft zu den schweren Folgen der Tat für das sechsjährige Opfer kündigte die Richterin an, das Strafmass erst am Freitag zu verkünden. Dem autistischen Täter droht jahrzehntelange Haft.

Die Sitzung zur Verkündung des Urteils gegen den mittlerweile 18-jährigen Jonty Bravery begann am Donnerstagvormittag im Londoner Gericht Old Bailey. Staatsanwältin Deanna Heer erklärte, das sechsjährige Opfer habe wegen der Attacke eine schwere Hirnverletzung erlitten und sitze immer noch im Rollstuhl. Noch mindestens bis August 2022 werde der Junge Rund-um-die-Uhr-Betreuung benötigen. «Ob er vollständig genesen wird, ist ungewiss», sagte Heer.

Bravery hatte im Dezember gestanden, im August vergangenen Jahres den französischen Jungen von der Aussichtsplattform im zehnten Stock des Tate Modern gestossen zu haben. Der Sechsjährige überlebte schwer verletzt, weil ein Vordach auf Höhe des fünften Stockwerks seinen Sturz abbremste. Er erlitt Brüche an Wirbelsäule, Beinen und Armen.

Nach Angaben auf einer Internetseite, mit der Spenden für den Jungen gesammelt werden, hat er weiterhin Schwierigkeiten zu sprechen, zu essen und zu laufen. Die Staatsanwältin betonte, der Junge sei nur um Haaresbreite dem Tode entkommen.

Bravery nahm in einer Hochsicherheitspsychiatrie in Südengland via Videoschalte an dem Gerichtstermin teil. Dabei war er unter anderem zu sehen, wie er auf dem Boden kniete und sich sein Hemd über den Kopf zog. Mitunter wirkte der Jugendliche, als sei er eingeschlafen.

Bravery, der zur Tatzeit 17 Jahre alt war, leidet unter einer Form von Autismus und einer Persönlichkeitsstörung. Die Staatsanwältin betonte, seine «Gefühlskälte und das frappierende Fehlen von emotionalem Mitgefühl» sei nicht typisch für Autismus, sondern vielmehr für einen Psychopathen. Bravery habe die Folgen seiner Tat vollauf verstanden und habe genügend Selbstkontrolle besessen, um davon abzusehen.

Braverys Anwalt hatte in dem Prozess dargelegt, dass sein Mandant unter einer Störung im Autismus-Spektrum sowie unter einer Zwangsneurose leide. Der Jugendliche habe in seinem Inneren Stimmen gehört, die ihm befohlen hätten, Menschen zu verletzen oder zu töten. Damals lebte Bravery in einer Einrichtung für betreutes Wohnen mit Eins-zu-Eins-Betreuung, die er allerdings für kurze Ausflüge allein verlassen durfte.

Britischen Medien zufolge hatte Bravery schon Monate vor seiner Tat Mordpläne geschmiedet. Demnach sagte er zu Pflegekräften, die ihn betreuten, er wolle jemanden von grosser Höhe in die Tiefe stossen, damit dieser mit Sicherheit sterbe. Der betreffende private Pflegedienst versicherte, «keine Kenntnis» von dem Gespräch zu haben.

Staatsanwältin Heer legte dar, Bravery habe nach der Tat gelächelt und gelacht und dann gesagt: «Ja, ich bin verrückt... Ich kann nichts dafür. Die sozialen Dienste sind schuld.» Taten wie die von Bravery würden mit mindestens 20 Jahren Haft bestraft, sagte die Anklägerin.

Eine Psychiaterin empfahl dem Gericht allerdings, Bravery in eine psychiatrische Anstalt einzuweisen, möglicherweise lebenslang. Richterin Mauro McGowan sagte, sie werde erst am Freitag das Strafmass verkünden. Ursprünglich hatte das Urteil bereits im Februar fallen sollen.

Die Eltern des sechsjährigen Opfers nannten die Tat in einer Stellungnahme für das Gericht «unaussprechlich». Sie hätten solche Ängste ausgestanden, ihren Sohn zu verlieren, «dass es jetzt unmöglich für uns ist, mehr als ein paar Stunden von ihm fort zu sein». Ihrem Sohn falle es wegen der Tat schwer, Vertrauen zu anderen zu fassen.

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