UNHCR und das UN-Menschenrechtsbüro forderten Grossbritannien auf, das neue Gesetz zur erleichterten Abschiebung von Asylsuchenden nach Ruanda zu überdenken.
Rishi Sunak
«Ohne Wenn und Aber. Diese Flüge werden nach Ruanda abheben»: Der britische Premier Rishi Sunak über den Asylpakt mit Ruanda. (Archivbild) - Toby Melville/PA Wire/dpa

Die Spitzen des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR und des UN-Menschenrechtsbüros haben Grossbritannien aufgerufen, das neue Gesetz für erleichterte Abschiebungen von Asylsuchenden nach Ruanda zu überdenken. Das am Montag verabschiedete Gesetz beschränke erheblich die Möglichkeit, sich gegen eine Abschiebung zu wehren – selbst wenn Migranten dabei Risiken ausgesetzt würden. Dies teilten UNHCR-Chef Filippo Grandi und der Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, am Dienstag in Genf mit.

Die persönlichen Umstände der Betroffenen könnten – anders als nach humanitärem Völkerrecht vorgeschrieben – womöglich vor einer Abschiebung nicht ausreichend geprüft werden. Grossbritannien schaffe damit einen gefährlichen Präzedenzfall. Besonders besorgniserregend sei es, dass das Gesetz es der Regierung erlaube, Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu ignorieren.

Europarat: Grossbritannien soll Asylpakt mit Ruanda zurücknehmen

Das britische Oberhaus als zweite Kammer hatte den Entwurf in der Nacht zum Dienstag nach langem Widerstand gebilligt. Damit erklärt Grossbritannien das ostafrikanische Land zum sicheren Drittstaat und ermöglicht so die Abschiebung von Asylsuchenden. Das Gesetz soll Menschen von der gefährlichen Fahrt in Schlauchbooten über den Ärmelkanal abschrecken und das Geschäftsmodell von Schleusern zerstören.

Auch der Europarat hat Grossbritannien wegen seines umstrittenen Asylpakts mit Ruanda scharf kritisiert. «Die Regierung des Vereinigten Königreichs sollte von der Abschiebung von Menschen im Rahmen der Ruanda-Politik absehen und die tatsächliche Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit durch das Gesetz rückgängig machen», sagte der Menschenrechtskommissar des Europarats, Michael O'Flaherty, am Dienstag in Strassburg. Das Gesetz werfe Fragen zu den Menschenrechten von Asylbewerbern und zur Rechtsstaatlichkeit im Allgemeinen auf.

Keine Gelegenheit mehr zum Antrag auf Asyl

Der Entwurf, dem das britische Oberhaus in der Nacht zum Dienstag nach langem Widerstand zustimmte, erklärt Ruanda per Gesetz zum sicheren Drittstaat. Damit will die Regierung Einsprüche vor britischen Gerichten gegen Abschiebungen verhindern. Der Asylpakt mit Ruanda sieht vor, dass irregulär eingereiste Migranten in Grossbritannien keine Gelegenheit mehr zum Antrag auf Asyl erhalten sollen.

Sie sollen stattdessen nach Ruanda gebracht werden und dort Asyl beantragen. Eine Rückkehr nach Grossbritannien ist nicht vorgesehen. Mit der Regelung sollen Menschen von der gefährlichen Überfahrt in kleinen Booten über den Ärmelkanal abgehalten werden. Gegner bezweifeln aber, dass das Gesetz Migranten abschrecken wird.

Übereinstimmung mit internationalen Standards

«Die Verwaltung von Asyl und Migration ist zweifellos ein komplexes Unterfangen für Staaten. Aber sie muss stets in voller Übereinstimmung mit internationalen Standards erfolgen.» Dies sagte O'Flaherty.

Der Europarat ist von der EU unabhängig und wurde 1949 zum Schutz von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaat in Europa gegründet. Der zum Europarat gehörende Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGRMR) hatte 2022 Grossbritannien daran gehindert, Asylsuchende verschiedener Nationalitäten per Flieger nach Ruanda zu schicken. Wo sie stattdessen einen Asylantrag stellen sollten.

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